Hohe Abflüsse bei Absolute Return
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Das Jahr 2020 hat Absolute-Return- und Liquid-Alternatives-Fonds vor große Herausforderungen gestellt. Laut einer Studie des unabhängigen Assetmanagers Lupus Alpha, die der Börsen-Zeitung vorliegt, mussten derartige in Deutschland zugelassene und zugleich Ucits-konforme Aktivfonds bis Jahresende Mittelabflüsse von insgesamt 25 Mrd. Euro verkraften. Infolge der Abflüsse hat sich das verwaltete Vermögen dieser Fondskategorien 2020 um 9,1% auf 249 Mrd. Euro ermäßigt. Dabei verloren insbesondere Absolute-Return-Strategien erhebliche Mittel in Höhe von 20,4 Mrd. Euro oder 16,5% der Assets under Management (AuM). „Damit waren die erheblichen Mittelabflüsse die auffälligste Entwicklung im Coronajahr 2020“, stellt Lupus Alpha fest.
Hintergrund war der coronabedingte Markteinbruch: Denn Investoren mussten laut Lupus Alpha nicht nur Verluste von 30% innerhalb eines Monats sowie die stärksten Drawdowns in den vergangenen fünf Jahren hinnehmen. Sie erlebten auch die höchsten Volatilitäten, seit es liquide Optionsmärkte gibt. „Dieses Extremereignis hat wahrscheinlich die Risikotragfähigkeit mancher Investoren überlastet“, sagt Ralf Lochmüller, CEO und Managing Partner von Lupus Alpha. Der Assetmanager untersucht das Universum der Absolute-Return- und Liquid-Alternatives-Fonds bereits seit 2008.
Der Großteil der nun betrachteten Fonds verzeichnete während oder unmittelbar nach dem Tiefpunkt des Marktes im März 2020 Mittelabflüsse. Diese erfolgten damit just zum falschen Zeitpunkt. Denn nach dem Markteinbruch setzte auch bei diesen Fonds eine deutliche Erholung ein. Letztendlich schlossen 73% der Fonds das Jahr mit einer Performance von –5% oder besser ab; 45% der Fonds lieferten 2020 eine positive Wertentwicklung. Die durchschnittliche Performance dieser Fonds betrug 1,34%.
Budgets unter Druck
„Rückblickend muss man feststellen, dass Anleger sich vorschnell aus dieser Anlageklasse zurückgezogen haben, auch wenn ihre Risikobudgets zwischenzeitlich sehr unter Druck standen. Wer seinem Manager in dieser schwierigen Marktlage treu geblieben ist, konnte damit besser fahren als ein Investor, der ihm im Tiefpunkt der Krise das Vertrauen entzogen hat“, erklärt Lochmüller. „Interessant wird zu beobachten sein, ob Investoren vor dem Hintergrund dieser Erfahrung ihren Managern in Zukunft mehr Vertrauen in Marktkrisen entgegenbringen.“
Der Rückzug aus der Anlageklasse betraf vor allem die kleineren Fonds, die „Bottom 80%“ mit einem Volumen von im Durchschnitt unter 17 Mill. Euro. Diese Vehikel büßten fast die Hälfte ihres Kapitals ein, während die in den großen Fonds verwalteten Vermögen um nur knapp 12% zurückgingen. So konnten die teils milliardenschweren Fonds im oberen Quintil ihre Dominanz ausbauen und verwalteten Stand Jahresultimo über 80% des Gesamtkapitals.
Zuflüsse verzeichneten dabei tendenziell risikoärmere Strategien (Alternatives Credit Focus) und Relative-Value-Ansätze sowie Strategien, die von größeren Marktbewegungen profitieren (Global Macro, Event-Driven). Entsprechend konnten diese ihren Marktanteil ausbauen. Gemessen am Gesamtmarktvolumen stieg der Anteil der Strategien Global Macro, Alternatives Credit Focus und Event-Driven besonders deutlich. Die beste Durchschnittsperformance erreichten Alternative-Relative-Value-Strategien mit 5,6%, am unteren Ende lagen Fonds im Bereich der Alternative Multi Strategies mit durchschnittlich –5,9%. Allerdings war auch 2020 die Spreizung der Performance innerhalb der einzelnen Strategien erheblich. Die hohen Schwankungsbreiten je Strategie offenbarten erneut, dass das Ergebnis maßgeblich vom gewählten Manager und weniger von der gewählten Strategie bestimmt wird.
Jahr des aktiven Managers
„Auffällig ist zudem der Performance-Unterschied zwischen den in der Studie untersuchten Fonds im Ucits-Mantel und den nichtregulierten Hedgefonds, die auf eine deutlich bessere Wertentwicklung kommen“, erläutert Lochmüller. „Dies, obwohl in beiden Segmenten alternative Ansätze verfolgt werden.“ Zudem hätten sich aktive Managementansätze wie zum Beispiel Long-Short-Equities 2020 eher gelohnt. „Hingegen haben computergestützte Ansätze, im Gegensatz zu den Vorjahren, im vergangenen Jahr meist eine unterdurchschnittliche Performance geliefert.“ 2020 sei also nicht das Jahr des Computers, sondern das des aktiven Managers gewesen.
„Dennoch hält ein Großteil der Fonds langfristig sein Produktversprechen“, stellt der Assetmanager fest. Über fünf Jahre haben 73% der Fonds eine positive Sharpe Ratio erzielt. Auch auf kurze Sicht in diesem besonderen Coronajahr konnten mehr als die Hälfte der Manager (54%) eine positive Sharpe Ratio erzielen – zur Jahresmitte waren es nur 37% der Fonds gewesen.
Wenn die Managerselektion für das Segment der Absolute-Return- und Liquid-Alternatives-Fonds so entscheidend ist, fragt sich natürlich, was dabei zu beachten ist. Lupus-Alpha-CEO Lochmüller nennt dafür vier wichtige Auswahlkriterien.
Dazu gehöre erstens die historische Performance eines Fonds, und dabei nicht nur die Rendite eines Fonds, sondern insbesondere das Verhältnis von Rendite zu eingegangenem Risiko. Zweitens sei eine Performancehistorie (inklusive Risiko) über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren zu betrachten, um das langfristige Abschneiden einer Strategie zu beurteilen. Drittens müsse ein Fonds eine kritische Größe von möglichst 100 Mill. Euro und mehr aufweisen. Fonds mit einem Volumen von 15 oder 20 Mill. Euro seien auf Dauer nicht wirtschaftlich zu führen, so dass bei diesen Produkten die Wahrscheinlichkeit einer Schließung hoch sei. Viertens sollten Investoren stets prüfen, inwieweit ein Fonds zu den bestehenden Bausteinen ihres Portfolios passe, inwieweit er diversifizierend (und somit risikosenkend) wirke.
Auf jeden Fall erfordert die Anlageklasse, zu der viele unterschiedliche Strategien gehören, laut Lochmüller ein „genaues Hinschauen“.