Edelmetalle

Goldpreis erholt sich zaghaft

Nach dem starken Ausverkauf erholt sich der Goldpreis nur langsam. Ihn belastet die Aussicht auf weitere Zinserhöhungen und einen starken Dollar.

Goldpreis erholt sich zaghaft

Goldpreis erholt sich zaghaft

Aussicht auf weitere Zinserhöhungen und starken Dollar deckelt aber den Anstieg

ku Frankfurt
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Die Entwicklung des Goldpreises ist zuletzt für Investoren sehr enttäuschend verlaufen. Die Notierung des gelben Metalls ist bis auf fast 1.820 Dollar je Feinunze gesunken, es hatte fast schon Ausverkaufsstimmung am Goldmarkt gegeben. In den letzten Tagen setzte zwar eine leichte Erholung ein und der Goldpreis hat inzwischen wieder rund 1.868 Dollar erreicht. Gegenüber dem Jahreshoch von etwas mehr als 2.052 Dollar von Anfang Mai ist die Entwicklung aus Investorensicht jedoch als äußerst negativ zu qualifizieren, angesichts eines Rückgangs von rund 9% im Vergleich zum Jahreshoch. Immerhin ergibt sich auf dem aktuellen Niveau im Vergleich zur Lage vor einem Jahr aber noch ein Preisanstieg von rund 11%.

Der jüngste Ausverkauf bei Gold ist darauf zurückzuführen, dass sich die Akteure an den Finanzmärkten verschätzt hatten. Sie waren davon ausgegangen, dass die großen Notenbanken unter Führung der Fed ihre Zinserhöhungen schon beendet hätten oder unmittelbar vor diesem Schritt stünden. Diesem Kalkül hatte dann die Fed einen Strich durch die Rechnung gemacht, indem sie signalisierte, dass durchaus noch weitere Zinserhöhungen zu erwarten seien und dass die Zinsen noch für eine längere Zeit auf hohem Niveau bleiben werden. Auch für die Europäische Zentralbank wird inzwischen nicht mehr notwendigerweise davon ausgegangen, dass sie mit ihrem Zinsanhebungszyklus praktisch am Ende sei. Diese Entwicklung setzt dem Goldpreis auf zwei Wegen zu. Gold steht in Konkurrenz zu anderen Assetklassen, auch in seiner Funktion als Wertaufbewahrungsmittel in Krisenzeiten. Das gelbe Metall weist jedoch im Gegensatz zu anderen als risikoarm empfundenen Anlagemöglichkeiten wie beispielsweise Staatsanleihen der großen Industrieländer keine Verzinsung auf. Steigen nun die Zinsen von Staatsanleihen, nehmen die Opportunitätskosten der Haltung von Gold zu. Dies gilt insbesondere für Zinsanstiege bei US-Treasuries, wobei die zehnjährige Laufzeit jüngst ein 17-Jahres-Hoch von rund 4,80% markiert hatte.

Hohe Zinsen

Hohe Zinsen für US-Treasuries – zehnjährige Bundesanleihen kommen aktuell lediglich auf eine Verzinsung von 2,73% – locken ferner Anleger in den Dollar-Raum, die US-Devise zeigt sich fest. Der Dollar-Index, der den Wert der US-Währung gegenüber den Devisen der sechs wichtigsten Handelspartner angibt, befindet sich derzeit in unmittelbarer Nähe eines Elf-Monats-Hochs. In den Reihen der Devisenanalysten geht fast niemand mehr davon aus, dass sich die europäische Gemeinschaftswährung gegenüber dem Greenback in den kommenden Monaten deutlich befestigen wird. Da sich der Kauf von Gold und vielen anderen derzeit noch überwiegend im Dollar gehandelten Rohstoffen für Adressen außerhalb des Dollar-Raums durch die Währungsverschiebungen verteuert, weist der Goldpreis in Dollar eine ausgeprägte negative Korrelation zum Außenwert der US-Devise auf.

