KREDITWÜRDIG

Italienische Banken im Stress

Von Alex Constanze Steinmann *) Börsen-Zeitung, 11.8.2016 Im Frühjahr 2016 war der private Rettungsfonds Atlante gegründet worden, um kriselnden italienischen Banken bei Kapitalerhöhungen zu helfen oder auch um notleidende Kredite abzukaufen....

Italienische Banken im Stress

Von Alex Constanze Steinmann *)Im Frühjahr 2016 war der private Rettungsfonds Atlante gegründet worden, um kriselnden italienischen Banken bei Kapitalerhöhungen zu helfen oder auch um notleidende Kredite abzukaufen. Nachdem sein ursprüngliches Volumen von 4,25 Mrd. Euro nach ersten Hilfsaktionen schnell auf nur mehr 1,75 Mrd. Euro zusammengeschrumpft ist, jetzt aber wieder frische Mittel benötigt werden, sollte ein nächster Fonds namens “Atlante 2” bis zum 8. August mit Geldern privater Investoren von “bis zu 5 Mrd. Euro” ausgestattet werden. Ziel bisher verfehltDie zum Closing erzielte Summe fällt mit 1,715 Mrd. Euro allerdings deutlich geringer aus. So haben zwar einige heimische Banken und Versicherer – wie schon zuvor in Atlante – auch in den neuen Rettungsfonds eingezahlt, die privaten Pensionskassen waren aber kurzfristig wieder abgesprungen, und ausländische Investoren konnten bislang überhaupt nicht von einem Investment in Atlante 2 überzeugt werden.Noch geben sich die Vertreter des Fonds und der italienischen Regierung aber zuversichtlich: Weitere Mittel könnten bei den nächsten Finanzierungsrunden Ende September 2016 und im Juli 2017 aufgebracht werden.Zusätzlich zu den neu aufgenommenen Geldern sollen auch noch mindestens 800 Mill. Euro aus Atlante an Atlante 2 übertragen werden, so dass sich ein – vorläufiges – Gesamtvolumen des neuen Fonds von rund 2,5 Mrd. Euro ergibt.Dringend nötig war die Aufstockung von Atlante beziehungsweise die Neugründung eines Nachfolgemodells geworden, da der Ende Juli vorgestellte Sanierungsplan von Banca Monte dei Paschi di Siena (BMPS) den Ankauf der Mezzanine-Tranchen der zuvor ausgelagerten und dann verbrieften notleidenden Kredite der Bank im Volumen von 1,6 Mrd. Euro vorsieht. Die Senior-Tranchen, die – sofern sie ein Investment-Grade-Rating erhalten – noch mit einer Staatsgarantie versehen werden, sollen dagegen am Markt platziert und die Junior-Tranchen von den Aktionären der Bank übernommen werden.Im Gegensatz zur ersten Auflage von Atlante soll der neue Fonds ausschließlich zum Ankauf notleidender Kredite genutzt werden. Er wird die Papiere nicht zum Buchwert übernehmen, wohl aber einen attraktiveren Preis zahlen, als er derzeit am Markt erzielt werden könnte. Rendite von 6 Prozent p. a.Zwar konnte Atlante 2 mit frischen Mitteln privater Geldgeber und einem Restbetrag aus dem “alten” Atlante gefüttert werden, als wirklich erfolgreich kann die Aktion aber nicht bezeichnet werden. Denkbar knapp ist die Ausstattung des neuen Rettungsfonds ausgefallen; wenn überhaupt haben sich die Investoren, obwohl mit einer Rendite von 6 % pro Jahr gelockt worden war, nur zögerlich beteiligt.Wie schon bei Atlante, dessen Mittel größtenteils zur Rettung zweier kriselnder Genossenschaftsbanken genutzt wurden, wird nun auch Atlante 2 – zumindest in seiner anfänglichen, eher mageren Ausstattung – vor allem einem einzelnen Institut und damit nur indirekt dem gesamten Bankensystem zugutekommen.Zwar wird der gesamte italienische Bankensektor von einer Stabilisierung der kriselnden BMPS profitieren – dies ist ja letztlich auch die einzige Motivation der privaten Geldgeber -, die Mittel beider Atlante-Fonds dürften aber weiterhin nicht ausreichen, um den Markt grundsätzlich hinsichtlich der Verarbeitung der umfangreichen Volumina zahlungsgestörter Kredite, die italienische Banken in ihren Bilanzen halten, zu beruhigen.So hangelt man sich weiter von Einzelfall zu Einzelfall, eine durchschlagende Lösung oder der große Befreiungsschlag ist aber weiterhin nicht in Sicht. Sollte eine nächste Bank in akute Schieflage geraten und eine Verlustbeteiligung von Gläubigern, welche die italienische Regierung zumindest derzeit noch vermeiden möchte, drohen, ist eine weitere kurzfristige Einzelfall-Lösung zu erwarten. Sanierungserfolg ungewissDie erfolgreiche Umsetzung des kompletten Sanierungsplans bei BMPS ist mit der nun erfolgten Ausstattung von Atlante 2 allerdings noch nicht gewährleistet. Zwar können mit den neuen Geldern die Mezzanine-Tranchen der ausgelagerten und verbrieften notleidenden Kredite übernommen werden, doch es ist noch immer unklar, ob es gelingen wird, die Senior-Tranchen im Volumen von 6 Mrd. Euro wie geplant am Markt zu platzieren.Bei der Transaktion, die bis zum Jahresende durchgeführt werden soll, handelt es sich immerhin um die erste großvolumige Verbriefungstransaktion notleidender Kredite in Italien seit Ausbruch der Finanzmarktkrise. Unter anderem könnten sich politische Unruhen, die im Zusammenhang mit dem Referendum über eine weitreichende Verfassungsreform von Premierminister Matteo Renzi im Spätherbst drohen, und damit einhergehende Turbulenzen an den Kapitalmärkten negativ auf den Verkaufsprozess auswirken.Schließlich hängt von der erfolgreichen Auslagerung und Verbriefung der notleidenden Kredite dann auch der Erfolg der anschließenden Kapitalerhöhung von BMPS ab, die ein Bankenkonsortium nur dann garantiert, wenn zuvor Verbriefung und Verkauf der notleidenden Kredite wie im Sanierungsplan festgelegt durchgeführt werden konnten beziehungsweise wenn die Kapitalerhöhung erfolgreich vorvermarktet werden kann. Angesichts des Volumens von 5 Mrd. Euro, immerhin deutlich mehr als das Sechsfache des aktuellen Marktwerts der Bank, ist dies keine Selbstverständlichkeit. Es gibt keinen Plan BWährend eine erfolgreiche Umsetzung des gesamten Sanierungsplans sich vor allem positiv auf das Risikoprofil und damit auf die Bonität von BMPS auswirken würde, hätte ein Scheitern des Plans massive negative Auswirkungen nicht nur für die Bank, sondern für den gesamten italienischen Bankensektor. BMPS selbst sagt, dass es keinen Plan B gibt. Ein Scheitern des hier dargestellten Sanierungsplans könnte daher einen Bail-in und damit auch die Beteiligung bestimmter Gläubigergruppen an Verlusten zur Folge haben. Vorerst dürfte das Umfeld für italienische Banken also weiterhin angespannt bleiben.—-*) Alex Constanze Steinmann ist Senior-Bankanalystin bei der DZ Bank.