AUS DER KAPITALMARKTFORSCHUNG

Forscher im Dialog mit Banken und Finanzdienstleistern

FIRM veranstaltet sechste Forschungskonferenz - Effekte und Kosten von Bankenkrisen als Schwerpunkt der wissenschaftlichen Analyse

Forscher im Dialog mit Banken und Finanzdienstleistern

Das Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) hat in den vergangenen Jahren mehr als 2 Mill. Euro in Forschungsprojekte renommierter Hochschulen investiert. Dazu zählen auch die Projekte von Valerya Dinger und Isabel Schnabel, deren Ergebnisse im Rahmen der sechsten Forschungskonferenz präsentiert wurden. Von Günter Franke *)Aktuellen Fragestellungen der Finanzdienstleistungsbranche in der Forschung Geltung verschaffen und den Forschern ein konstruktives Feedback aus der Praxis geben sowie den Praxisvertretern empirisch gehärtete Erkenntnisse über das Finanzmarktgeschehen zu vermitteln – das gehört zu den Aufgaben des Frankfurter Instituts für Risikomanagement und Regulierung. Auch in diesem Jahr hat die Forschungskonferenz mehr als 60 renommierte Forscher und führende Vertreter von Finanzinstitutionen und Beratungsfirmen zusammengebracht. Direkter AustauschDer direkte Austausch zwischen den Professoren und Praxisvertretern wird gefördert, indem jeder Vortrag von einem Vertreter der Praxis und einem Hochschulvertreter diskutiert wird, bevor das Auditorium in eine generelle Diskussion eintritt. In dieser Konstellation lassen sich die unterschiedlichen Meinungen und Erfahrungen zu aktuellen Finanzmarktthemen besonders effizient austauschen.Die Professoren Mark Wahrenburg (Frankfurt), Valerya Dinger (Osnabrück), Isabel Schnabel (Bonn) sowie Manfred Weber (Mannheim) gaben Einblicke in ihre aktuellen Forschungsprojekte und stellten sich den kritischen Fragen der Diskutanten, von der Hochschulseite Stefan Mittnik (München), Olaf Korn (Göttingen), Sascha Steffen (Frankfurt), Lutz Johanning (Vallendar), von der Praxisseite Carsten Lehr, Volker Vonhoff (BCG), Bernd Meyer (Berenberg), Dirk Jaeger (BdB). Ebenso stellte sich Karsten Fuelster von der IFC den Fragen von Christian Koziol (Tübingen) und Michael Rab (Raiffeisenlandesbank). Regulierung zeigt WirkungWelche Effekte die Reformen der europäischen Finanzmarktregulierung auf die Gesamt- und die Finanzwirtschaft haben, und wie sich diese evaluieren lassen, diesen Fragen ist Mark Wahrenburg zusammen mit Rainer Haselmann, Jan Krahnen und weiteren Wissenschaftlern des Forschungszentrums SAFE (Sustainable Architecture for Finance in Europe) nachgegangen. Zu diesen Reformen gehören unter anderem die Neukonzeption des internationalen Regulierungswerks Basel III und nationale Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors, sowie die Capital Requirements Directive IV (CRD IV) und die Capital Requirements Regulation (CRR).”Unsere Analysen zeigen, dass die auf dem deutschen Finanzsektor umgesetzten Regulierungsmaßnahmen die Kreditinstitute sowie den deutschen Bankensektor insgesamt stabiler gemacht haben. Zudem ist das systemische Risiko zurückgegangen, das sich aus der gegenseitigen Verflechtung von Kreditinstituten ergibt und zum Too-big-to-fail-Problem führt”, erklärte Wahrenburg. Zudem habe die Verschärfung der Eigenkapitalregulierung durch Basel III Kredite in Deutschland nicht verteuert.Gleichzeitig sind Verbesserungen möglich, etwa bei einer europaweit einheitlichen Regulierung der Risiken von Staatsanleihen, beim Umgang mit notleidenden Krediten sowie bei der Glaubwürdigkeit und Effektivität des Abwicklungsregimes von Banken. Außerdem scheint es sinnvoll, Banken stärkere Anreize zu setzen, freiwillig zusätzliche Eigenkapitalpuffer zu bilden. Dafür könnten sie entlastet werden beim Aufwand für den Nachweis, dass sie die regulatorischen Vorschriften erfüllen. Noch sind nicht alle Reformvorhaben abgeschlossen. Nach der Umsetzung sollten die Regulierungsvorschriften überprüft werden, nach dem