Hörgeräteaktien nur bedingt attraktiv

Morgan Stanley favorisiert William Demant - Sonova und GN Store Nord nur mit Equalweight eingestuft

Hörgeräteaktien nur bedingt attraktiv

amb Frankfurt – Medizintechnikunternehmen, darunter auch Hörgeräteherstellern, wird aufgrund der demografischen Entwicklung eine rosige Zukunft vorhergesagt. Die Aussichten für Aktionäre sind einer Studie der US-Bank zufolge aber durchwachsen, die Branche stehe vor großen Herausforderungen.Die Bevölkerung in vielen Industrieländern altert, die Nachfrage nach medizinischen Hilfsmitteln wie Hörgeräten und Brillen steigt. Dazu kommt ein wachsender Bedarf der aufstrebenden Mittelschicht in Schwellenländern. Das heißt aber längst nicht, dass alle Unternehmen, die solche Produkte anbieten, profitieren. Morgan Stanley hat in einer Studie die europäische Hörgerätebranche untersucht und kommt zu gemischten Ergebnissen: Zwar rechnen die Analysten für den Sektor mit einer Wachstumsrate von bis zu 5 % für 2016, es gebe aber auch einige große Herausforderungen, etwa durch die mögliche Konkurrenz von Technologieunternehmen wie Samsung oder neue Vertriebsformen.Anleger sollten nach Ansicht der Bank daher differenzieren: Geraten wird zum dänischen Hörgerätehersteller William Demant, die Aktie wird von “Equalweight auf “Overweight” hochgestuft. Der Schweizer Konkurrent Sonova wird hingegen auf “Equalweight” zurückgestuft, auf eine Stufe mit dem dänischen Wettbewerber GN Store Nord.Die Branche wird in Europa von den drei börsennotierten Hörgerätekonzernen William Demant, Sonova und GN Store Nord dominiert. Dazu kommt Sivantos, das Unternehmen entstand Anfang dieses Jahres, als Siemens ihre Siemens Audiology Solutions an die Beteiligungsgesellschaft EQT und die Santo Holding verkaufte. Furore machte zuletzt GN Store Nord mit Geräten, die direkt mit dem iPhone kommunizieren. Dadurch können Hörgeschädigte mit dem Smartphone – ohne ein auffälliges Zusatzgerät – Telefongespräche führen oder Musik hören.Die Morgan-Stanley-Analysten gehen davon aus, dass die Branche auch im kommenden Jahr wachsen wird. Die in diesem Jahr sowie 2013 und 2014 jeweils erzielten 5 bis 6 % würden aber nicht mehr erreicht werden. Das hänge mit dem Produktzyklus zusammen, viele neue Produkte würden voraussichtlich erst Ende des kommenden Jahres auf den Markt gelangen, so dass das Wachstum erst wieder 2017 an Fahrt aufnehmen werde.Garantiert sind weiterhin hohe Wachstumsraten für die drei großen der Branche nach Einschätzung der Analysten ohnehin nicht. Sie haben diverse Trends untersucht, die sich ganz unterschiedlich auswirken, aber alle drei Unternehmen treffen könnten. Zum einen komme es darauf an, welche Technologie sich für den Drahtlosbereich durchsetze, je nach Ausgang werde es Gewinner und Verlierer geben. Zum anderen drohe allen drei Unternehmen Konkurrenz durch Sivantos, das Unternehmen sei zuletzt zweistellig gewachsen. Des Weiteren werden sich nach Ansicht der Analysten die Vertriebskanäle ändern: In Zukunft werde es immer mehr Anbieter geben, die sowohl Hörgeräte als auch Brillen und Linsen verkaufen werden. In Deutschland sei das schon zu beobachten: Hierzulande sei Fielmann bereits 2008/2009 in das Hörgerätegeschäft eingestiegen und betreibe mittlerweile 111 Filialen.Darüber hinaus liefen einige Vertriebspartnerschaften aus, hier sei noch offen, wer nun