"Frankreich ist das neue Deutschland"

Julius Bär: Chancen durch Reformen - Für 2016 Kaufgelegenheiten in Schwellenländern prognostiziert

"Frankreich ist das neue Deutschland"

Die Anlageexperten von Julius Bär sehen Chancen besonders in französischen und schweizerischen Aktien. Die Emerging Markets seien derzeit die Hauptgefahr, dort böten sich ab 2016 aber wohl Kaufgelegenheiten.ku Frankfurt – Die Analysten von Julius Bär sehen Chancen in französischen Aktien. Sie setzen auf die Reformen, die der französische Staatspräsident François Hollande und sein Premierminister Manuel Valls derzeit durchsetzen. “Frankreich ist das neue Deutschland”, sagte Christian Gattiker-Ericsson, Chefstratege und Leiter Research von Julius Bär, in Frankfurt. Er fühle sich hinsichtlich des Nachbarlands an die Situation erinnert, in der sich Deutschland während der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder befunden habe.Damals habe die Agenda 2010 den äußerst rigiden Arbeitsmarkt in Deutschland flexibilisiert, mit weitreichenden positiven Folgen, die damals kaum ein Ökonom auf dem Radarschirm gehabt habe. Für Frankreich rechnet er ähnlichen Wirkungen. Davon würden französische Aktien profitieren, wobei er bei den beiden Autokonzernen Peugeot und Renault besondere Chancen sieht.Gattiker-Ericsson rechnet mit weitreichenden Folgen der Terroranschläge in Paris. Wenn ein westlicher Politiker wie derzeit Hollande von Krieg spreche, strebe er meistens eine fiskalpolitische Expansion an. So habe Frankreich bereits geltend gemacht, dass zahlreiche Ausgabenpositionen nicht unter das Maastricht-Kriterium für den Staatshalt von Mitgliedern der Eurozone fallen sollen. “Das vergangene Wochenende hat das Ende der Austeritätspolitik in Europa eingeläutet”, ist er überzeugt. Chancen sieht er auch bei Anlagemöglichkeiten in der Schweiz. So seien Schweizer Aktien für ausländische Investoren wegen der Währungseffekte kaum zu schlagen. Zudem weist er auf Schweizer Staatsanleihen hin, deren Realverzinsung positiv sei. Noch kein ÜberschwangDerzeit hält er Aktien für das Anlageobjekt der Wahl. Er geht davon aus, dass es im europäischen Aktienmarkt auch noch keine Anzeichen für irrationalen Überschwang gibt. Das gelte auch für den US-Aktienmarkt, für den er den Kursverlauf der Aktie des Auktionhauses Sothebys als Frühindikator für Übertreibungen vorschlägt. Die USA befänden sich allerdings in der Spätphase des Aufschwungs. Dort setzt er besonders auf Titel aus dem Technologiesektor.Der Aufschwung dauere in den USA nun schon 80 Monate an, rechnet David Kohl, Chefvolkswirt von Julius Bär Deutschland, vor. Dagegen habe die Eurozone mit ihrer erst drei Jahre währenden Erholung noch weiteres Wachstumspotenzial. Deutschland werde allerdings die Vorreiterrolle in der Eurozone einbüßen, weil andere Länder mit ihren Reformen aufholten. Grundsätzlich handele es sich derzeit um keine einfache Phase für die Märkte, weil der Rückenwind durch die sinkenden Energiepreise wegfalle und weil höhere Realzinsen die Konjunkturbelebung abbremsten. Zudem würden die Deflationsgefahren nicht verschwinden. Gefahren für die Weltwirtschaft und die Märkte sieht Kohl kurzfristig aber vor allem in den Emerging Markets (EM). Das Problem der sinkenden Profitabilität der Unternehmen werde dort nicht verschwinden. Die Unterauslastung der Kapazitäten sei nun vor allem ein Problem der Schwellenländer.Gattiker-Ericsson geht allerdings davon aus, dass sich der Abschwung in den Schwellenländern bereits in der Endphase befindet. Dass es das Thema der EM-Krise kürzlich auf das Titelbild des “Economist” geschafft habe, sei ein Anzeichen dafür. Es sei möglich, dass sich 2016 in den Emerging Markets für Anleger die beste Kaufgelegenheit innerhalb einer ganzen Generation biete.