Führen Indexfonds zu weniger Wettbewerb?

Lebhafte Diskussion zwischen BlackRock-Vertreter Friedrich Merz und Wissenschaftler Martin C. Schmalz

Führen Indexfonds zu weniger Wettbewerb?

wrü Frankfurt – “ETF eröffnen den Zugang zum Kapitalmarkt für breite Schichten”, erklärt Friedrich Merz auf einer Veranstaltung der liberalen Karl-Hermann-Flach-Stiftung über Chancen und Risiken der ETF, der börsengehandelten Indexfonds. Wie der Aufsichtsratschef von BlackRock Deutschland vor dem gut besetzten Saal in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt weiter erläuterte, bewahren die Deutschen “zu viel Geld unter dem Kopfkissen” auf. Die Abstände im verfügbaren Einkommen seien größer geworden, weil vor allem Wohlhabende in Aktien investierten. Die preiswerten und für jeden zugänglichen ETF könnten diese Entwicklung korrigieren. Gut für KleinsparerManch einer im Publikum hatte hier bereits Widerspruch erwartet, doch der kam nicht. Denn Merz’ Gegenspieler, Martin C. Schmalz, Assistant Professor an der Universität Michigan, stimmte in diesem Punkt dem BlackRock-Mann zu: “Für deutsche Kleinsparer sind ETF eine hervorragende Sache. Sie bieten eine große Chance für eine Demokratisierung der Geldanlage.” Doch beschrieb der junge Wissenschaftler zwei Schattenseiten, die durch ETF entstehen würden. Zum einen spreche einige Evidenz dafür, dass bei schwierigen Verhältnissen am Aktienmarkt, wenn die Liquidität sich verknappe, ETF die Abwärtsbewegung verstärkten. Insofern führe das Wachstum der Indexfonds zu Risiken für die Marktstabilität. Problem Common OwnershipDas Forschungsgebiet von Schmalz liegt jedoch im Wettbewerbsverhalten. “Indexfonds nehmen die Anreize für Wettbewerb”, erklärte der Wissenschaftler. Aufgrund der wohlstandsfördernden Wirkung von Wettbewerb in einer Marktwirtschaft gelte es aber denselben zu erhalten. Das Schlagwort hier heißt “Common Ownership”, sprich dass das Aktionariat bei mehreren Unternehmen einer Branche von wenigen Top-Aktionären geprägt ist. Als Beispiel zog Schmalz die US-Fluglinien heran. Hier könne in den USA empirisch nachgewiesen werden, dass die Preise für Routen von Airlines, die von den gleichen Aktionären bestimmt würden, höher seien. Gleiches gelte übrigens auch für US-Banken. Schmalz wörtlich: “Common Ownership führt zu weniger Wettbewerb und zu höheren Preisen.”Diesem Ergebnis, insbesondere für die Airline-Industrie, widersprach Friedrich Merz: “Die Plausibilität dieser Aussage halte ich für wissenschaftlich nicht belegt.” Dabei verwies er u.a. auf die Sondersituation der US-Fluglinien in der Finanzkrise und den Jahren danach. Vielleicht könne man in zehn Jahren, wenn der Anteil von ETF am weltweit verwalteten Vermögen größer sei, eine solche Koinzidenz belegen. 3 Prozent Anteil bei AktienDer ehemalige Politiker betonte, dass der Marktanteil von ETF im Gesamtzusammenhang noch immer nicht sehr groß sei. So würden nur rund 3 % des weltweiten Aktienvermögens von 70 Bill. Dollar durch ETF gehalten. Zudem sei BlackRock kein Eigentümer wie zum Beispiel eine Private-Equity-Gesellschaft, sondern “Treuhänder” seiner Kunden.Darüber hinaus gebe es bei BlackRock auch keine Absprachen mit anderen Aktionären, zumal man sich selbstverständlich an das Wertpapierhandelsrecht halte.In der lebhaften Diskussion hielt Wissenschaftler Schmalz Merz entgegen, dass die Wirkung von Common Ownership durch mehrere Studien wissenschaftlich belegt sei. Überhaupt komme es in der empirischen Forschung nicht darauf an, ob Absprachen zwischen den Aktionären erfolgten oder nicht, wichtig sei das Ergebnis. Und dieses zeige eben, dass Common Ownership in der Praxis zu weniger Wettbewerb führe. Im Übrigen habe die US-Presse auch von Absprachen von BlackRock-Chef Larry Fink mit anderen großen Vermögensverwaltern zu bestimmten Punkten berichtet.Da in den US-Beispielen nicht nur passive Investoren wie BlackRock oder Vanguard, sondern auch Adressen wie Fidelity oder Berkshire Hathaway als wesentliche Aktionäre genannt werden, stellt sich auch eine andere Frage, die auch Merz aufgriff: Vielleicht ist Common Ownership nicht spezifisch für ETF, sondern für das Verhalten von großen Vermögensverwaltern. Auch ein Warren Buffett dürfte Interesse an hohen Margen durch weniger Wettbewerb haben.