Europäischer Aktienmarkt

Europas Aktien sind in guter Position

Europas Aktienmärkte könnten sich nach Ansicht der norwegischen DNB Asset Management besser entwickeln als ihre US-Pendants. Im Blick haben die Experten insbesondere die Old Economy.

Europas Aktien sind in guter Position

kjo Frankfurt

An den Aktienmärkten ist zu Beginn dieses Jahres die Nervosität gestiegen. „Wir sehen die Auswirkungen der Coronamaßnahmen an den Märkten“, sagt Knut Hellandsvik, Leiter Aktien bei DNB Asset Management. „Wir hatten bereits sehr niedrige Zinssätze, aber aufgrund der umfassenden Coronabeschränkungen bestand die Lösung in noch niedrigeren Zinssätzen und einer Vielzahl geld- und fiskalpolitischer Anreize“, so Hellandsvik weiter. Unternehmen, die von der Pandemie profitierten, wie zum Beispiel Netflix, Zoom und Peloton, hätten 2020 einen Kursanstieg verzeichnet. 2021 sei dann aber wieder eine Kehrtwende erfolgt. Es habe zwar einige Ausnahmen gegeben, aber die FAAMG-Aktien hätten in beiden Jahren überwiegend gut abgeschnitten.

Hellandsvik weist darauf hin, dass es viele Anzeichen dafür gibt, dass man in dieser Zeit eine extreme Risikobereitschaft erlebt habe. „Es gab eine Rekordzahl neuer Investoren, Rekordeinlagen in Fonds, und es gab keinen Mangel an Investoren an den Kryptomärkten“, führt er aus. Nicht nur auf den Finanzmärkten habe die überschüssige Liquidität für Bewegung gesorgt. Die hohe Kaufkraft der Verbraucher habe zu einem raschen Anstieg des Konsums geführt, so dass es zeitweise zu einer Verknappung von Holz bis hin zu Computerchips gekommen sei. Gleichzeitig sei es aufgrund der Pandemie zu Produktions- und Lieferproblemen gekommen. Dies habe zu einem Anstieg der Preise geführt.

Die Öl- und Gaspreise seien derzeit hoch, ebenso die Emissionsquoten, und die Unternehmen würden einen Mangel an Arbeitskräften vermelden. Die Zentralbanken seien nun aggressiver, als viele im Voraus gedacht hätten, die Konjunkturmaßnahmen würden zurückgefahren und die Zinssätze seien in Bewegung geraten. „Erhöhte Zinssätze sind keine gute Nachricht für Unternehmen, deren Cashflow weit in die Zukunft reicht“, sagt Hellandsvik. Ein Beispiel aus seiner Sicht sind die sogenannten Meme-Aktien, für viele Akteure das Symbol des Spekulationsbooms schlechthin, die um 70 bis 80% gefallen sind.

Dämpfer für Qualität

Zu den Gewinnern hätten im vergangenen Jahr große Qualitätsunternehmen gehört, darunter die amerikanischen FAAMG. In der nordischen Region habe das dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk mit einem Plus von 72% zu den Gewinnern des Jahres gezählt. Viele dieser Qualitätsunternehmen hätten in diesem Jahr einen Dämpfer bekommen: Es könnte die Rache der Old Economy sein, so seine Einschätzung. In den Bereichen Energie, Bergbau und Rohstoffe sei zu wenig investiert worden. Aufgrund der hohen Nachfrage und der hohen Rohstoffpreise seien diese Unternehmen inzwischen sehr rentabel.

Nach seiner Prognose könnte der europäische Aktienmarkt den amerikanischen Markt übertreffen. Der Grund: Das vergangene Jahrzehnt sei geprägt gewesen von sinkenden Zinssätzen und starken Renditen bei Wachstumswerten. „In den Markt, in den wir jetzt eintreten, mit seinen höheren Zinsen und hohen Rohstoffpreisen passt Europa mit einem relativ hohen Anteil dieser Old-Eco­nomy-Unternehmen besser hinein. Außerdem hat Europa einen höheren Anteil an Finanzaktien, die im Allgemeinen von höheren Zinsen profitieren“, so seine Ansicht.

Die Märkte seien sehr nervös, was sich in den täglichen Schwankungen widerspiegele. Die gute Nachricht derzeit sei, dass die Quartalsberichte recht positiv zu sein schienen, die Verbraucher viel Geld zur Verfügung hätten und dass die Arbeitslosigkeit niedrig sei und die Kreditmärkte gut dastehen würden. Negativ beurteilt Hellandsvik die hohe Inflation und die daraus resultierende Straffung durch die Zentralbanken. „Ein großer Teil der gegenwärtigen Inflation ist wahrscheinlich vorübergehend. Wichtig ist aber, das ansteigende Lohnniveau zu beobachten. Vor allem in den USA sind viele während der Pandemie in den Vorruhestand gegangen. Zusätzlich gibt es viele junge Menschen, die noch nicht auf den Arbeitsmarkt zurückgekehrt sind“, so Hellandsvik weiter. Auch geopolitische Risiken seien nun wieder aufgetaucht, wobei die Situation zwischen Russland und der Ukraine am prekärsten sei.