J.P. Morgan fokussiert US-Spätzyklus

Assetmanager legt Investoren sieben Marktstrategien ans Herz - Neutrale Aktienpositionen empfohlen

J.P. Morgan fokussiert US-Spätzyklus

Im aktuellen Umfeld richten die Kapitalmarktexperten von J.P. Morgan Asset Management ihren Blick auf den Spätzyklus der US-Konjunktur. Sie legen Investoren sieben Strategien ans Herz, wie sie derzeit an den Märkten verfahren sollen. So empfehlen sie neutrale Aktienpositionen. Bei Wachstumstiteln sollten Reduktionen vorgenommen werden, Barmittel bieten Stabilität.kjo Frankfurt – Wirtschaftliche Wachstumsphasen finden bekanntermaßen eines Tages ein Ende: Die USA erleben ihre zweitlängste wirtschaftliche Expansion, die bereits zehn Jahre andauert. Und auch wenn derzeit kein Ende in Sicht ist, stellt sich für Anleger die Frage, wie lange sie noch anhalten wird. Laut Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, spricht vieles dafür, dass sich die US-Konjunktur mittlerweile im Spätzyklus befindet. Globale Auswirkungen”Für Anleger wird die Frage, was zu tun ist, wenn der US-Aufschwung endet, mit fortschreitender Dauer der Expansion immer dringlicher. Sie stehen vor dem Dilemma, dass Aktienmärkte in Spätzyklen einerseits durchaus attraktive Renditen zu bieten haben. Andererseits gibt es, sobald der Aufschwung in den USA endet, meist negative und globale Auswirkungen auf die Kapitalmärkte”, sagt Galler. Wer sein Portfolio bereits jetzt defensiver ausrichten will, sollte nach Ansicht des Experten dabei einige Aspekte beachten.So sei der Punkt, an dem sich der Spätzyklus in den USA aktuell befinde, nicht exakt zu bestimmen. “Die US-Arbeitslosenquote ist auf dem niedrigsten Stand seit fast fünfzig Jahren. Das legt nahe, dass sich der Aufschwung seinem Ende nähert. Dank gestiegener Produktivität und gedämpften Lohnwachstums sind die Unternehmensgewinne aber noch nicht unter Druck geraten”, so Galler. Selbst wenn man die Auswirkungen der gesunkenen Körperschaftsteuer nicht berücksichtige, hätten die Gewinne der S&P-500-Unternehmen im zweiten Quartal solide zweistellige Zugewinne verzeichnet. Doch da die US-Notenbank Fed die Zinsen allmählich anhebe, würden insbesondere Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren verstärkt verschuldet hätten, zunehmend belastet. Und die höheren Zinsen könnten sich durchaus gerade dann bemerkbar machen, wenn die fiskalpolitischen Anreize allmählich auslaufen, so die Einschätzung.Auch wenn der Beginn der nächsten Rezession nicht auf ein exaktes Datum festzulegen sei, spreche einiges dafür, dass der nächste Rückgang der Wirtschaftsleistung moderater ausfallen werde als in der Finanzkrise. “Die Stabilisierung des Bankensystems und die aktuelle Abwesenheit von extremen Bewertungsblasen lassen eine traditionelle Rezession wie in den 80er und 90er Jahren erwarten, bei der die Unternehmensgewinne letztendlich durch steigende Zins- und Lohnstückkosten unter Druck geraten”, so der Experte. Bescheidene ErwartungenDie Erwartungen der Aktienmärkte in Bezug auf zukünftiges Wachstum seien heute deutlich bescheidener, als sie es vor der Dotcom-Blase gewesen seien. Im März 2000 habe der S&P-500-Technologiesektor seinen Höchststand mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 55 erreicht, während der Aktienmarkt insgesamt ein KGV von 25 aufgewiesen habe. Während einige Technologieunternehmen heute sehr hohe Bewertungen hätten, weise der Technologiesektor insgesamt ein KGV von 19 auf, und das S&P-500-KGV entspreche weitgehend dem Durchschnitt