LEITARTIKEL

Gefahren an der Grenze

Der Arabische Frühling war bisher für Investoren ein Glücksfall, zumindest was Ägypten betrifft. Mit einem Gewinn ihres Aktienindex EGX 30 von in der Spitze mehr als 40 % hatte die Kairoer Börse 2012 für lange Zeit den Spitzenplatz unter den...

Gefahren an der Grenze

Der Arabische Frühling war bisher für Investoren ein Glücksfall, zumindest was Ägypten betrifft. Mit einem Gewinn ihres Aktienindex EGX 30 von in der Spitze mehr als 40 % hatte die Kairoer Börse 2012 für lange Zeit den Spitzenplatz unter den internationalen Aktienmärkten inne. Die enorme Performance zeigt, dass man als Investor mit den so genannten Frontier-Märkten hohe Renditen erwirtschaften kann – was der Grund dafür ist, dass sich immer mehr institutionelle und inzwischen auch private Anleger für diese sich neu entwickelnden Märkte interessieren.Neben Ägypten weisen auch andere Frontier-Märkte stattliche Renditen auf. Die Aktienmärkte von Kenia und Nigeria haben 2012 um 35 % bzw. 28 % zugelegt, Pakistan kommt inzwischen sogar auf 45 %. Frontier-Märkte sind damit aktuell ein wesentlich heißeres Investmentthema als die klassischen Emerging Markets, die ihren Glanz verloren haben. So ist etwa der MSCI China mittlerweile auf das Niveau von 1994 zurückgefallen. Brasiliens Leitindex Bovespa kommt im laufenden Jahr auf ein mageres Plus von knapp 3 %. Und Russlands Micex verzeichnet seit Ende Dezember 2011 gerade einmal einen Anstieg von 1 %.Allerdings zeigt gerade das Beispiel Ägypten, wie volatil erzielte Gewinne sind und wie hoch die Gefahren für Investoren in diesen Märkten sind. Neben Korruption und schlechter Corporate Governance sind es vor allem große politische Risiken, mit denen sich die Investoren konfrontiert sehen. Im Arabischen Frühling, der von den auf Frontier-Märkte spezialisierten Asset Managern mit hohen Erwartungen begleitet worden war, scheinen sich diese Gefahren zu kumulieren.Grundsätzlich bieten Situationen, in denen in vormals diktatorischen Staaten die Demokratie auf dem Vormarsch ist, besonders gute Gelegenheiten für Investoren. Es ist mit vielen Studien belegt, dass es privaten Unternehmen in Demokratien wesentlich leichter fällt, ihre Geschäftsaktivität ungestört zu entfalten. In Ägypten und anderen arabischen Ländern werden sich diese Hoffnungen aber voraussichtlich nicht erfüllen.So haben die Wahlen am Nil Islamisten an die Macht gebracht, die alles andere als die Einführung einer parlamentarischen Demokratie im Sinn haben und die sich für ökonomische Themen kaum interessieren. So scheint es den ägyptischen Staatspräsidenten Mohammed Mursi und die hinter ihm stehenden Muslimbrüder und Salafisten nicht zu kümmern, dass sie durch die von ihnen provozierte Konfrontation mit den gemäßigten Kräften die Wirtschaft des Landes, voran die enorm wichtige Tourismusbranche, ruinieren – und dies in einer Situation, in der der ägyptische Staat kurz dem Ruin steht. Was Ägypten betrifft, so ist zu erwarten, dass sich die Gewinne, die der Aktienmarkt in den vergangenen Monaten aufgehäuft hat, noch weiter einebnen werden. Investoren sollten daher schleunigst aussteigen und ihre Gewinne mitnehmen.Wer indes glaubt, dass Ägypten einen Sonderfall darstellt, sollte sich Länder wie den Iran ansehen, der von der Regierung immer stärker in die Isolation und die Krise getrieben wird. Am Iran lässt sich noch eine andere Entwicklung aufzeigen: So ist es den Pasdaran-Revolutionswächtern gelungen, sich die lukrativsten Teile der iranischen Wirtschaft, nämlich die Ölindustrie, unter den Nagel zu reißen. Religiöser Fanatismus und Selbstbedienung an den Ressourcen eines Landes scheinen sich offenbar keineswegs auszuschließen.Anleger können aus Beispielen wie Ägypten und dem Iran eigentlich nur die Lehre ziehen, dass sie in Frontier-Märkte, in denen Islamisten im Aufwind sind, nur unter größter Vorsicht investieren sollten. Der Arabische Frühling ist als eine Erfolgsgeschichte der Frontier-Märkte wohl schon am Ende, bevor der erwartete Aufschwung richtig losgelegt hat. Dies ist insofern ein Problem, als der Nahe Osten und Nordafrika rund 60 % der Anlagemöglichkeiten in den Frontier-Märkten ausmachen – gemessen in der Gewichtung des MSCI Frontier Markets Index.Analysten und Fondsgesellschaften, die auf die Frontier-Märkte setzen, haben den Arabischen Frühling jedenfalls zumeist aufgegeben. Für sie ist derzeit eine andere Region der heißeste Tipp. Sie setzen auf das Afrika südlich der Sahara. Länder wie Nigeria, Kenia und auch Ghana und Uganda gelten auch für die kommenden Jahre als äußerst vielversprechend.——–Von Dieter Kuckelkorn ——- Wie das Beispiel der Krise in Ägypten zeigt, ist der Islamismus eine der größten Gefahren für Investoren, die auf die Frontier-Märkte setzen.