J.P. Morgan: Reise weniger angenehm

Assetmanager sieht durch höhere US-Zinsen und stärkeren Dollar Herausforderungen für Schwellenländer

J.P. Morgan: Reise weniger angenehm

Durch die höheren US-Zinsen und die Befestigung des Dollar wird die Reise an den Märkten im zweiten Halbjahr nicht mehr so angenehm verlaufen. Das ist die Einschätzung von J.P. Morgan Asset Management. Schwellenländer werden vor Herausforderungen gestellt. Die Dollarstärke sollte aber nicht nachhaltig sein.kjo Frankfurt – Die Konjunktur befindet sich weltweit nach wie vor im Wachstumsmodus. In den großen Wirtschaftszonen USA, Euroraum, Japan und China liegt das Wachstum weiterhin über Trend, was im vergangenen Jahr die Anlagemärkte so ertragreich gemacht hat. Dies schlägt sich in soliden Unternehmensgewinnen nieder und das Wachstum habe auch die Konsumausgaben und Unternehmensinvestitionen wieder ansteigen lassen, so die Einschätzung der Anlageexperten von J.P. Morgan Asset Management. Aktuell sei die größte Sorge der Marktakteure ein internationaler Handelsstreit. Das Basisszenario des Assetmanagers ist, dass die Auseinandersetzungen nicht zu einem ausgewachsenen Handelskrieg eskalieren. Obwohl “billige” Importe einige Sektoren und Arbeitnehmer in den USA vor Probleme stellen würden, profitiere die überwiegende Mehrheit der US-Haushalte von den niedrigeren Preisen. Vieles hänge davon ab, wie die Politik im Land aufgenommen werde, während der Termin der Zwischenwahlen näher rücke. Die Unsicherheit allein spreche für eine vorsichtigere Einstellung zu Risikoanlagen. Sorgen um den WelthandelDie USA seien zusätzlich auch aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen, was den Ölpreis auf 80 Dollar/Barrel erhöht habe. Handelssorgen und höhere Ölpreise würden die Stimmung in Europa belasten. Unter japanischen Unternehmen, die ähnlich sensibel auf die Entwicklungen im Handel und des Ölpreises reagieren würden, habe sich die Stimmung vergleichbar verschlechtert. Der Assetmanager geht davon aus, dass die Sorgen um den Welthandel abnehmen und die treibenden Kräfte hinter dem Aufschwung sich in der zweiten Jahreshälfte in Europa wieder durchsetzen werden. Die Experten von J.P. Morgan Asset Management richten den Blick auch auf die Brexit-Verhandlungen. Sie rechnen damit, dass auf dem Gipfeltreffen am 18. und 19. Oktober ein Brexit-Abkommen vereinbart wird, das den freien Handel mit Waren und Dienstleistungen aufrechterhält. Angesichts der erforderlichen Zugeständnisse von einigen Teilen der britischen konservativen Partei mag ein solches positives Ergebnis in den kommenden Wochen nicht offenkundig erscheinen. Die Schlagzeilen dürften sich eher noch verschlechtern, bevor sie besser werden. BoE hebt auch 2019 weiter anSollten sich diese Erwartungen als richtig erweisen, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die britischen Märkte haben: “Wir würden dann eine Aufwertung des britischen Pfund auf breiter Basis erwarten. Zu einer Zeit, in der die Reallöhne steigen, würde dies wiederum die Inflation in Großbritannien senken. Die Aussichten für den britischen Verbraucher könnten sich im kommenden Jahr deutlich verbessern. Nicht zuletzt wegen der Arbeitslosigkeit, die auf einem Zehnjahrestief liegt, dürfte sich immer klarer zeigen, dass die Wirtschaft eine derart lockere Geldpolitik nicht braucht. Wir gehen davon aus, dass die Bank of England im November den Leitzins um 25 Basispunkte (BP) anheben wird und im nächsten Jahr zwei weitere Zinsschritte folgen”, heißt es in einer Einschätzung des Assetmanager.Während