Geld oder Brief

Indra ist für Zeitenwende gerüstet

Der spanische Ibex-Konzern richtet sich neu aus und will von den erhöhten Verteidigungsausgaben Spaniens und Europas profitieren.

Indra ist für Zeitenwende gerüstet

Spanien ist eines der Schlusslichter der NATO-Staaten was die Verteidigungsausgaben angeht. Unter dem Druck seiner Partner verkündete Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstag, dass man bis Sommer das Verteidigungsbudget von bislang gut 1,3% des Bruttoinlandproduktes auf das Mindestziel von 2% aufstocken werde. Dafür macht Madrid 10 Mrd. Euro locker, die aus bestehenden, nicht verwendeten Haushaltsmitteln und der Umschichtung von Geldern aus dem Next Generation EU-Fonds stammen. Die Krise sei auch eine Chance, um die heimische Industrie zu fördern, erklärte der Regierungschef.

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Indra ist für Zeitenwende gerüstet

Von Thilo Schäfer, Madrid

Einer der großen Nutznießer der Aufrüstung ist Indra, der auf Verkehrstechnologie und Waffensysteme spezialisierte Konzern, an dem der Staat mit einem Anteil von 28% der federführende Hauptaktionär ist. Indra ist der Spitzenreiter des Ibex 35 mit einem Kursgewinn von 60% seit Jahresbeginn. Die Ankündigung der Europäischen Kommission, 800 Mrd. Euro für die Verteidigung zu mobilisieren, half den Spaniern ebenso wie anderen Rüstungskonzernen Europas auf die Sprünge.

Indra sei bereit für die viel beschworene strategische Autonomie, erklärte der Executive Chairman Ángel Escribano im März. Er beerbte im Januar Marc Murtra, welcher auf Betreiben der Regierung an die Spitze von Telefónica wechselte. Der Strategieplan von Indra für 2024 bis 2030 passt sich komplett an die neuen Anforderungen an. Man will die zivilen Technologiebereiche reduzieren und dafür mehr in Waffen und Luft-und Raumfahrtprojekte investieren. Escribano, der mit seinem gleichnamigen Rüstungsunternehmen mit 14% zweitgrößter Aktionär von Indra ist, will den Umsatz von 4,3 Mrd. Euro 2023 bis 2026 auf 6 Mrd. Euro und dann 2030 auf 10 Mrd. Euro anheben.

Die Spanier sind auf Einkaufstour. Im Februar erwarb der Konzern den Satellitenbetreiber Hispasat für 725 Mill. Euro vom staatlichen Stromnetzbetreiber Redeia. Zuletzt stockte man den Anteil am baskischen Fabrikanten für Flugmotoren ITP auf, mit dem erklärten Ziel eine Kontrollmehrheit zu erreichen. Beim Panzerbauer Tess Defence hat man die Kontrolle unlängst bereits übernommen. Dazu kam der Kauf von Fabriken, um die Produktionskapazität auszubauen. Mit Rheinmetall schloss Indra im März eine Kooperation zur Umrüstung des Leopard 2 ab.

An der geplanten Übernahme des Rüstungsunternehmens Santa Bárbara beißt man sich jedoch die Zähne aus, da deren Mutterkonzern, die US-amerikanische General Dynamics, sich dagegen sperrt. Die Spanier hoffen jedoch, dass sich die politische Stimmung in Europa seit dem brüsken Politikwechsel der US-Regierung von Donald Trump ihnen letztlich in die Karten spielen könnte. Immerhin konnte Escribano zuletzt mehrere Manager von Santa Bárbara zu Indra locken. Damit kompensierte er den Abgang von Führungskräften, die Murtra zu Telefónica geholt hatte.

Ziel kritische Masse

Das Ziel ist, schnell eine kritische Größe zu erwerben, um bei großen europäischen Ausschreibungen für Verteidigungsprojekten besser mitbieten zu können. Doch auch zuhause spielt die Musik. Sánchez musste seine Aufrüstungspläne gegenüber dem linken Koalitionspartner und einer eher skeptischen Öffentlichkeit schmackhaft machen. So sollen 87% der neuen Investitionen von 10 Mrd. Euro spanischen Firmen zugutekommen und Arbeistplätze schaffen. Die Regierung will Indra zu einem nationalen Champion im Konzert der europäischen Verteidigungsindustrie aufrüsten.

Das frische Geld vom Staat soll auch nicht allein für Waffen und Munition ausgegeben werden. Sánchez betonte des breite Konzept der Sicherheit und legt großen Wert auf die technologische Aufrüstung gegen Cyberangriffe und für Kommunikationssysteme. Auch diesbezüglich ist Indra gut aufgestellt. Man investiert in Satellitennetze und hat eine neue Plattform für Künstliche Intelligenz im Verteidigungsbereich gegründet.

Das alles kommt am Markt und bei den Experten sehr gut an. Von 14 Analysten raten derzeit acht zum Kauf und nur einer zum Verkauf. Die Schweizer UBS stufte letzte Woche ihr Kursziel von 26 auf 35 Euro herauf. Am Donnerstag lag der Kurs bei 27,4 Euro. UBS ließ den Empfehlungen Taten vorausgehen und verdoppelte den eigenen Anteil an Indra auf 5,16%, wie die Bank der spanischen Markaufsicht CNMV bekannt gab.

Konsolidierung der Branche

Die sehr zersplitterte spanische Rüstungsindustrie sei im Prozess der Konsolidierung, kommentierte Carlos Carbó von Nazca Capital auf einer Branchentagung. Normalerweise sehen es Anleger eher nicht so gerne, wenn der Staat bei einem börsennotierten Konzern den Ton angibt. Doch im Fall von Indra wirken die Absichten und Investitionspläne der Sánchez-Regierung positiv.

Die Analysten von Bankinter sehen Synergieeffekte durch das organische und nicht organische Wachstum und loben die Priorisierung der Rüstungssparte. Das frische Kapital der Regierung hilft natürlich. „Abgesehen davon, ist der freie Cashflow mehr als ausreichend für den gegenwärtigen Bedarf an Investitionen und um die M&A-Aktivitäten fortzusetzen“, schreibt Bankinter.

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