zum Zuge kommen werde. Auch könnten große Technologiekonzerne in den Markt einsteigen, angeblich arbeite Samsung schon an einem Produkt. Von politischer Seite würden im Übrigen immer wieder Forderungen erhoben, günstigere Hörgeräte auf den Markt zu bringen, auch hier könnten den drei etablierten Konzernen Gefahren drohen. Punkten mit neuen GerätenFavorit der Analysten für 2016 ist William Demant, als Kursziel werden jetzt 714 nach bislang 532 dkr (aktuell 618,5) genannt. In Erwartung überzeugender neuer Produkte heben die Analysten ihre Schätzungen für das Umsatzwachstum des dänischen Unternehmens im kommenden Jahr von 4 auf 6 % an, auch bei den Margen wird eine positive Entwicklung erwartet. Dazu passe nicht, dass die Aktie derzeit zu einem hohen Abschlag zur Konkurrenz gehandelt werde. Zusätzliches Potenzial könne sich ergeben, falls der Rechtsstreit mit GN Store Nord um ein Patent gewonnen werde. Je Aktie prognostiziert die Bank wird für die Jahre 2015 bis 2017 Gewinne von 26,76, 30,02 und 32,92 dkr.Die Aktie hatte sich 2012 bis 2014 viel schwächer entwickelt als die der Rivalen, im Herbst 2014 ging es kräftig nach unten, als die US-Großhandelskette Costco entschied, Hörgeräte von Sonova statt William Demant ins Sortiment zu nehmen. 2015 gelang William Demant aber ein Comeback: Seit Anfang des Jahres hat die Aktie um 30 % zugelegt. Gut an kam unter anderem, dass sich das Unternehmen im Februar gegen Sonova durchsetzen und den größten französischen Hörgerätehändler Audika übernehmen konnte.Bezüglich Sonova zeigt sich Morgan Stanley insgesamt skeptischer, die Empfehlung für den Schweizer Hörgerätespezialisten lautet jetzt “Equalweight” statt “Overweight”, das Kursziel wird von 150 auf 143 sfr (aktuell 134,10) gesenkt. Die Aktie hatte sich 2013 und 2014 stark verteuert, im Oktober 2014 wurde mit 153 sfr ein Allzeithoch erreicht. Sonova brach nach der Freigabe des Frankenkurses Anfang dieses Jahres aber ein und hat sich seitdem noch nicht ganz erholen können.Morgan Stanley begründet die Einschätzung mit der bereits ein Jahr alten Produktplattform Venture, William Demant könne mit seinen Produkten den Schweizern den Rang ablaufen. Auch die sinkenden Marktanteile der US-Großhandelskette Costco wirkten sich negativ aus, dazu kämen Probleme in Deutschland sowie schrumpfende Wachstumsraten bei implantierten Hörhilfen, den sogenannten Cochlea-Implantaten, ein zweites Standbein des Unternehmens. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen bei 5,59, 5,92 und 6,61 sfr für 2015 bis 2017. Rivalen verderben GeschäftGN Store Nord wird unverändert auf “Equalweight” eingestuft, das Kursziel wird jetzt bei 145 dkr nach 147 dkr (aktuell 127,70) angesetzt. Dem Unternehmen mit der Hörgerätesparte Resound drohten Belastungen durch die wachsende Konkurrenz zu den mittlerweile zwei Jahre alten iPhone-kompatiblen Geräten Linx Made-for-iPhone. Negativ auswirken könne sich zudem der Rechtsstreit mit William Demant, dazu gesellten sich historisch schwache Cash-flows sowie Unsicherheit wegen eines Betrugsfalls im Vertrieb. Je Aktie rechnen die Analysten mit einem Gewinn von 4,84 dkr für 2015, 6,67 für 2016 und 7,41 für 2017. Der Kurs hatte sich zwischen Anfang 2012 und Ende 2013 fast verdreifacht, trat vergangenes Jahr aber auf der Stelle. In diesem Jahr ging es erst deutlich nach oben, dann aber heftig nach unten.