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Gute Aussichten für Rohstoffwährungen

Von Jörg Rohmann *) Börsen-Zeitung, 15.3.2016 Rohstoffwährungen gehörten in den vergangenen Jahren klar zu den Verlierern. Seit Mitte Januar ist aber eine signifikante Gegenbewegung festzustellen. Die Chancen auf eine Erholung stehen gut. Die...

Gute Aussichten für Rohstoffwährungen

Von Jörg Rohmann *)Rohstoffwährungen gehörten in den vergangenen Jahren klar zu den Verlierern. Seit Mitte Januar ist aber eine signifikante Gegenbewegung festzustellen. Die Chancen auf eine Erholung stehen gut. Die klassischen Rohstoffwährungen australischer Dollar, kanadischer Dollar oder südafrikanischer Rand konnten im bisherigen Jahresverlauf fast zweistellig gegenüber den Industrielandwährungen zulegen.Getrieben wird diese Aufwärtsbewegung durch einen breiten Aufschwung bei den Rohstoffen, insbesondere im Metall- und Energiesektor. So konnte der breitgefasste CRB-Rohstoffindex seit Anfang des Jahres um über 12 % zulegen. Davon profitieren auch rohstoffnahe Anlageklassen. Die Börsengewinner in 2016 sind nicht die USA oder Europa, sondern Südafrika, Kanada, Brasilien, Peru, Chile und Indonesien.Ungewöhnlich ist dies keineswegs. Rohstoffe und Rohstoffwährungen durchlaufen in regelmäßigen Abständen Auf- und Abschwungphasen. Dabei ist ein generelles Muster zu beobachten. Der Boom ist zu Beginn geprägt von einem vorangegangenen Investitionsstau in den Rohstoffländern, der in einer strukturellen Angebotsverknappung sowie einer US-Dollar-Abwertung mündet. Da Rohstoffe in der Regel in US-Dollar fakturiert werden, führt eine Abwertung der amerikanischen Valuta zu steigenden Rohstoffpreisen. Die Abwertung basiert normalerweise auf einer expansiven US-Geldpolitik, die das Zinsniveau senkt. Dadurch steigen die Rohstoffpreise und die importierte Inflation in den USA an, was die Gesamtinflation erhöht. In der Folge sinkt der US-Realzins. Die höheren Rohstoffpreise wiederum ziehen Investitionen und höheres Wirtschaftswachstum in den Rohstoffländern nach sich. Verbindung zu US-ZinsenDas Realzinsniveau gegenüber dem US-Dollarraum weitet sich aus. Investoren fragen dementsprechend verstärkt Anlageklassen in den Rohstoffländern nach, was deren Währung aufwerten lässt. Aufgrund der steigenden Rohstoffpreise und höherer Inflationserwartungen gehen Investoren dazu über, Rohstoffinvestments als Inflationsschutz zu tätigen. Dies treibt die Preise und den Prozess weiter an, bis die Fundamentaldaten die erreichten Niveaus nicht mehr rechtfertigen. Der Prozess kehrt sich in eine Abwärtsspirale um, den sogenannten Bust. In dieser Phase fallen die Rohstoffwährungen analog zu den Rohstoffen, und eine deflationäre Entwicklung ist zu beobachten. Die letzte Boomphase im Rohstoffsektor entfaltete sich von Anfang des Jahrtausends bis zu den Hochpunkten im Jahr 2008 und 2011. Danach setzte die Bustphase ein, die bis heute wirkt und mit starken Verlusten der Rohstoffwährungen einhergeht. Zeichen der ReflationierungNach fast fünf Jahren Abwärtstaumel erscheint die aktuelle Entwicklung mehr zu sein als eine temporäre Gegenbewegung. Dafür spricht nicht nur der breite Anstieg des Rohstoffsektors, sondern speziell die Goldpreisentwicklung. In der Finanzkrise erreichte das Edelmetall im Oktober 2008 sein Tief, während die anderen Anlageklassen weiter fielen. Als Frühindikator zeigte es bereits die reflationäre Tendenz an. Auch in der aktuellen Situation hat Gold als erste Anlageklasse im Januar eine Bodenbildung vollzogen und weist auf eine anziehende Inflation hin.Kritiker eines erneuten Aufschwungs bei den Rohstoffwährungen verweisen aber auf den begonnenen Leitzinserhöhungszyklus der US-Notenbank. Aufgrund der inversen Korrelation zwischen US-Dollar und Rohstoffen dürften sich nämlich die wirtschaftlichen Perspektiven der Rohstoffländer und damit ihrer Währungen schwierig gestalten. Jedoch sollte nicht vergessen werden, was die US-Notenbank seit dem Platzen der Technologieblase bekämpft: Deflation und nicht Inflation. Von daher ist von einem sehr moderaten Zinszyklus auszugehen, um die ersten Anzeichen einer gewünschten Inflationsspirale nicht abzuwürgen. Aktuell präsentiert sich die US-Verbraucherpreisinflation mit 1,4 % im Jahresvergleich robust. Die von der Fed als Inflationsmaß bevorzugte Kerninflation liegt sogar bei 2,2 % – Tendenz steigend. Gerade die Kerninflation ohne Energie- und Lebensmittelpreise ist durch ein anziehendes Lohnwachstum geprägt. Sollten die Rohstoffpreise ihren Boden gefunden haben, dürfte in der zweiten Jahreshälfte die Inflation an Fahrt aufnehmen. Lässt die Fed wie erwartet der Inflation “Spielraum” nach oben, dürfte der Realzins in den USA sinken, anstatt zu steigen.In diesem Szenario könnte nach der deflatorischen Finanzmarktphase seit 2011 keine neue Boomphase, aber eine Erholung bei Rohstoffen und rohstoffnahen Anlageklassen einsetzen. Die vergangenen Wochen haben bereits zu einer massiven und breiten Umschichtung geführt und lassen auf einen erhöhten Inflationsschutz der Investoren schließen. Letztendlich wird es darauf ankommen, ob die US-Inflation stärker steigt als das Zinsniveau. Die US-Notenbank dürfte genau dieses Ziel verfolgen. Gute Aussichten für Rohstoffwährungen.—-*) Jörg Rohmann ist Finanzmarktanalyst in Frankfurt.