Aktien

Forstaktien in Zeiten des „Neuen Waldsterbens“

Wer alt genug ist, erinnert sich, dass es in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland schon einmal heftige Diskussionen und sogar Demonstrationen gegen das „Waldsterben“ gab. Seit ein paar Jahren erleben wir nun in Deutschland eine...

Forstaktien in Zeiten des „Neuen Waldsterbens“

Wer alt genug ist, erinnert sich, dass es in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland schon einmal heftige Diskussionen und sogar Demonstrationen gegen das „Waldsterben“ gab. Seit ein paar Jahren erleben wir nun in Deutschland eine ähnlich besorgniserregende Entwicklung, die auch schon mal als „Neues Waldsterben“ oder als Waldsterben 2.0 bezeichnet wird. Es geht um den schleichenden Klimawandel, der den Wäldern zu schaffen macht. Das Problem ist dabei weniger auf die höheren Temperaturen, sondern vor allem auf den Mangel an Niederschlägen zurückzuführen. Gerade die Fichten, die bisher wichtigste Nutzholzbaumart in Deutschland, leiden besonders stark. Bei ihnen kommt noch ein überaus starker Befall durch Borkenkäfer hinzu. Die beiden Phänomene hängen zusammen. Gesunde Fichten können durch verstärkten Harzfluss und Feuchtigkeit unter der Rinde die Borkenkäfer normalerweise in Schach halten. Aber wenn sie unter Trockenstress leiden, gelingt ihnen das nicht mehr. Die Borkenkäfer setzen dann den Bäumen so stark zu, dass sie absterben und gefällt werden müssen.

Was heißt das nun für den deutschen Wald? Wird Deutschland seine Wälder oder zumindest seine Fichten verlieren? Die kurze Antwort darauf lautet – glücklicherweise – Nein. Allerdings ist davon auszugehen, dass im Flachland wieder vermehrt auf die einst vorherrschenden Laubbaumarten wie die Buche oder die Eiche gesetzt werden muss. Die gute Nachricht ist also, dass die Forstwirtschaft durchaus auf den Klimawandel reagieren kann und dass die deutschen Forste in Zukunft dadurch vielleicht auch wieder etwas heller, durchmischter und gar etwas biodiverser werden könnten. Allerdings wird dieser Umbau Zeit in Anspruch nehmen, bis zu 60 bis 100 Jahre.

Die Forstwirtschaft hat sich in der Vergangenheit immer wieder neu erfinden und anpassen müssen, seit Menschen den Wald nutzen. So schaffte man etwa vor ein paar Hundert Jahren in den Alpenländern den Übergang von einer weit verbreiteten Übernutzung zu einer langfristig nachhaltigen Waldbewirtschaftung, wodurch auch gleich die Idee und der Begriff der Nachhaltigkeit begründet wurde. Für viele große nordische Forstfirmen war die Papierherstellung für die Druckpapierproduktion lange Zeit das tägliche Brot. Die Digitalisierung und die sozialen Medien haben die Nachfrage nach Druckpapieren seit Jahren stark zurückgehen lassen. Die Corona-Epidemie und die Praxis des Homeoffice haben diese Abwärtsspirale noch einmal stark beschleunigt. Darauf haben die Forstkonzerne in Skandinavien mit großer Innovationskraft reagiert. Neben herkömmlichen Papiermühlen investieren sie Geld in neue, stark wachsende Bereiche wie die Herstellung von Wellpappe und anderer Verpackungspapiere – man denke bloß an das exponentielle Wachstum des Online-Handels und die verstärkten Bemühungen, Plastik als Verpackungsmaterial durch nachhaltigere Materialien zu ersetzen.

Ein weiterer vielversprechender Bereich für neue Investitionen ist die Herstellung von Zellstoff. Dieser geht heute allerdings nur noch zum kleineren Teil in die Herstellung von Druckpapieren, sondern vor allem in die Produktion von Hygienepapieren, die oben erwähnten Verpackungspapiere und als Viskose zunehmend in die Textilindustrie. Die angepeilte Dekarbonisierung der Wirtschaft ist ohne die Forstwirtschaft gar nicht zu schaffen. Diese gewaltige, positive Klimaleistung dürfte früher oder später in der Form höherer Produktpreise und Gewinne an die Forstwirtschaftsunternehmen und deren Eigentümer zurückfließen.

Ein weiterer vielversprechender Wachstumsbereich für die Forstwirtschaft ist die sogenannte Bio-Ökonomie. Im sogenannten „Green Deal“ der Europäischen Union, aber auch in den Bemühungen vieler anderer Länder ist nicht nur von erneuerbaren Energien die Rede, sondern von einem allumfassenden Umbau der Wirtschaft hin zu einer geschlossenen und damit ressourcenschonenderen Wirtschaftsweise, die ohne den Einbezug der Forstindustrie nicht denkbar ist. Am Chemiestandort Leuna in Sachsen-Anhalt investiert der finnische Forstkonzern UPM-Kymmene gerade 550 Mill. Euro in eine industrielle Bio-Raffinerie mit einer Produktionskapazität von 220000 Tonnen pro Jahr. In der Anlage wird aus Laubholz eine neue Generation von nachhaltigen, chemischen Grundstoffen entstehen.

Nachhaltiger Megatrend

Manch ein Anleger fragt sich da, wie er von diesem interessanten, nachhaltigen Megatrend profitieren kann. Es gibt in der Tat ein breites Anlageuniversum von Aktien, die in der Wertschöpfungskette Holz tätig sind, weltweit sind dies ca. 300 Unternehmen. Die absolute Performance einer Forstaktien-Strategie hat sich zuletzt sehr erfreulich entwickelt, trotz der im letzten Jahrzehnt beispiellosen Outperformance von Growth gegenüber Value-Aktien. Für Anleger, die davon ausgehen, dass sich diese enorme Diskrepanz im nächsten Jahrzehnt eher wieder normalisiert oder dass sich die Rotation in eher zyklischere Werte im neuen Jahr weiter fortsetzt, und die dazu noch möglichst viel Nachhaltigkeit in ihr Portfolio packen möchten, könnte das Thema „Timber“ daher eine Option sein.