InterviewKira Huppertz, Comgest

"Hermès agiert weiterhin in einer eigenen Liga“

Luxus-Aktien haben zuletzt enttäuscht. Comgest-Analystin und Portfoliomanagerin Kira Huppertz erklärt im Interview der Börsen-Zeitung woran das liegt, was für eine Besserung in dem Segment passieren muss und auf welcher Unternehmen sie setzt.

"Hermès agiert weiterhin in einer eigenen Liga“

Im Interview: Kira Huppertz, Comgest

"Hermès agiert weiterhin in einer eigenen Liga“

Aktien aus der Luxusbranche schwächelten zuletzt – Konjunktur und Konsumlaune entscheidend – Comgest-Expertin nennt ihre Favoriten

Luxus-Aktien haben zuletzt enttäuscht. Comgest-Analystin und Portfoliomanagerin Kira Huppertz erklärt im Interview der Börsen-Zeitung woran das liegt, was für eine Besserung in dem Segment passieren muss und auf welcher Unternehmen sie setzt.

Frau Huppertz, LVMH war einmal das wertvollste Unternehmen Europas. Inzwischen ist das die Pharmagröße Novo Nordisk. Ein Sinnbild für diese Zeiten?

Beide Unternehmen sind nach wie vor wichtige Akteure der europäischen und globalen Wirtschaft. Wo LVMH den Diversifikationsvorteil eines breit gefächerten Portfolios von Marken und Kategorien hat (mehr noch sogar als viele Konkurrenten), ist Novo Nordisk angewiesen auf den Erfolg der sehr spezifischen GLP-1 Kategorie. Es ist jedoch richtig, dass Novo Nordisks Wachstumsaussichten für die nächsten fünf Jahre die von LVMH übertreffen. Dies hat sich dementsprechend in den letzten Monaten auch im Aktienkurs widergespiegelt. Abgesehen davon würde ich jedoch eine Marktkapitalisierung nicht direkt mit der Bedeutsamkeit oder Relevanz eines Unternehmens gleichsetzen, da diese letztendlich von kurzfristigen Aktienpreisschwankungen abhängt, und sich mitunter stark volatil zeigen kann. Dies trat gerade in dieser ersten Augustwoche der „Aktienmarkt-Achterbahn“ deutlich hervor.

Burberry, Swatch, Hugo Boss, etc., zuletzt enttäuschten Aktien aus dem Luxus-Segment gleich reihenweise mit ihren Zahlen. Woran liegt die aktuelle Schwäche?

Bei all den genannten Unternehmen würde ich auf eine Mischung aus Konjunktur und unternehmensspezifischen Problemen hinweisen. Auf der Konjunkturseite befinden sich alle Unternehmen in der zyklischen Normalisierungsphase nach dem bekannten Post-Corona Boom. Auf Seiten der Unternehmen gestaltet sich die Situation etwas differenzierter: Burberry befindet sich beispielsweise seit einiger Zeit in einer „Turnaround“-Phase, deren Ausführung sich jedoch bisher als problematisch darstellt. Swatch und Hugo Boss zeigten dagegen schwächere Quartalszahlen im Vergleich zu Konsensuserwartungen, sowohl in China als auch in anderen Ländern. Anders hält es sich im Vergleich jedoch bei Hermès, die weiterhin „in einer eigenen Liga“ agiert und auch im zweiten Quartal ein starkes Wachstum von mehr als 10% verbuchen konnte.

Inzwischen sollten Gehaltssteigerungen die hohe Inflation eigentlich einigermaßen ausgeglichen haben. Was fehlt noch, damit die Konsumlaune in Europa wieder anspringt?

Nicht in allen Branchen haben Gehaltssteigerungen das erhöhte Inflationsniveau ausgleichen können. Außerdem befinden wir uns zusätzlich derzeit in einer Situation, in der sowohl eine wirtschaftliche als auch geopolitische Unsicherheit vorherrscht. Da ist es nicht verwunderlich, dass die „Konsumlaune“ ins Hintertreffen gelangt. Selbst Bernard Arnault, der Geschäftsführer von LVMH, hat dies letztlich in einem Interview zum Ausdruck gebracht. Daher denke ich persönlich, dass wir eine Stabilisierung der globalen Gesamtlage sehen müssen, bevor es zu einer signifikanten Veränderung der Nachfragesituation kommt.

In den USA zeigt sich die Konjunktur deutlich robuster. Luxus-Titel profitieren bisher aber dennoch nicht oder kaum davon. Woran liegt das?

Ich würde nur bedingt von einer robusten Konjunktur sprechen; gerade die wenig überzeugende Kombination aus sinkendem US-Einkaufsmanagerindex, stagnierenden Beschäftigtenzahlen und enttäuschenden Quartalsergebnissen verschiedener Konsumgüterhersteller der letzten Tage und Wochen hat dies meiner Meinung nach illustriert. Hinzu kommt, dass die teilweise erheblichen Preissteigerungen der Luxusunternehmen – Experten sprechen von über 30% kumulierter Erhöhung seit 2019 – zu stärkerer Selektivität der Kunden geführt haben. Von daher denke ich, dass eine Markterholung eher graduell als radikal sein wird.

Ein Problem für den Sektor ist sicherlich auch China. Lange die Weltwachstumslokomotive, ist das Land zu einem Problemfall geworden. Sehen Sie hier Licht am Ende des Tunnels?

Bisher nicht – die Mehrheit der Unternehmen spricht weiterhin von schwachem Wachstum von Seiten des chinesischen Festlandes. Was jedoch ermutigt, ist, dass einige Unternehmen anhaltendes Wachstum der chinesischen Klientel sehen, diese aber aufgrund der vorteilhaften Währungslage zurzeit in Japan einkauft.  

Könnte das aufstrebende Indien mit seiner wachsenden Mittelschicht den Platz Chinas einnehmen?

Indiens Bevölkerung und Mittelschicht wachsen in der Tat sehr schnell. Dies ist auch in einigen Bereichen der Wirtschaft bereits zu erkennen. In der Luxusbranche wird dies bisher zwar nur bedingt thematisiert, kann sich aber selbstverständlich mit der Zeit ändern.

Welche Unternehmen aus dem Luxus-Sektor sieht Comgest gut aufgestellt? Welche Entwicklung des Segments erwarten Sie mittelfristig?

Auch – und gerade – in der aktuell unsicheren Marktsituation bleiben wir unserer Qualitätswachstums-Investmentphilosophie selbstverständlich treu. So investieren wir auch weiterhin in Unternehmen mit starken Qualitätsmerkmalen (z.B. Preissetzungsmacht, Eintrittsbarrieren, solide Gewinnmargen), für die wir ein langfristiges, zweistelliges Gewinnwachstum erwarten. In der Luxusbranche favorisieren wir da Unternehmen und Marken mit Kultstatus, deren Management langfristig in der Lage ist, diesen zu erhalten – wie beispielsweise bei Hermès und LVMH.

Das Interview führte Tobias Möllers.

Das Interview führte Tobias Möllers.

Kira Huppertz kam 2021 zu Comgest und ist Analystin und Portfoliomanagerin mit Spezialisierung auf globale Aktien. Bevor sie zu Comgest kam, verbrachte Huppertz fünf Jahre in London als Equity Research Analystin bei Goldman Sachs mit Spezialisierung auf europäische Medizintechnik.

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