Europas Aktienmärkte ziehen an

Starke Konjunkturdaten und Signale für anhaltend lockere Geldpolitik - Finanzwerte gefragt

Europas Aktienmärkte ziehen an

Weil die Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten, haben Europas Aktienmärkte deutlich zugelegt. Denn zugleich schürten positive Daten die Hoffnungen auf eine Erholung der Weltwirtschaft.Von Thorsten Kramer, FrankfurtDie wöchentlichen Daten vom US-Arbeitsmarkt haben am Donnerstag bestätigt, was bereits die am Vortag veröffentlichte Umfrage der privaten Arbeitsagentur ADP signalisiert hatte: Die Erholung nimmt nun offensichtlich Fahrt auf. 326 000 Männer und Frauen stellten in den zurückliegenden Tagen einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe, so die Statistik; dies sind auf Sicht einer Woche so wenige wie zuletzt vor fünfeinhalb Jahren – eine Bestätigung also für Marktteilnehmer, die am Freitag von einem ebenfalls positiven Monatsbericht vom US-Arbeitsmarkt ausgehen. Dies unterstützt die Hoffnungen auf eine Belebung der globalen Konjunktur im Verlauf der zweiten Jahreshälfte, zumal der Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Eurozone nun erstmals seit zwei Jahren Expansion signalisierte und der Einkaufsmanagerindex für Chinas Industrie ebenfalls besser als erwartet ausfiel. Ein neues MusterSeitdem Fed-Chef Ben Bernanke vor einigen Wochen erstmals eine mögliche Drosselung der Anleihenkäufe durch die Notenbank in Aussicht gestellt hatte, wenn sich die Lage am US-Arbeitsmarkt nachhaltig verbessert, hatten positive Konjunkturdaten Europas Aktienmärkte in aller Regel eher belastet. Am Donnerstag setzte indes von Beginn an eine sehr positive Entwicklung ein, die sich im Handelsverlauf ausweitete. Denn die Federal Reserve hatte am Vorabend nach dem Abschluss ihres zweitägigen geldpolitischen Treffens darauf verzichtet, die Besorgnis vieler Marktteilnehmer zu schüren. Hinzu kam, dass die EZB noch einmal bestätigte, “dass die Zinssätze für eine längere Zeit auf dem gegenwärtigen Niveau oder darunter liegen werden”.Der Dax startete am Morgen mit einem Eröffnungsstand von 8 320 Punkten in den Handel und somit bereits deutlich fester als noch am Vortag. Das Tageshoch setzte er nachmittags bei 8 411 Punkten, zum Schluss notierte er dann nur minimal darunter. Seit Wochenbeginn rückte der Index bereits um mehr als 3 % vor. Sollte der US-Arbeitsmarktbericht nun nicht enttäuschen, besitzt der deutsche Leitindex somit eine sehr gute Chance, die Woche mit einem der größten Zuwächse im laufenden Jahr abzuschließen. Ebenfalls sehr fest zeigte sich von Beginn an der Euro Stoxx 50, der letztlich 1,3 % auf 2 803 Punkte gewann. In einem Marktkommentar warnt die Landesbank Baden-Württemberg allerdings vor einer zu großen Sorglosigkeit. “Vergleichsweise tiefe implizite Volatilitäten machen im Hinblick auf eine Sommerflaute den Kauf von Absicherung interessant”, argumentiert Berndt Fernow, Leiter der Investmentstrategie bei der Landesbank. Die Rückschlaggefahr sei deutlich gewachsen.Auch die Unicredit gibt sich bei der Beurteilung der Perspektiven an Europas Börsen im weiteren Jahresverlauf recht zurückhaltend. Wichtig sei nun die Gewinnentwicklung der Unternehmen, meint Tammo Greetfeld, Aktienstratege bei dem Institut. Die laufende Berichtssaison habe die bislang gültigen Revisionstrends bestätigt. Demnach weisen die Revisionen der Gewinnschätzungen zwischen den einzelnen Ländern der Eurozone mitunter erhebliche Unterschiede auf. Sehr robust zeigt sich dabei Deutschland: Hier passten Analysten ihre Prognosen seit Jahresbeginn lediglich um 4 % nach unten an, während die aktuellen Schätzungen in Italien inzwischen um mehr als 22 % unter dem Niveau vom Jahresanfang liegen.Am Donnerstag richtete sich das Interesse der Investoren stark auf den Finanzsektor, der neben den Signalen der Notenbanken von den unerwartet guten Quartalszahlen der Société Générale (+ 10,4 % auf 33,35 Euro) profitierte. Die französische Großbank kommt beim Abbau von Risiken und dem Aufbau von Kapital gut voran. Der Überschuss kletterte um knapp 120 % auf 955 Mill. Euro. Auch die britische Lloyds (+ 8,1 % auf 73,55 Pence) legte starke Geschäftszahlen vor und sieht sich nun für die baldige Reprivatisierung gut gerüstet.Sanofi und Shell meldete hingegen jeweils einen Gewinneinbruch. Der Pharmawert verlor deshalb 4,1 % auf 76,85 Euro und der Öltitel 4,6 % auf 24,43 Euro.