Die dann nach dem Ausverkauf erfolgte Erholung des Goldpreises bis auf rund 1.868 Dollar führen Marktbeobachter vor allem auch auf die neuen geopolitischen Risiken im Zusammenhang mit dem neuen Nahost-Krieg zurück, denn Gold ist ein wichtiges Fluchtmedium in Krisenzeiten. Allerdings wird diese Entwicklung stark gedämpft durch die Sorge, dass der neue Krieg erhebliche negative Folgen für die Ölversorgung haben könnte, beispielsweise in Form eines amerikanisch-israelischen Angriffs auf den Iran mit der Zerstörung der iranischen Öl-Infrastruktur, wie sie bereits vom einflussreichen US-Senator Lindsey Graham gefordert wird. Einen enormen Preisanstieg würde die Sperrung der Meeresenge von Hormus durch den Iran auslösen, durch die rund 20% des weltweiten Rohöls transportiert werden. Sollte mit Blick auf diese Gefahren die geopolitische Risikoprämie im Ölpreis steigen, dürften die höheren Energierechnungen die Geldentwertung in den Industrieländern wieder neu anheizen – mit der Folge zusätzlicher Leitzinsanhebungen durch die Notenbanken.

Zudem ist zu beachten, dass ein Ansturm von Privatinvestoren auf Gold vor allem auf die lokalen Märkte für Goldmünzen und Barren durchschlagen würde und weniger auf den in London und New York festgestellten Goldpreis, weil die Transaktionen an diesen beiden vorherrschenden Märkten zu 98% gar nicht in physikalischem Gold gesettelt werden, so dass man schon von einem Markt für Papiergold spricht.

Markt überverkauft

Was letzteren Markt und damit den "offiziellen" Goldpreis betrifft, so gilt das gelbe Metall für viele Marktbeobachter als überverkauft, zumal wichtige charttechnische Unterstützungszonen nicht gehalten haben. Die Rohstoffanalysten der Commerzbank weisen zudem darauf hin, dass es erstmals seit fast einem Jahr spekulative Netto-Short-Positionen bei Gold gibt. Es habe eine wöchentliche Nettoveränderung um rund 31.000 Kontrakte auf −7.600 Long-Kontrakte gegeben. Dies entspreche Verkäufen von umgerechnet 96 Tonnen Gold über den Terminmarkt. Dies sei fast die siebenfache Menge der Abflüsse aus den von Bloomberg erfassten Gold-ETFs im selben Zeitraum. Ein solcher Pessimismus habe aber in der Vergangenheit meist nur für wenige Wochen Bestand gehabt. Im Anschluss sei der Goldpreis in der Regel merklich nach oben gegangen. Die längste Periode von Netto-Short-Positionen habe allerdings im Jahr 2018 über 25 Wochen gedauert. Damals habe es noch weitere fünf Monate gebraucht, bis eine nachhaltige Aufwärtsbewegung beim Goldpreis eingesetzt habe. Die Erwartung, dass der Dollar zumindest bis Mitte 2024 Stärke zeigen wird, dürfte aber jeden Versuch der nachhaltigen und deutlichen Erholung des Goldpreises deckeln, ist zu vermuten.

Die Analysten von J.P. Morgan weisen noch auf einen anderen Zusammenhang hin, nämlich das Verhältnis von Goldpreis zu Ölpreis. Sie räumen dabei allerdings ein, dass sich dieses Verhältnis in der Vergangenheit als weniger guter Indikator für die Voraussage von Preisentwicklungen herausgestellt hat. Die durchschnittliche Ölmenge, die man sich mit einer Unze Gold seit 1946 kaufen konnte, liegt bei 16,53 Barrel. Im Jahr 2020 auf dem Höhepunkt der Coronavirus-Pandemie mit ihrem starken Konjunktureinbruch und der hohen Verunsicherung rund um den Globus nahm dieses Verhältnis mit 54,87 Barrel Öl einen extremen Wert an. Aktuell steht der Indikator bei 21,27 Barrel Öl für eine Unze Gold, Das signalisiert, dass Gold im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt ein wenig teurer ist.

Nach dem starken Ausverkauf der vergangenen Wochen erholt sich der Goldpreis nur langsam. Die Perspektive eines nachhaltigen Anstiegs wird durch die Aussicht auf weitere Zinserhöhungen durch die großen Notenbanken auch infolge des Nahost-Kriegs und durch einen starken Dollar belastet.

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