Aktienmärkte

Feine Hausse in Europa

Die europäischen Aktienmärkte befinden sich in einer Bilderbuch-Hausse. Die gute Marktbreite vieler Länderindizes deutet eine Fortsetzung der Hausse auch im kommenden Jahr an.

Feine Hausse in Europa

Von Thorsten Grisse *)

Der europäische Leitindex Stoxx Europe 600 befindet sich in einer technischen Bilderbuch-Hausse. Der Gesamtmarktindex hat im laufenden Jahr um mehr als 20% zugelegt. Mit dieser starken (Jahres-)Performance gelang es dem Index nach über zwanzig Jahren Seitwärtspendelbewegung das Hoch beziehungsweise die Resistance-Zone aus dem Jahr 2000 erstmals deutlich hinter sich zu lassen. Ein Blick in die Marktbreite des Index zeigt, dass viele „Länderindizes“ zur positiven technischen Gesamtlage beitragen. Der französische CAC 40 befindet sich mit seinen neuen All-Time Highs in einer technischen Neubewertung. Dies gilt ebenfalls für den niederländischen AEX. In Summe deutet die gute Marktbreite bei vielen Länderindizes sowohl eine Fortsetzung der laufenden Hausse im Rest des Jahres (technische Jahresend-Rally) als auch für das kommende Jahr an.

Der CAC 40 ist ein nach Free-Float-Marktkapitalisierung gewichteter Kursindex, der die Wertentwicklung der 40 größten und liquidesten Aktien der Pariser Börse widerspiegelt. Seine Basis ist auf den 31. Dezember 1987 bei 1000 Punkten festgesetzt. Die ersten dreizehn Jahre des Index waren von einer Bilderbuch-Hausse geprägt, welche schließlich in der TMT-Hausse und im damaligen All-Time High bei 6945 (langfristige Resistance-Zone) im September 2000 endete. Anschließend kam es zu einer ausgeprägten Baisse (Rutsch zurück auf 2401 im März 2003). Im folgenden Hausse-Zyklus stieg der CAC 40 im Juni 2007 auf 6168 Punkte, sodass mit dem alten All-Time High aus 2000 eine langfristige, gestaffelte Resistance-Zone von 6168 bis 6945 entstand. Im Rahmen der Finanzkrise 2008 sorgte ein beschleunigter Baisse-Trend für einen Sell-off bis auf 2465 Punkte (März 2009).

Übergeordnetes Kaufsignal

Hier startete der aktuelle Hausse-Zyklus. Darin stieg der Index zunächst bis Februar 2020 zurück fast bis an die langfristige, gestaffelte Resistance-Zone um 6168, bevor es in der Corona-Baisse (Februar/März 2020) zu einem beschleunigten Sell-off bis auf 3632 Punkte kam. Hier schlug der CAC 40 nach oben und etablierte einen neuen mittelfristigen Hausse-Trend, der aktuell bei ungefähr 6600 und damit im Umfeld der steigenden 200-Tage-Linie liegt. Begleitet von mehreren (Investment-)Kaufsignalen stieg der Index bis in die langfristige, gestaffelte Resistance-Zone, wo es zu einer normalen, nach oben trendbestätigenden Konsolidierung (Aufwärtsdreieck) gekommen ist. Zuletzt ist der CAC 40 mit einem übergeordneten Kaufsignal („Major Buy Signal“) losgelaufen und hat nach 20 Jahren der technischen Pause die technische Neubewertung wieder aufgenommen. Damit deutet sich als nächstes technischen Etappenziel für die Jahresend-Rally 2021 der Bereich um 7400 an. Aufgrund der sehr guten technischen Gesamtverfassung sollte sich die technische Neubewertung 2022 fortsetzen, wobei Kursniveaus über 8000 nicht überraschen sollten.

Bilderbuch-Klettertour

Der niederländische AEX ist ein Kursindex, der die 25 größten an der Euronext Amsterdam gehandelten Aktien umfasst. Der Index wird seit dem 3. Januar 1983 berechnet. Im laufenden Hausse-Zyklus (Start im März 2009 bei 195 Punkten) wies der AEX bis Ende 2015 zunächst eine moderate relative Schwäche gegenüber dem Stoxx Europe 600 auf. Seitdem ist der AEX jedoch in eine technische Führungsrolle unter den europäischen Länderindizes hineingelaufen, was sich unter anderem durch die hohe Gewichtung und Outperformance seiner Technologieschwergewichte erklären lässt. Aus langfristiger, technischer Sicht war der AEX nach einer Zwischenbaisse 2015/2016 ausgehend vom Low bei 379 (Februar 2016) in einer Aufwärtsbewegung bis Februar 2020 auf 632 gestiegen. Hier kam es zu einer Unterbrechung durch die Corona-Baisse mit einem Sell-off bis auf 390. Dem AEX gelang anschließend ein zügiges „V-Recovery“, welches im zweiten Halbjahr 2020 zur Seite mündete.

Im November 2020 sprang der AEX mit einem neuen Investment-Kaufsignal an und etablierte das aktuelle Aufwärtsmomentum und einen mittelfristigen Hausse-Trend (Trendlinie zurzeit bei ca. 775). In diesem Hausse-Trend erreichte der AEX neue All-Time Highs und hat damit seine technische Neubewertung ebenfalls wieder aufgenommen. Das letzte (Investment-)Kaufsignal signalisiert für die Jahresend-Rally für 2021 Kursniveaus um 850. Im neuen Jahr sollte sich die technische Klettertour weiter fortsetzen. Da jedoch einkalkuliert werden sollte, dass das Hausse-Momentum in den Technologieschwergewichten im neuen Jahr etwas nachlässt, sollte es dem AEX in 2022 schwerfallen, an die 1000 Punkte heranzukommen.

*) Thorsten Grisse ist bei der Commerzbank im Bereich Technische Analyse & Index Research tätig.

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