Franken sendet Entspannungssignale

Währungsmarkt lässt Konjunkturängste hinter sich - Volatilität auf tiefstem Stand seit 2014

Franken sendet Entspannungssignale

Investoren wenden sich aktuell vom Schweizer Franken und vom japanischen Yen ab. Die beiden Währungen signalisieren im Zusammenspiel mit einer weiterhin sehr niedrigen Volatilität, dass die jüngsten Konjunkturängste überzogen gewesen sein könnten. Freuen dürfte dies die Schweizer Nationalbank.Von Stefan Schaaf, FrankfurtDie Diskussion über eine globale Rezession oder hohe politische Risiken für die Finanzmärkte hat viele Investoren jüngst verunsichert. Der Währungsmarkt sendet aktuell jedoch gleich zwei Signale aus, dass die Ängste weitgehend ausgestanden sind. Der als Krisenwährung gefragte Schweizer Franken hat jüngst deutlich abgewertet, und die Volatilität am Währungsmarkt befindet sich aktuell in der Nähe ihrer Rekordtiefs.Als Hauptursache für Entspannungssignale werden Konjunkturdaten aus China genannt. Für einen Euro wurden am Dienstag zeitweilig 1,1476 Franken und damit so viel wie zuletzt am 22. Oktober 2018 gezahlt. Im späten europäischen Geschäft lag der Kurs 0,1 % höher bei 1,1441 Franken je Euro. Seit seinem bisherigen, am 29. März erreichten Jahrestief von 1,1159 Franken hat der Euro somit um 2,8 % aufgewertet. Mit 1,0229 Franken je Dollar lag die Notierung zudem so hoch wie zuletzt vor rund zwei Jahren.Der Franken wird klassischerweise als Fluchtpunkt in Phasen erhöhter politischer oder wirtschaftlicher Unsicherheit angesteuert. Grund dafür ist aktuell das extrem niedrige Zinsniveau mit einem Leitzins von -0,75 %, wie auch die historische Bedeutung der Schweiz für Fluchtgeld aus aller Welt. Als im vierten Quartal die Rezessionsängste wuchsen, brachen nicht nur die Aktienmärkte in aller Welt ein, sondern der Franken wertete deutlich auf, auch gegenüber dem Euro, obwohl die Wirtschaft der Schweiz sehr eng mit dem EU-Binnenmarkt verknüpft ist.Zur Beruhigung der Anleger trugen insbesondere die jüngsten Konjunkturdaten aus China bei. “Die negative Stimmung mit Blick auf die Weltwirtschaft ist ein wenig überzogen”, sagte Jeremy Stretch, Leiter der G10-Währungsanalyse bei der Canadian Imperial Bank of Commerce.Neben dem Franken ist der japanische Yen ebenfalls eine Fluchtwährung, dessen Aufwertung als Krisenindikator gilt. Jüngst wies er jedoch in die andere Richtung. Aktuell kostet ein Dollar rund 112 Yen, während im Januar zeitweilig noch Kurse von unter 109 Yen gestellt wurden. Auch der Yen ist aufgrund seiner Rolle als Niedrigzinswährung gefragt, weil auf seiner Basis risikoreiche Geschäfte in Hochzinswährungen abgeschlossen werden bzw. der Markt Korrelationen gebildet hat, als ob diese sogenannten Carry Trades abgeschlossen würden. Marktakteuren zufolge floss jüngst allerdings mehr Geld in den Yen als in den Franken, so dass die Schweizer Währung ein wenig an Glanz als sicherer Hafen einbüßen könnte. Mangel festgestelltUnd schließlich sendet die Volatilität am Währungsmarkt Entspannungssignale aus. Die auf Basis von Optionen und der damit erwarteten Kursschwankungen berechnete Volatilität am Währungsmarkt ist derzeit so niedrig wie zuletzt im Jahr 2014, die Société Générale spricht gar von einem “Mangel an Volatilität”. Im Hinblick auf den Franken rechnet der Markt vor dem Hintergrund nachlassender Rezessionsängste mit einer weiteren Aufwertung. Der jüngste Reuters-Konsens sagt einen Kurs von 1,16 Franken je Euro auf Sicht von zwölf Monaten voraus. Er enthält jedoch noch nicht die jüngsten chinesischen Konjunkturdaten und die jüngste Abwertung. Konsensprognosen sind oft prozyklisch und folgen aktuellen Marktbewegungen. Von daher könnten die Prognosen noch weiter angehoben werden. Erleichterung für die SNBDie Crédit Agricole prognostiziert etwa laut Bloomberg-Daten aktuell schon einen Kurs von 1,1950 Franken je Euro in einem Jahr. Grund für den Euro-Optimismus ist die Aussicht auf eine stabile Konjunktur in China, von welcher das exportorientierte verarbeitende Gewerbe in der Eurozone profitieren würde – vorausgesetzt, die Marktteilnehmer bleiben risikofreudig gestimmt. Die Gemeinschaftswährung wird trotz der ebenfalls sehr niedrigen Zinsen aufgrund der Lage in Italien mit einem politischen Risikoaufschlag gehandelt.Kurse, wie sie die Crédit Agricole prognostiziert, dürften die Schweizer Nationalbank (SNB) durchatmen lassen. Denn damit würde der Franken auf einem Niveau handeln, welches die Schweizer Notenbank während der Euro-Finanzkrise mit hohem Aufwand verteidigt hat. Im Jahr 2011 führte sie einen Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro ein. Dies sollte verhindern, dass eine zu starke Franken-Aufwertung eine Deflation in der Schweiz auslöst.”Die SNB wird in den kommenden Monaten sicher etwas ruhiger schlafen, als sie es noch zum Ende des ersten Quartals getan hat”, sagte Stretch.