Investoren favorisieren 2022 ESG-ETFs
kjo Frankfurt
Globale Exchange Traded Funds (ETFs) haben 2021 mit einem verwalteten Vermögen von annähernd 10 Bill. Dollar und über 1 Bill. Dollar an neuen Nettozuflüssen ein Rekordjahr erlebt. Auch im Vorjahr wurden bereits Rekordwerte erreicht, als sich ETFs wohl durch den Volatilitätstest der Corona-Pandemie als geeignetes Instrument für eine effiziente Risikoübertragung auf volatilen Märkten etablierten. Der Vermögensverwalter Franklin Templeton sieht nun in diesem Jahr am ETF-Markt insbesondere drei Trends auftreten.
Krise als Bewährungsprobe
Erstens: ETFs auf kurzlaufende Anleihen werden 2022 laut Franklin Templeton den größten relativen Zuwachs verzeichnen. Der März des Jahres 2020 und die erhöhte Volatilität durch den Beginn der Corona-Pandemie würden weithin als die jüngste Bewährungsprobe gelten, die für die breite Akzeptanz des ETF-Instruments noch erforderlich gewesen sei. Die volatile Phase habe ein positiveres Licht auf Anleihen geworfen und gezeigt, wie die ETF-Struktur erfolgreich von Anlegern eingesetzt werden könne, die in angespannten Zeiten Liquidität suchen würden.
Diese Eigenschaft sei für viele Anleger während der jüngsten pandemiebedingten Volatilitätsschübe entscheidend gewesen. „Und aus unserer Sicht verstärken die Rekordzuflüsse in ETFs in den vergangenen beiden Jahren die Argumente für den Einsatz der ETF-Struktur als Kern-, Liquiditäts- und taktisches Instrument, das vielen Anlegern hilft, ihre Anlageziele im Anleihenbereich zu erreichen“, sagt Jason Xavier, Head of EMEA ETFs Capital Markets bei Franklin Templeton.
Während sich das wirtschaftliche Umfeld ändert und die Volkswirtschaften sich wieder öffnen, positionieren sich laut Xavier viele Anleger offenbar in Erwartung der Zentralbankreaktionen auf die Inflationsspitzen. Da der Markt für 2022 steigende Zinsen erwarte, dürften sich viele Anleger also weiterhin am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve positionieren. „Daher sind wir der Meinung, dass ETFs mit kurzer Duration sich dieses Jahr wahrscheinlich besser entwickeln werden als breiter angelegte Produkte auf langlaufende Anleihen“, sagt er.
Zweitens: Für ETFs im ESG-Bereich werden sich die Zuflüsse erneut verdoppeln. Voriges Jahr wies laut Franklin Templeton fast jeder neu aufgelegte ETF einen ESG-Schwerpunkt auf, und die Dynamik der ESG-Anlagen in Europa beherrscht weiterhin viele Diskussionen. „Es war erneut ein Rekordjahr für die Mittelzuflüsse in europäische ESG-ETFs. Die Nettozuflüsse verdoppelten sich von 43 Mrd. Dollar im Jahr 2020 auf 87 Mrd. Dollar im Jahr 2021. Die Einführung der neuen Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor – kurz SFDR – der Europäischen Union gab der Entwicklung Aufwind, und ich sehe keinen Grund für ein Ende dieses Trends“, führt Xavier weiter aus.
Steigendes Interesse
Er erwartet jedoch ein steigendes Interesse der Anleger an ETFs, die als Fonds nach Artikel 9 der SFDR klassifiziert sind. Ebenso dürften ESG-ETFs, die messbare Wirkungen anbieten, einen größeren Anteil der diesjährigen Zuflüsse ausmachen. Im Anleihebereich erwartet die EU in den nächsten vier Jahren laut Franklin Templeton die Emission von grünen Anleihen im Umfang von mehr als 200 Mrd. Euro. Dies sei eine gute Gelegenheit für Anleger, die mit ihrem Investment etwas bewirken möchten. „Im Aktienbereich gehen wir derweil davon aus, dass Produkte mit einem Fokus auf Qualität dieses Jahr den Löwenanteil der Zuflüsse ausmachen werden“, so Xavier.
Seltenes Szenario
Drittens: Schwellenländer, welche die Lieferkettenprobleme durch die aufgestaute Nachfrage angehen, werden einen Aufschwung erleben. Die globalen Lieferkettenprobleme seien weiterhin das beherrschende Thema für viele von Importen aus Übersee abhängige Unternehmen und die wesentliche Ursache der steigenden Frachtkosten weltweit. „Von Halbleitern bis Industrieanlagen – die Probleme betreffen Verbraucher wie Unternehmen auf der ganzen Welt. Dieses Szenario ist so selten, dass selbst der Markt für Gebrauchtwagen in Großbritannien aufgrund der Knappheit an Neufahrzeugen zum ersten Mal in meinem Leben nach oben tendiert“, sagt Xavier. Die Fertigungszentren der Welt würden weiterhin vor allem in den Schwellenländern liegen. „Deutschland einmal ausgeklammert, ist die globale Lieferkette in hohem Maße von China, Südkorea und Taiwan abhängig.“
Während einige glauben würden, dass sich dieses Problem über mehrere Jahre hinziehen werde, würden andere eine Normalisierung gegen Ende des Jahres erwarten. „Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass ETFs für einzelne Export-Schwellenländer dieses Jahr jene überflügeln werden, die weniger auf wichtige Exportgüter ausgerichtet sind, und dass das verwaltete Vermögen der entsprechenden ETFs steigen wird“, so Xaviers Prognose.