Investoren fliehen aus Basismetallen

LME-Index fällt auf Sechs-Jahres-Tief - China-Konjunktur belastet - Preisrückgang gilt aber als übertrieben

Investoren fliehen aus Basismetallen

Die schwache Konjunktur in China sowie die Flucht der Finanzinvestoren aus den Industriemetallen sorgen für rückläufige Notierungen im dem Segment. Preisdrückend wirken auch die bevorstehende erste US-Leitzinsanhebung sowie der griechische Schuldenstreit.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtFinanzinvestoren haben derzeit an Industriemetallen wenig Freude. Die Preise zeigen bei fast allen Metallen aus diesem Bereich Richtung Süden. Der Industriemetallindex der London Metal Exchange (LME) ist aktuell auf den niedrigsten Stand seit sechs Jahren gefallen (vgl. Grafik). Gegenüber seinem Höchststand im Jahr 2011 hat der Index inzwischen 41 % eingebüßt.Aus fundamentaler Sicht reagieren die Industriemetallpreise auf die Konjunkturflaute in China. Das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte dürfte nach den Erwartungen der Notenbank People’s Bank of China (PBOC) nur noch 7 % betragen, was der schwächste Wert seit sechs Jahren ist. Es besteht sogar Deflationsgefahr: So hat die Zentralbank die Prognose für die Inflationsrate von 2,2 % auf 1,4 % zurückgenommen. Im Mai sind die Verbraucherpreise um gerade 1,2 % gestiegen, während das Inflationsziel der PBOC bei 3 % liegt. Bislang ist auch noch nichts zu sehen von den von vielen Marktteilnehmern erhofften staatlichen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung. Peking hatte zwar vor einigen Monaten verstärkte Investitionen in die Infrastruktur des Landes angekündigt. Dieser Effekt ist am Markt aber längst verflogen.Nicht gerade preisstützend wirkt auch die bevorstehende erste Leitzinsanhebung durch die amerikanische Notenbank Federal Reserve, die viele Anleger nun für Mitte September erwarten. Zudem belastet die Hängepartie im griechischen Schuldenstreit, da nicht auszuschließen ist, dass ein “Grexit” Schockwellen auslöst und Auswirkungen auf die europäische Konjunktur hat. Geduld verlorenDie jüngste Schwäche ist nach Ansicht von Rohstoffanalysten auch auf den Rückzug von Finanzinvestoren zurückzuführen, die offenbar die Geduld mit der Marktentwicklung verloren haben. Sichtbar wird dies an dem Rückgang der Netto-Long-Kontrakte an den amerikanischen Rohstoffterminbörsen. Wie die Analysten der Commerzbank ermittelt haben, hat sich die Zahl dieser Kontrakte bei Kupfer und Nickel in den vergangenen fünf Wochen halbiert. Bei Zinn habe es im Wochenvergleich eine Reduzierung der Positionen um 10 % gegeben. Bei Aluminium, Zink und Blei handele es sich bereits um den fünften wöchentlichen Rückgang in Folge. Bei den meisten Industriemetallen ist die Preisentwicklung im laufenden Jahr wenig erfreulich. So hat sich Kupfer seit Anfang Januar um 9,3 % verbilligt. Die Notierung ist längst wieder unter 6 000 Dollar je Tonne gefallen. Über diese vielbeachtete Marke war der Kupferpreis im Rahmen der inzwischen abgebrochenen Erholung im Frühjahr geklettert, als er bis auf rund 6 400 Dollar gestiegen war. Am Mittwoch gab Kupfer leicht um 0,1 % auf 5 753,50 Dollar nach. Im Jahresverlauf ebenfalls rückläufig sind die Preise bei Aluminium (-8 %), Blei (-9 %), Nickel (-18 %), Zinn (-4 %) und Zink (-9 %).Trotz der Konjunkturschwäche in China gibt es aber möglicherweise Hoffnung für Investoren. So sind die Analysten der Commerzbank davon überzeugt, dass der Preisrückgang inzwischen übertrieben ist. Zwar würden die Preise wohl unter Druck bleiben, solange die spekulativen Finanzinvestoren den Metallen gegenüber pessimistisch gestimmt seien. “Sollte die Stimmung drehen, könnte dies ein Sprungbrett für deutlich höhere Preise sein”, vermuten sie. Und bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) geht man davon aus, dass die Anpassungen auf der Angebotsseite allmählich preisstützend wirken.