"Euro fällt bis auf 0,95 Dollar"

Deutsche Bank prognostiziert für 2017 Euro- und Renminbi-Schwäche - Dax und S & P 500 sollen zulegen

"Euro fällt bis auf 0,95 Dollar"

Die Deutsche Bank erwartet im kommenden Jahr eine weitere Abschwächung des Euro zum Dollar. Aktienkurse und Anleihenrenditen dürften nach Meinung des Instituts leicht nach oben zeigen.dm Frankfurt – Die Liste möglicher Risiken, die nächstes Jahr die Märkte belasten könnten, ist in den Augen der Volkswirte und Anlagestrategen der Deutschen Bank ziemlich lang – auch wenn Ulrich Stephan, Chief Investment Officer im deutschen Privat- und Firmenkundengeschäft, als aktiver Investor Zuversicht markiert und den Dax rund 6 % und den US-Index S & P 500 rund 7 % höher erwartet (vgl. Tabelle).Doch die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten berge derart viele Unbekannte, dass Stephan dies als “Disclaimer”, wie er am Mittwoch vor Journalisten in Frankfurt sagte, vor jede Prognose stellt.Auch zählen mögliche Stimmengewinne von populistischen Strömungen sowie um sich greifende protektionistische Maßnahmen von Regierungen zu den größten Sorgen. Sie könnten die Finanzmärkte im Jahr neun nach der großen Finanzkrise durchschütteln. Am untersten RandDie größere Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA sowie das durch Fiskalstimuli beflügelte US-Wachstum dürften zu einer Fortsetzung der Dollar-Rally führen. So sei gegenüber dem Euro nicht nur die “Parität” anzunehmen, die Gemeinschaftswährung dürfte gegenüber dem Greenback sogar bis auf 0,95 Dollar fallen, was aber “den Tiefpunkt” darstelle. Damit liegt Stephan am untersten Rand des Analystenkonsens von Bloomberg. Die Deutsche prognostiziert schon seit längerem die Parität. Laut Stephan sei aber keine vergleichbar starke Abwertung des Euro gegenüber anderen Währungen zu erwarten.Einen noch drastischeren Wertverfall nimmt Deutsche-Bank-Volkswirt Rakau bei der chinesischen Währung an. Bis 2018 dürfte der Renminbi gegenüber dem Dollar um 20 % abwerten. Im chinesischen Immobilienmarkt sei eine “Blase aktiv”, so Rakau. “Es dürfte der Regierung zwar gelingen, mit Eingriffen die Luft aus dieser Blase entweichen zu lassen, doch ist die Frage, ob ein Platzen verhindert werden kann.” Er erwarte weitere Kapitalabflüsse und eine damit verbundene kräftige Währungsabwertung. Für 2017 rechnet der Ökonom mit einem Wachstum des chinesischen Bruttoinlandprodukts von 6,5 % nach geschätzt 6,6 % in diesem Jahr. Weltweit dürfte sich das Wachstum dank der Beschleunigung in den USA und einer Erholung in Lateinamerika von 3 % auf 3,5 % steigern. Die US-Wirtschaft soll laut Rakau durch einen “erheblichen fiskalischen Schub” sowie Steuersenkungen im kommenden Jahr um 2,3 % zulegen, für 2018 werden “sehr ambitioniert” gar 3,5 % veranschlagt. Generell sieht die Bank aber eine “strukturelle Verlangsamung” des Welthandels. Die Vorteile internationaler Wertschöpfungsketten seien ausgereizt, das Wachstum in den Schwellenländern sinke demografisch bedingt, und Handelsbeschränkungen durch die Politik würden belasten. Die US-Notenbank Fed dürfte laut Volkswirt Oliver Rakau die Zinsen “zunächst zweimal” erhöhen, sagte er gestern in Frankfurt, außer eine stärkere wirtschaftliche Entwicklung würde weitere Schritte erforderlich machen. Ulrich Stephan hielt es für wahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank auch ihre Politik der quantitativen Lockerung (QE) um mindestens sechs bis neun Monate verlängert. Der Investment-Manager, der selber für über 3 Mrd. Euro Anlagegelder verantwortlich zeichnet, glaubt aber, die Renditen am Staatsanleihenmarkt hätten ihren historischen Tiefpunkt schon gesehen – “sollte es zu keinem Unfall kommen”, wie er auf Nachfrage der Börsen-Zeitung jedoch relativierte. Einen weiteren steilen Renditeanstieg erwartet er nicht. Die zehnjährige Bundesanleihe dürfte Ende 2017 rund 0,35 % rentieren. Zu hohe GewinnerwartungenTrotz einer insgesamt robusten Konjunktur und dem Hoffnungswert Fiskalstimulus ist die Deutsche Bank für die deutsche Exportindustrie nur verhalten zuversichtlich. 2017 werde ein schwächeres Wachstum in Europa von 1,1 % keine Impulse bringen. Stephan hält die Konsensschätzung von gut 11 % Gewinnwachstum je Aktie in Deutschland für zu hoch, er gehe eher “von einem Plus im einstelligen Prozentbereich” aus.Nach dem kürzlichen “Zinsschock” dürften auch weniger zyklische und defensive Sektoren sowie dividendenstarke Unternehmen wieder besser abschneiden. Eine breite Diversifikation sei angezeigt. “Ich sehe mehr Chancen bei Unternehmen mit Gewinnsteigerungspotenzial als steigende Kurse durch eine Bewertungsexpansion”, so Stephan. Er favorisiere Gesundheits- und Pharmaaktien, Versorger und Technologiewerte, zudem Aktien von Medienhäusern, die steigende Digitaleinnahmen aufweisen. Die günstige Bewertung von Autotiteln führt Stephan auf die Unsicherheit zurück, welche Unternehmen von neuen Technologien profitieren könnten und welche nicht. Zu Zurückhaltung rät Stephan bei Energie- und Rohstoffwerten. Sie hätten wohl zu viel vorweggenommen. Den Ölpreis prognostiziert er zwischen 50 und 55 Dollar.