Motto “so viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig”. Ihr Komplexitätsgrad sollte dort zurückgefahren werden, wo eine weitere Stärkung der Marktdisziplin möglich wird, rät Wahrenburg.Warum sind die Konsequenzen von Spekulationsblasen so unterschiedlich? Wie lassen sich schädliche von weniger schädlichen Blasen unterscheiden? Und welche Banken stellen während Spekulationsblasen ein besonders hohes Risiko für die Finanzstabilität dar? Das untersucht Isabel Schnabel zusammen mit Markus Brunnermeier und Simon Rother im Rahmen des Forschungsprojekts “Asset Price Bubbles and Systemic Risk”. Dabei wurde analysiert, wie sich das systemische Risiko, also das Risiko einer Krise, die den gesamten Bankensektor erfasst, während Spekulationsblasen entwickelt. Dazu diente eine Stichprobe von mehr als 1 200 Banken in 17 Ländern über einen Zeitraum von fast 30 Jahren. Systemisches Risiko”Bereits vor dem Platzen einer Blase steigt das systemische Risiko deutlich an. Größere und länger anhaltende spekulative Booms gehen mit einem stärkeren Anstieg des systemischen Risikos einher. Daher ist es wichtig, den Risiken frühzeitig entgegenzuwirken und nicht erst nach dem Platzen der Blase die Scherben zu beseitigen”, sagt Schnabel. Aktienpreisblasen seien im Schnitt ähnlich problematisch wie Hauspreisblasen. Deshalb dürften sie nicht ignoriert werden, wenn es um die Stabilität des Finanzsystems geht.Während des Aufbaus von Immobilienblasen steigen vor allem die Risikobeiträge kleinerer Banken. Während des Platzens von Immobilienblasen sowie während Aktienpreisblasen sind es hingegen größere Banken, deren Beiträge zum systemischen Risiko stärker ansteigen, auch wegen ihre Größe. “Regulierungen auf der makroökonomischen Ebene, die diese Unterschiede ignorieren, erscheinen daher unzureichend. Hingegen kann eine Politik, welche die Widerstandsfähigkeit von Banken stärkt und bereits frühzeitig auf den Aufbau von Übertreibungen reagiert, einen wichtigen Beitrag zu einem stabileren Finanzsystem leisten”, so Schnabel.Im Projekt “Bank Bailouts and Real Economic Dynamics: Evidence from Cross-Country, Cross-Industry Data” untersucht Valerya Dinger zusammen mit Lisardo Erman und Daniel te Kaat die Wachstumswirkungen verschiedener monetärer und fiskalischer Rettungsaktionen für notleidende Banken. Dazu wurde ein umfassender Datensatz auf Branchenebene aufgebaut, der 22 Branchen in 114 Ländern zwischen den Jahren 1970 und 2012 beinhaltet. Dieser wurde mit dem Länderdatensatz zu systemischen Bankenkrisen von Laeven und Valencia (2013) kombiniert, der Informationen über den genauen Zeitraum von Bankenkrisen sowie die wirtschaftspolitische Reaktion auf die jeweilige Krise, etwa die fiskalischen Kosten zur Rekapitalisierung von Banken (fiskalische Bankenrettung) und die Höhe der Liquiditätszuschüsse seitens der Zentralbank an das Bankensystem (monetäre Bankenrettung), enthält. Rettung von BankenDie Ergebnisse zeigen, dass monetäre Bankenrettungen das Wachstum von kreditabhängigen Industrien positiv beeinflussen können. Fiskalische Bankenrettungen haben dagegen keinen signifikanten Einfluss auf das Wachstum der kreditabhängigen Industrien. “Der Effekt der monetären Bankenrettungen tritt bereits in der kurzen Frist auf und ist sehr persistent. Damit sind solche Rettungsaktionen ein geeignetes Mittel, die Realwirtschaft während und unmittelbar nach einer Finanzkrise zu stabilisieren. Dieser grundsätzlich positive Effekt reduziert sich allerdings, wenn das Bankensystem besonders stark von moralischem Risiko betroffen ist, es also besonders viele große Banken mit erhöhten notleidenden Krediten gibt. Somit sollten Bankenrettungen von einer regulatorischen Kontrolle von Banken begleitet werden, um eine Zunahme von moralischem Risiko im Bankensystem zu verhindern”, fasst Dinger zusammen. *) Prof. Dr. Dr. h. c. Günter Franke ist Co-Beiratsvorsitzender von FIRM