Helaba schickt Dax ins Fitnessstudio

Institut geht von deutlicher Euro-Aufwertung aus - Risikofaktor Staatsschulden

Helaba schickt Dax ins Fitnessstudio

Brexit, Italien und dem Handelsstreit zum Trotz: Die Helaba rechnet auf Sicht von einem Jahr mit deutlich steigenden Aktienkursen und einer Euro-Aufwertung. Im ersten Halbjahr 2019 erwartet Chefvolkswirtin Gertrud Traud eine konjunkturelle Trendwende in Deutschland wie auch der gesamten Eurozone.sts Frankfurt – Der Weltwirtschaft und damit auch den Kapitalmärkten stehen nach Einschätzung der Helaba unruhige Wochen bevor. Spätestens zur Jahresmitte 2019 sollte es aber wieder aufwärtsgehen. Alles eine Frage des Trainings, befindet ihre Chef-Volkswirtin Gertrud Traud. Nachdem sie den Dax in den vergangenen Jahren schon zur Rhön-Wanderung mitnahm und mit ihm Autoscooter fuhr, schickt sie ihn nun ins Fitnessstudio. “Wir sind tatsächlich optimistisch”, sagte Traud am Montag. “Man muss sich aber ein bisschen anstrengen und quälen.”Schlägt das Training an, so könnte 2019 ein gutes Jahr für Aktienanleger werden. In ihrem Hauptszenario, das den Titel “Fitnessstudio” (Eintrittswahrscheinlichkeit 70 %) trägt, steigt der Dax auf Sicht von zwölf Monaten auf 13 200. Das wäre vom aktuellen Niveau aus ein Anstieg von rund 16 %. Die Stimmung ist Traud zufolge derzeit nur “vermeintlich schlecht”. “Wir haben seit einem Jahr die konjunkturelle Abschwächung prognostiziert. Im Lauf des Jahres 2019 geht es wieder nach oben”, zeigte sie sich überzeugt. Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal geschrumpft, und auch der jüngste Ifo-Index signalisierte Abkühlung. Auch angesichts der Unsicherheit über Brexit, Handelsstreit und des italienischen Haushalts könnten den Kapitalmärkten noch einige unruhige Wochen bevorstehen, in denen der Dax auch noch einmal auf 10 500 Punkte absacken könne. USA und China messen Kräfte”Die USA und China messen ihre Kräfte”, sagte Traud. “Es geht gar nicht so sehr um Defizite, sondern darum wer der Stärkste ist und wer die Technologieführerschaft hat.” Sollte der US-Aktienmarkt in den kommenden Wochen weiter korrigieren, so könnte dies US-Präsident Donald Trump jedoch konzilianter stimmen, weil er den Erfolg seiner Präsidentschaft an der Kursentwicklung messe. Mit Blick auf Italien sprach sie von einem “riskanten Ritt mit eingeschränkter Beweglichkeit”. Allerdings spreche die neue Regierung einfach nur offen aus, was vorherige Regierungen stillschweigend auch taten, nämlich das Defizit nicht abzubauen. Mit Blick auf Rom, aber auch die USA und Brasilien, sagte sie, es gebe einen Trend, “auf dicke Hose zu machen”. In Italien könnte diese Phase bis zur Europawahl im Mai andauern. Mit Spanien gebe es ein erfolgreiches Gegenbeispiel zu Italien. “Trainieren lohnt sich definitiv.”Trauds Einschätzung zufolge sollten die Frühindikatoren im ersten oder zweiten Quartal bereits wieder drehen. “In der Eurozone wird dagegen der fiskalpolitische Stimulus zunehmen. Unterstützend wirkt auch der moderate Ölpreis in Kombination mit einem stärkeren Euro”, sagte sie. “Zudem entspannen sich zentrale wirtschaftspolitische Konflikte wie der Brexit, der Handelsstreit mit den USA und die Querelen um den italienischen Haushalt.” In Deutschland werde der Konsum maßgeblich zum Wirtschaftswachstum beitragen und Belastungen aus dem Außenhandel sowie der anhaltenden Investitionszurückhaltung kompensieren. Und auch in den USA drohe keine Rezession in den kommenden beiden Jahren, wenngleich die Dynamik wie wohl auch in China abflachen wird.In Sachen Training nimmt Traud die Europäische Zentralbank in die Pflicht, die sich zu Jahresbeginn nicht vom Straffungskurs abbringen lassen sollte und dann “ein Gewicht auflegen”, sprich: die Zinsen erhöhen sollte. “EZB-Präsident Mario Draghi wird den ersten Zinsschritt noch gehen”, zeigte sie sich überzeugt, so dass der Euro-Leitzins in der zweiten Jahreshälfte 0,25 % betragen werde. Zugleich rechnet die Helaba-Expertin damit, dass der Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Federal Reserve im Sommer bei 3,13 % ausläuft. Die Geldpolitik werde sich auch in einer deutlichen Euro-Aufwertung äußern, die Prognose steht auf 1,25 Dollar in einem Jahr. “Notaufnahme”-SzenarioSo im Fitnessstudio nichts schiefgehe und das Szenario “Notaufnahme” (Wahrscheinlichkeit 20 %) greife. In diesem Szenario verweigerten sich die Länder, an ihrer Fitness zu arbeiten. Historisch hohe Schuldenstände, die Vernachlässigung einer investiven und auf nachhaltiges Wachstum ausgelegten Fiskalpolitik sowie ein stark eingeschränktes geldpolitisches Medikamentensortiment führten zu einem Kollaps. Dann würde der Dax auf 9 000 Punkte fallen und der Euro auf 0,95 Dollar sacken.Mit immerhin 10 % Eintrittswahrscheinlichkeit rechnet Traud mit einem Besuch in einer “Wellness-Oase” mit boomender US-Wirtschaft und einem Wachstum von 3 % in der Eurozone. Dann seien für den Euro sogar 1,35 Dollar und für den Dax 15 000 Punkte drin.