Gehen Sie mit der Konjunktur!

Barclays setzt auf stärkeres Wachstum und rät zu Industriemetallen und Schwellenländeraktien

Gehen Sie mit der Konjunktur!

Von Andreas Hippin, LondonBarclays erwartet, dass die Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr Fahrt aufnehmen wird. “Wir gehen nicht davon aus, dass eine erste Zinserhöhung der Fed oder die Krise in Griechenland die Erholung der Wirtschaft und der Finanzmärkte aus der Bahn werfen werden”, heißt es im “Global Outlook” der britischen Großbank. In den Vereinigten Staaten wurde das Wachstum im Auftaktquartal zuletzt nach oben revidiert. Wie das US-Handelsministerium am Mittwoch berichtete, nahm das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März annualisiert um 0,2 % ab. Im Mai hatte die Regierung noch einen Rückgang von 0,7 % gemeldet. “Wir denken, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal überhaupt nicht geschrumpft ist”, sagte Christian Keller, Head of Economics Research von Barclays, bei der Vorstellung des Reports. Auch in den anderen großen Märkten Europa und Japan gehe es voran. China stabilisiere sich, es gebe sogar Anzeichen für Wachstum. Der Ausblick für die Volksrepublik bereite dennoch “ein wenig” Sorgen. Denn wenn man sich Indikatoren wie den Stromverbrauch oder die Autoverkaufszahlen ansehe, deuteten diese auf eine ziemlich schwache Inlandsnachfrage hin.Die Weltwirtschaft profitiere davon, dass Öl immer noch rund 40 % günstiger sei als über viele Jahre. Zudem sei der Dollar auf handelsgewichteter Basis noch um 10 bis 15 % schwächer als zuvor. Betrachte man die Entwicklungen am Arbeitsmarkt, zeigten die Einkommen in den wichtigen Weltregionen nach oben, was die bis vor kurzem noch grassierende Angst vor Deflation verfliegen lasse. Das größte Risiko bestehe darin, dass eine Zentralbank unerwartete Maßnahmen ergreife. Das sei aber sehr unwahrscheinlich, sagte Keller. Europa hat RückenwindEuropa habe weiterhin Rückenwind, sagte der für die Region zuständige Chefvolkswirt der Bank, Antonio Garcia Pascual. Die fiskalische Konsolidierung sei keine Belastung für das Wachstum mehr. Er sei optimistisch für Frankreich und Italien. EZB-Chef Mario Draghi werde das QE-Programm in vollem Umfang ausführen, sagte Pascual. Es sei “angemessen kalibriert”. Er glaube nicht, dass die EZB zögern würde, falls erforderlich Dauer oder Volumen des Programms auszuweiten. Unterschätztes RisikoWie es mit Griechenland weitergehe, sei eine politische Frage. Käme es zum Grexit, wäre das eine konzeptionelle Veränderung für die Europäische Union. Die Wahrscheinlichkeit sei höher als je zuvor, auch wenn Barclays nicht davon ausgehe, dass es dazu kommt. “Man sollte nie die Auswirkungen eines negativen Ausgangs unterschätzen”, sagte Jim McCormick, Head of Asset Allocation Research bei Barclays. “Der Markt denkt, alles ist in Ordnung, aber am Ende kommt es anders.”Er geht davon aus, dass Aktien weiterhin ein besseres Investment sein werden als Anleihen. Motto: Gehen Sie mit der Konjunktur! “Angesichts der Bewertungen ist es schwer, in Verzückung zu geraten”, sagte McCormick. Branchen, die von einer Beschleunigung des Wachstums profitieren würden, wie Banken, Grundstoffe und Energie, sähen günstiger aus als Aktien aus Branchen, die als konjunkturunempfindlich gelten. Er bevorzuge Europa – “wenn wir Griechenland hinter uns lassen”. Mit Blick auf die Erholung der Weltkonjunktur erschienen auch bestimmte Aktien aus Schwellenländern sowie Industriemetalle wie Kupfer wieder interessant.Wohin sich der Euro auf kurze Sicht bewegt, sollte es zu einer Einigung mit Athen kommen, sei unklar. Allerdings rechnet Barclays damit, dass sich die europäische Gemeinschaftswährung auf dem Weg zur Parität mit dem Dollar befindet. Auf längere Sicht zählten die Unterschiede in der Geldpolitik.