VOLATILITÄTS-CHECK - GASTBEITRAG

Investment in Volatilität macht Portfolios krisenfest

Börsen-Zeitung, 10.9.2016 In Zeiten negativer Zinsen sind zukünftige Erträge dort zu finden, wo der Kapitalmarkt seine eigene Unsicherheit bepreist: am Volatilitätsmarkt. Zudem bieten Investitionen in die Assetklasse Volatilität eine...

Investment in Volatilität macht Portfolios krisenfest

In Zeiten negativer Zinsen sind zukünftige Erträge dort zu finden, wo der Kapitalmarkt seine eigene Unsicherheit bepreist: am Volatilitätsmarkt. Zudem bieten Investitionen in die Assetklasse Volatilität eine Lösungsmöglichkeit, um ein klassisches Portfolio krisenfester zu gestalten. Relative-Value-Strategien, die auf dem Handel von Volatilitätspaaren beruhen, bieten ein besonders vielversprechendes Chancen-Risiko-Verhältnis.Ausgehend vom März 2009, dem Höhepunkt der globalen Banken- und Finanzkrise, sind nunmehr sieben Jahre vergangen. Gemessen an diesem Wendepunkt konnte sich der Wert des deutschen Börsenparameters Dax bis zum heutigen Tag zeitweise mehr als verdreifachen. Zeitgleich fiel die Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen von über 3 % p. a. zeitweise auf unter 0 %. Als Außenstehender könnte man resümieren, die Finanzkrise sei Vergangenheit und finde im Sinne einer zeitgeschichtlichen Entgleisung Eingang in die kommenden Auflagen aller Studienbücher der Makroökonomie.Der Blick unter die Oberfläche offenbart jedoch das Gegenteil: Seit Aufarbeitung der Finanzkrise versinkt die Welt im Zuge der Krisenbewältigung in Schulden. Eine viel beachtete McKinsey-Studie aus dem Jahre 2015 dokumentiert diese Entwicklung eindrucksvoll und beziffert den globalen Schuldenstand auf rekordträchtige 199 Bill. Dollar. Begleitet wird dieser wachstumshemmende Umstand von der latenten Wahrnehmung, der Euro könne als paneuropäische Errungenschaft scheitern und seinen 20. Geburtstag nicht erleben. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, ein sogenannter “Grexit”, könnte für solch ein Szenario den Startschuss liefern. Der niedrige Ölpreis und die einhergehenden starken Preisschwankungen auf den Rohstoffmärkten erschweren die Beurteilung der makroökonomischen Situation zusätzlich. Einerseits können niedrige Rohstoffpreise der Garant für mehr Wirtschaftswachstum sein. Andererseits ist das aktuelle Preisniveau derart niedrig, dass es nur als marktgerechte Ausprägung einer schwachen globalen Nachfrage interpretiert werden kann.Unbestritten ist der negative Einfluss der niedrigen Rohstoffpreise auf die Unternehmen des Energiesektors. Auf politischer Ebene erweitern die kriegerische Entwicklung im Nahen Osten sowie deren soziokulturelle Auswirkungen auf Zentraleuropa den Fächer möglicher Zukunftsszenarien für Europa. Kurzum: Die Höchststände an den Börsentafeln sowie die gefühlte Unsicherheit an den Märkten stehen in beunruhigender Dissonanz. Garantie der NotenbankenIn der Vergangenheit garantierten uns die weltweit wichtigsten Zentralbanken in schwierigen Situationen mit Hilfe einer transatlantisch abgestimmten Geldpolitik ruhige Finanzmärkte. Ein markantes “Whatever it takes” in Kombination mit ungewöhnlichen Methoden der Liquiditätsbereitstellung sorgte unter Anlegern und Analysten jederzeit für Klarheit, wer schlussendlich die Kursrichtung diktieren würde. Die englische Redewendung “Don’t fight the Fed” verdeutlicht diese asymmetrische Machtverteilung unter den Kapitalmarktteilnehmern.Zukünftig werden sich Anleger jedoch weniger stark auf die Vertreter der Zentralbanken und deren Methoden verlassen können. Zum einen verfolgen die US-amerikanische sowie die Europäische Zentralbank seit Monaten