EZB und Fed geben die Richtung vor
Von Thorsten Kramer, FrankfurtDer Euro zeigt ungeahnte Stärke. Selbst am Montag, als der Rückgang des vielbeachteten Ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland untermauerte, dass sich hierzulande die Konjunktur zunehmend abkühlt, rutschte die Gemeinschaftswährung lediglich kurzzeitig unter 1,25 Dollar. Am Abend wurden schon wieder 1,2515 Dollar für einen Euro bezahlt – obwohl die deutsche Wirtschaft mehr denn je als wichtigster Stützpfeiler der Eurozone gilt.Mit Blick auf die zurückliegenden Handelstage lässt sich feststellen, dass der Euro auf breiter Basis von seiner neuen Robustheit profitiert hat. Lediglich die skandinavischen Währungen und der Schweizer Franken hielten auf Sicht einer Woche ihre Niveaus, weil sie weiterhin von ihrem Status als sichere Häfen außerhalb der Eurozone profitieren. Zu allen anderen Hauptwährungen rückte der Euro kräftig vor. Grund dafür, so heißt es im Handel, ist in erster Linie die Hoffnung der Akteure darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) auf der bevorstehenden geldpolitischen Sitzung am 6. September Anleihekäufe zugunsten der schwer von der Schuldenkrise betroffenen Länder in der Peripherie beschließen wird. Die Hoffnung auf Hilfestellungen der EZB hatte in den zurückliegenden Wochen auch schon Europas Aktienmärkten starken Auftrieb gegeben und führt nun dazu, dass die maßgeblichen Indizes auf hohem Niveau verharren, obwohl sich die Fundamentaldaten eintrüben. Potenzial bis auf 1,28 DollarDie Devisenstrategen der DZ Bank gehen davon aus, dass Spekulationen auf Maßnahmen der Währungshüter dem Euro in den nächsten Tagen weiterhin Unterstützung bieten werden. Die zu erwartende Handelsspanne sehen sie zwischen 1,2315 und exakt 1,28 Dollar. Gelingt dieser weitere deutliche Anstieg bis an den oberen Rand dieser Spanne, hätte der Euro die zuvor über mehrere Wochen gültige Spanne zwischen 1,2280 und 1,2450 Dollar nachhaltig verlassen. Dass der Euro weiteres Potenzial besitzt, lässt sich laut DZ Bank auch daran ablesen, dass viele Marktteilnehmer inzwischen ihre skeptische Haltung gegenüber dem Euro aufgegeben haben. Markierte die Anzahl der Netto-Short-Positionen, mit denen Investoren auf einen Euro-Rückgang setzen, Anfang Juni am Terminmarkt in Chicago noch einen Rekordwert von mehr als 214 000 Kontrakten, ging das Volumen dieser Spekulationsgeschäfte nun um fast 30 % auf 155 000 zurück.Grundsätzlich betrachtet wirft der Anstieg des Euro allerdings Fragen auf. Denn “eine Notenbank, von der erwartet wird, die Schuldenkrise zu lösen, ist für den Euro eigentlich alles andere als eine gute Voraussetzung”, wie die Commerzbank in einem aktuellen Marktkommentar schreibt. Die Devisenstrategen des Instituts sehen in dem Reaktionsmuster an den Märkten daher eher eine Art Hoffnungslosigkeit: Denn weil sich selbst nach fast drei Jahren immer noch keine nachhaltig tragfähige Lösung für die Schuldenkrise abzeichnet, gehe es nun nur noch darum, ein kurzfristiges Scheitern der Eurozone zu verhindern, so die Argumentation. Und dabei spielten die “Folgen einer verfehlten Notenbankpolitik schlicht keine Rolle”.Besondere Aufmerksamkeit zieht nun erst einmal das Jackson Hole Symposium der internationalen Notenbanker auf sich, das am Freitag beginnt. Im Jahr 2010 hatte der Präsident der US-Notenbank Federal Reserve, Ben Bernanke, auf diesem Treffen das zweite Anleiheankaufprogramm angekündigt. Zwar rechnen viele Beobachter nicht damit, dass sich Geschichte nun eins zu eins wiederholt. Eine erneut sehr zurückhaltende, “taubenhafte” Rhetorik würde aber sehr wohl als erneutes Signal dafür gewertet werden, dass die Fed schon bald das dritte Anleiheankaufprogramm auf den Weg bringen wird. Vor dem Wochenende hatte Bernanke laut Agenturberichten bereits in einem Brief an den Kongress geschrieben, dass die Notenbank noch Spielraum für weitere Schritte habe, um die Finanzierungsbedingungen zu lockern und die Erholung zu stärken.Steigt die Risikobereitschaft der Investoren infolge neuer Signale der Fed, dürfte der Euro seinen jüngsten Anstieg fortführen. Der Dollar, so heißt es bei der Unicredit, werde lediglich dann gegenüber dem Euro zulegen, wenn er wegen seines Charakters als sicherer Hafen gefragt sei.Sollte die Risikobereitschaft ansteigen, sollten davon auch der australische, der kanadische und der neuseeländische Dollar profitieren: Die anziehenden Rohstoffpreise sprechen jedenfalls dafür, dass der aufwärts gerichtete Trend dieser Valuten Bestand hat. Im Handel mit den skandinavischen Währungen rechnen Marktteilnehmer mit steigender Volatilität. Auch hier, so heißt es etwa bei der Unicredit, sollte die Stärke der zurückliegenden Monate aber anhalten.