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It's not the Fed, stupid!

Der deutsche Aktienmarkt hat sich zuletzt wieder deutlich erholt. Gegenüber dem Zwischentief vom 27. Juli hat er inzwischen fast 500 Indexpunkte gutgemacht. Nimmt man das Tief von Anfang Juli als Maßstab, so beträgt der Anstieg sogar rund 700...

It's not the Fed, stupid!

Der deutsche Aktienmarkt hat sich zuletzt wieder deutlich erholt. Gegenüber dem Zwischentief vom 27. Juli hat er inzwischen fast 500 Indexpunkte gutgemacht. Nimmt man das Tief von Anfang Juli als Maßstab, so beträgt der Anstieg sogar rund 700 Zähler. Nicht wenige Marktteilnehmer fragen sich daher, ob der Dax nach der Korrektur vom Frühjahr und der darauffolgenden Seitwärtsbewegung nun das Zeug hat, erneut das Rekordhoch bei 12 390,75 Punkten ins Visier zu nehmen.Eine Institution dürfte dem Aktienmarkt dabei wohl nicht im Weg stehen: die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed). Auch wenn sie im September zur Tat schreiten und erstmals wieder den Leitzins anheben sollte, die Auswirkungen auf den europäischen Aktienmarkt sollen sich in Grenzen halten. Dafür gibt es mehrere Gründe. So ist nämlich nicht damit zu rechnen, dass die US-Notenbanker quasi auf Dauerfeuer gehen und mit einer ganzen Serie von Anhebungen den Leitzins weit nach oben treiben werden. Die Fed-Chefin Janet Yellen hat mehr als einmal deutlich gemacht, dass sie mit größter Vorsicht ans Werk gehen wird, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Robuster ZuwachsNach wie vor ist es übrigens keine ausgemachte Sache, dass die Fed im September an der Zinsschraube dreht. Im Juli hat es am US-Arbeitsmarkt gemäß den am Freitag vorgelegten Zahlen der Regierung einen robusten Beschäftigungszuwachs von 215 000 Stellen gegeben – auch wenn die Konsensschätzung der Ökonomen von 225 000 zusätzlichen Jobs leicht verfehlt worden ist. Der Anstieg des durchschnittlichen Stundenlohns, den die Fed stets im Blick hat, ist mit 0,2 % aber nicht so hoch, als dass die Fed daraus eine direkte Handlungsanweisung entnehmen müsste.Zudem sind die USA für die Unternehmen im Dax zwar ein wichtiger Markt, aber längst nicht der kriegsentscheidende. Viele Dax-Konzerne sind auf die Emerging Markets – allen voran China – und natürlich auf die Eurozone ausgerichtet. Die US-Konjunkturentwicklung wird eher moderat auf die Unternehmensgewinne und damit die Aktienkurse durchschlagen. In Abwandlung des bekannten Bonmots des US-Präsidentenberaters James Carville (“It’s the economy, stupid!”) lässt sich für die Perspektiven des deutschen und europäischen Aktienmarktes also sagen: “It’s not the Fed, stupid!” Wenn also die Fed dem Dax nicht im Weg steht, so wird es auf andere Faktoren ankommen. Zu nennen sind dabei vor allem die Unternehmenserträge. Wie die Analysten der DZ Bank ermittelten, haben in der allmählich zu Ende gehenden Quartalssaison die Erlöse und die Gewinne der Dax-Unternehmen die Erwartungen der Analysten um rund 4 % übertroffen. Angesichts eines durchschnittlichen Umsatzwachstums von 12 % und eines Anstiegs der Ergebnisse je Aktie um im Mittel 14 % dürfte noch Luft für weitere Kursgewinne sein.Und was die Bewertungen betrifft, so sind diese mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis des Dax auf Basis der Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate von 13,8 zwar nicht gerade niedrig, aber auch nicht stark strapaziert. Die Spanne der Dax-Bewertungen der vergangenen fünf Jahre reicht jedenfalls bis fast 16. Damit dürfte beim Dax Luft sein bis über 12 000 Punkte, aber wohl nicht über das Rekordhoch hinaus, weil dann die Bewertungen doch wieder in luftige Höhen entrücken würden.Zudem gibt es zwei Risikofaktoren, die nicht unterschätzt werden sollten. Zum einen ist das neue Hilfspaket für Griechenland noch längst nicht in trockenen Tüchern. Auf Seiten der Troika gibt es genügend Meinungsverschiedenheiten, so dass sich das Paket so lange verzögern könnte, bis die Marktteilnehmer wieder nervös werden. China als GefahrDie größere Gefahr geht jedoch von China aus. Die Regierung hat bei der Bekämpfung des Kurssturzes an den Festlandsbörsen keine übermäßig gute Figur gemacht. Es ist durchaus denkbar, dass Peking die Kontrolle über den Aktienmarkt wieder entgleitet. Vor allem aber sieht die konjunkturelle Lage alles andere als rosig aus. Während offiziell von 7 % Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr die Rede ist, werden von unabhängigen Ökonomen Schätzungen zwischen 1,5 und 5 % herumgereicht. Die Konjunkturflaute hat Analysten bereits zur Reduzierung ihrer Gewinnschätzung der deutschen Autokonzerne veranlasst.Wie immer sich die Fed im September entscheidet, der Dax hat noch Luft nach oben – sofern die Lage in China nicht aus dem Ruder läuft.