eine divergierende Geldpolitik. Zum anderen mehren sich die Stimmen, die die globale Geldpolitik an ihren praktischen Grenzen angelangt sehen. Zusätzliche geldpolitische Stimulationen würden ihre gewünschte Intention verfehlen und teils adverse volkswirtschaftliche Effekte erzeugen. So prognostiziert etwa die dänische Regierung für dieses Jahr trotz jahrelanger Nullzinspolitik eine historisch hohe Sparrate ihrer Bürger von 26 % des Bruttosozialproduktes. Hier wird offensichtlich bewusst ein finanzielles Polster für die nächste Krise geschaffen. Letztlich warnen Experten, dass Zentralbanken durch weitere geldpolitische Experimente ihr größtes Gut, das Vertrauen der Bürger, empfindlich aufzehren würden.Finanzmarktinvestoren sind aufgrund der erläuterten Umstände sowie der negativen Verzinsung ihrer liquiden Mittel regelrecht gezwungen, alternative Anlagemöglichkeiten näher in Betracht zu ziehen. Insbesondere im Hinblick auf ein traditionelles Portefeuille bestehend aus Aktien und Anleihen sind diversifizierende Alternativen dringend notwendig. Investitionen in die Assetklasse Volatilität bieten in diesem Kontext eine Lösungsmöglichkeit, um ein klassisches Portfolio krisenfester zu gestalten. Denn Volatilität liefert jenen Baustein, welcher der Autor und ehemalige Volatilitätshändler Nassim Taleb als “Antifragilität” beschreibt. Der Begriff der “Antifragilität” geht in seiner Definition über die Interpretation einer robusten Portfolio-Komponente hinaus. Antifragile Investitionen sollen im Krisenfall nicht nur Stabilität in die Allokation bringen, sondern einen substanziellen Mehrwert liefern. Märkte wenig effizientNeben der Eigenschaft Antifragilität sollten Investoren beachten, dass die Volatilitätsmärkte keine effizienten Märkte sind – Volatilitäten sind im Verhältnis zueinander oft falsch bepreist. So handelte im Januar 2016 z. B. die implizite Einjahresvolatilität auf den Stoxx 600 Banks (Price) Index auf dem gleichen Niveau wie der Euro Stoxx 50 Index. Im gleichen Monat revidierten Marktteilnehmer aufgrund der Kursverwerfungen an den Aktienmärkten ihre Einschätzung drastisch. Die genannte Differenz beider Volatilitäten stieg von 0 % auf 8 %. Zwar ist der Volatilitätsmarkt vornehmlich institutionellen Investoren vorbehalten, jedoch sollten auch Privatanleger verfügbare Produkte in Erwägung ziehen, um ihre Altersvorsorge zu diversifizieren. Die größte US-amerikanische Terminbörse, die Chicago Board of Options Exchange (CBOE), hat in Zusammenarbeit mit dem Fondsdatenanbieter Eurekahedge eine bislang einzigartige Serie an Volatilitätsindizes publiziert. Neben der Identifikation konkreter Produkte ist es Investoren somit möglich, die Wirkungsweise von gleichartigen Volatilitätsprodukten im Rahmen ihrer Gesamtallokation zuverlässig zu quantifizieren. Einklang mit der GeldpolitikWie in den vergangenen Jahren wird sich eine Assetallokation, welche im Einklang mit den Auswirkungen der Geldpolitik maßgeblicher Zentralbanken steht, als überlegen erweisen. Vor einigen Wochen erneuerte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ihre Warnung, dass die ihr untergeordneten Zentralbanken mitverantwortlich für den volatilen Jahresauftakt an den Finanzmärkten seien. Mit Blick auf die Zukunft bemerkte der Leiter der Wirtschaftsabteilung der BIZ, Claudio Borio, dass der Jahresbeginn nur der Anfang von weiteren zu erwartenden Verwerfungen an den zunehmend fragiler werdenden Kapitalmärkten sei. Zentralbanken könnten also unfreiwillig zu den größten Unterstützern von Long-Volatilitätsstrategien werden.—-Daniel Danon, Portfoliomanager bei Assenagon —-Tobias Knecht, Portfoliomanager bei Assenagon