Fester Yen setzt Nikkei und Topix zu

Strafzölle gegen China und der mögliche Rücktritt von Premier Abe lassen Japans Aktienmarkt einbrechen

Fester Yen setzt Nikkei und Topix zu

Nach einem starken Jahresauftakt hat der japanische Aktienmarkt deutlich nachgelassen. Auf den Kursen lastet der feste Yen. Anleger fürchten zudem einen Handelskrieg, zumal Japans Wirtschaft stark auf China ausgerichtet ist. Ferner machen sich die Folgen des jüngsten Skandals der Regierung Abe bemerkbar.Von Martin Fritz, TokioNach dem besten Jahresauftakt seit 1996 hat Japans Aktienmarkt recht bald stark nachgelassen. Vom Jahreshoch am 23. Januar fiel der Nikkei 225 um 14,5 % auf das Jahrestief am Freitag und damit auf das Niveau von Mitte Oktober zurück. Dies ist zugleich der Bereich des Hochs vom Juli 2015, der erst vor sechs Monaten überwunden wurde. Der breiter gefasste Topix gab seit dem Jahreshoch um 13 % nach und fiel unter die viel beachtete 200-Tages-Linie. Seit Jahresanfang liegt der Nikkei nun 13,1 % und der Topix 11,5 % im Minus.Das schlechte Abschneiden hängt mit der Rückkehr der Volatilität an den großen Aktienmärkten zusammen. Dabei schlagen die japanischen Barometer stärker aus als anderswo, weil der Aktienhandel in Tokio von ausländischen Investoren bestimmt wird. Bei steigendem globalem Risiko nehmen sie ihr Geld häufig zuerst in Japan vom Tisch, zumal der Markt sehr liquide ist. Zugleich dient der Yen vielen Anlegern in unsicheren Zeiten als Fluchthafen. Das belastet die Kurse von schwergewichtigen Aktientiteln überproportional, da ein starker Yen ihre Gewinne verringert.Aber bei dem Abschwung wirken sich auch japanische Besonderheiten aus. Faktor Nummer 1 ist die berechtigte Angst vor den Folgen von US-Strafzöllen. Anders als die EU wurde Japan nicht von den neuen Abgaben auf Stahl und Aluminium befreit. Offenbar übt Trump damit Druck auf Japan aus, einen bilateralen Handelsvertrag zu verhandeln. Aber viel stärker träfe ein sich ausweitender Handelskrieg zwischen den USA und China die japanische Wirtschaft. Viele Unternehmen produzieren in China für den Export oder beliefern chinesische Produzenten mit Maschinen und Elektronik. Japans enge Verflechtung mit China belastet zum Beispiel die Aktie des Industrieroboterherstellers Fanuc, eines Schwergewichts im Nikkei. Allerdings meinte Naoki Kamiya, Chefstratege des Vermögensverwalters Nikko AM, die scharfen Marktreaktionen könnten in den nächsten Quartalen durch positive Konjunkturdaten und Unternehmensgewinne wieder nach oben korrigiert werden. Der zweite speziell japanische Faktor ist die Möglichkeit, dass Premierminister Shinzo Abe wegen eines Skandals um angebliche Vetternwirtschaft in den nächsten Wochen oder Monaten zurücktreten muss. Sein drohender Abgang verstärkt die Unsicherheit über Japans Geld- und Fiskalpolitik. Die Finanzzeitung “Nikkei” warnte vor den Schockwellen für den Aktienmarkt durch einen “Abexit”. Der Vertrag von Notenbankchef Haruhiko Kuroda wurde zwar soeben um fünf Jahre verlängert. Aber ohne Abe an der Spitze muss Kuroda die monetären Zügel womöglich früher anziehen, als er es möchte. In einer Umfrage des Japan Center for Economic Research forderte die Hälfte von 40 Analysten einen Exit der Bank of Japan, sobald die Inflationsrate sich über 1 % halte. Im Februar stieg die Kerninflationsrate bereits auf 1 %. Bisher hält Kuroda einen Ausstieg frühestens 2019 für möglich. Über die weitere Entwicklung am Aktienmarkt dürfte der Yen entscheiden. Wegen des möglichen Exits haben sich spekulative Anleger vermehrt auf die Seite der Yen-Bullen geschlagen. Seit Jahresanfang hat der Yen um 7,5 % zum Dollar aufgewertet. Am Freitag unterschritt der Yen/Dollar-Kurs erstmals seit 2016 die Marke von 105. UBS erwartet eine Aufwertung bis auf 98 Yen/Dollar auf Jahressicht. Durch diesen Trend dürfte sich die Wachstumsrate von Japans Wirtschaft im neuen Geschäftsjahr (ab 1. April) um 0,2 Punkte auf 1,2 % verringern, meinen die Analysten von Nomura. Tatsächlich zeigen Frühindikatoren bereits abwärts. Daher erwartet Jesper Koll, Japan-Chef des Indexfonds-Anbieters Wisdom Tree, eher eine neue monetäre Lockerung als ein Tapering. Das würde den Devisenmarkt auf dem falschen Fuß erwischen. Analysten skeptischerBisher wurden die Jahresprognosen für Japan nicht korrigiert. Nomura zum Beispiel erwartet den Topix zum Jahresende bisher zwischen 1 880 und 2 080. Morgan Stanley ist mit einer Vorhersage von 1 820 skeptischer. Credit Suisse reduzierte Japan kürzlich auf neutral und verwies auf die besonders zyklische Natur des Marktes, ein Tapering der Bank of Japan und den festen Yen. Ihre “Bottom-up”-Tipps sind u. a. Suzuki Motor, Komatsu, Nidec, Renesas und Nintendo. BNY Mellon empfiehlt japanische Nebenwerte. Small Caps hätten in einem Aufschwung immer besser abgeschnitten.