der vergangenen 25 Jahre.In der Vergangenheit hätten sich Anleger, die die Stabilität ihres Portfolios erhöhen wollten, oft für eine stärkere Gewichtung in Staatsanleihen entschieden. “Dadurch konnten Verluste des Gesamtportfolios bei Aktienmarktrückgängen abgefedert werden. Heutzutage sind die Zinsen in den meisten Industrieländern jedoch immer noch rekordverdächtig niedrig”, so Galler. Er verweist zum Beispiel auf die durchschnittlichen Leitzinssätze in den USA, der Eurozone und Großbritannien. Sie fielen etwa von rund 5,5 % im Jahr 2000 auf weniger als 2 % im Jahr 2003 und anschließend von 4,7 % im Jahr 2007 auf weniger als 0,5 % im Jahr 2009. “Da die derzeitigen Leitzinsen durchschnittlich nur bei 0,8 % liegen, gibt es ganz offensichtlich keinen Spielraum mehr für Zinssenkungen dieser Größenordnung”, sagt Galler.Allein der US-Markt für Staatsanleihen biete einen gewissen Puffer, da die Zinsen bereits in einigen Schritte erhöht wurden. “Fällt die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe von 2,9 % auf 1,5 %, dann ergäbe sich daraus ein Ertrag von rund 15 %. Weniger offensichtlich ist, wo Anleger auf den europäischen Staatsanleihenmärkten sichere Häfen finden könnten. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe liegt gerade einmal bei um die 0,5 %”, sagt der Experte. Defensive AusrichtungAngesichts dieser Ausgangslage und unter Berücksichtigung der Entwicklung verschiedener Anlageklassen und Sektoren in der Vergangenheit sieht Galler sieben Strategien als geeignet an, wenn Anleger ihre Portfolios defensiver ausrichten wollen. Erstens: Nahezu neutrale Aktienpositionen, jedoch Untergewichtungen vermeiden, da Aktienmärkte am Ende des Zyklus tendenziell gut abschneiden.Zweitens: Bei Aktien regional und damit gestreut investieren. Eine Verschiebung bei der regionalen Allokation könne die Wertentwicklung im Falle einer Marktkorrektur nur selten abfedern. Drittens: Gewichtungen in Aktien mittlerer und kleinerer Marktkapitalisierung abbauen, denn Large Caps würden bei einem Abschwung tendenziell besser abschneiden. Wachstumstitel reduzierenViertens: Wachstumstitel reduzieren, erstklassige Aktien und Substanzwerte (Value) aufstocken. Qualitätsaktien seien der einzige Anlagestil, der bei jedem Abschwung der vergangenen Jahre besser als der Index abgeschnitten habe. Substanzwerte würden den Index üblicherweise bei fallenden Märkten schlagen. Eine Ausnahme stelle die weltweite Finanzkrise dar. Dies sei jedoch auf die hohe Gewichtung von Finanzwerten im Substanzwertindex während einer Krise des Finanzsystems zurückzuführen gewesen. Value-Aktien hätten sich normalerweise besser als Wachstumstitel (Growth) entwickelt, wenn es während des Zeitraums unmittelbar vor einem Abschwung einen deutlichen Anstieg der relativen Bewertung von Wachstumstiteln gegeben habe. Bares bietet StabilitätFünftens: Anleger sollten Anleihenstrategien wählen, die flexibel über Regionen, Laufzeiten und Risiken investieren können. Die Fähigkeit, Verschiebungen zwischen Segmenten vorzunehmen, sei entscheidend, um von Märkten profitieren zu können, die Spielraum für Zinssenkungen durch Zentralbanken bieten. Sechstens: Barmittel und kurzfristige Liquiditätsinstrumente können Stabilität bieten.Siebtens: Investoren sollten nach Ansicht der Assetmanager Strategien mit niedriger Korrelation zu Risikoanlagen in Betracht ziehen, wie etwa Makro-Strategien und Long-/Short-Aktienlösungen insbesondere mit der Möglichkeit, ihr Netto-Aktienengagement auf null zu reduzieren.