in Europa und Japan Risse im Wachstum aufgetreten seien, würden die USA mit voller Kraft voranschreiten, während sich die Impulse aus der Steuer- und Arbeitsmarktreform und durch die zusätzlichen Staatsausgaben langsam entfalten würden. “Dadurch, dass die ertragsteuerlichen Auswirkungen voraussichtlich im ersten Halbjahr 2019 am stärksten zu spüren sein werden, können die fiskalpolitischen Anreize den Zyklus in den USA trotz fortgeschrittenen Alters um ein weiteres Jahr verlängern”, meinen die Experten bei J.P. Morgan. Der jüngste Anstieg des Ölpreises dürfte ihrer Ansicht nach auch dem in den USA großen Schiefersektor Auftrieb verleihen und die geringeren Konsumausgaben durch die höhere Belastung der Verbraucher zumindest teilweise kompensieren. Es bestehe weiterhin das Risiko, dass durch diesen zusätzlichen Wachstumsschub – zumal die Arbeitslosigkeit bereits niedrig sei – die Inflation stärker ansteige als das Wachstum. Obwohl die Arbeitslosenquote in den USA unter 4 % liege, sei das Lohnwachstum immer noch moderat. Durch die Kräfte der Globalisierung und die Furcht der Arbeitnehmer vor einer Automatisierung dürften die Löhne ihrer Meinung nach weiterhin nur recht verhalten zulegen. Auch in Japan habe die Arbeitslosigkeit in den vorigen Jahrzehnten meist unter 4 % gelegen, ohne dass das Lohnwachstum angezogen habe.Auch ohne einen nennenswerten Anstieg der zugrunde liegenden Inflation dürfte die Fed ihre Geldpolitik mit Zinsanhebungen um etwa 25 BP pro Quartal weiter normalisieren, prognostiziert J.P. Morgan. Angesichts der hartnäckig niedrigen Kerninflation in anderen Industrieländern erscheine es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die Bank of Japan oder die Europäische Zentralbank in absehbarer Zeit mit höheren Zinssätzen folgen werde. Dadurch würden die Renditen in den USA im Vergleich zu Staatsanleihen anderer Industrieländer zunehmend attraktiv. “Hinzu kamen die höheren geopolitischen Spannungen, welche die Risikobereitschaft bremsen, so dass der US-Dollar im Mai deutlich zulegte. Wir rechnen jedoch nicht mit einem Anhalten dieser Stärke. Unseres Erachtens werden andere wichtige Wirtschaftsregionen, darunter Europa und Japan, weiter solide wachsen. Irgendwann im kommenden Jahr wird das Kapital dann wieder in diese Märkte zurückfließen. Und auf längere Sicht werden das hohe Handelsdefizit und die scheinbar immer höhere Staatsverschuldung der USA den Dollar belasten”, so die Prognose. Auslandsschulden im BlickHöhere US-Zinsen und ein stärkerer Dollar würden einige Schwellenländer kurzfristig vor Probleme stellen. Dabei seien die Länder mit hohen Auslandsschulden – vor allem Öl importierende Länder – und relativ begrenzten Währungsreserven am stärksten gefährdet. Diese Länder – insbesondere Argentinien und die Türkei – würden sich gezwungen sehen, die Zinssätze anzuheben, um ihre Währungen zu verteidigen, was wahrscheinlich die Binnenkonjunktur verlangsamen werde. Einige Länder jedoch hätten nach der Erfahrung mit dem Taper Tantrum im Jahr 2013 ihre Fremdfinanzierung beträchtlich reduziert und einheimische Reserven aufgebaut. Der Markt zeige eine gewisse Fähigkeit zu differenzieren. Während der argentinische Peso und die türkische Lira seit Jahresbeginn kräftig abgewertet hätten, seien der malaysische Ringgit und auch der thailändische Baht gestiegen. Viele andere asiatische Währungen seien weitgehend stabil. Chancen in Asien”Während wir bei Anlagen in Schwellenländern immer mit einer höheren Volatilität zu rechnen haben, bietet China aus unserer Sicht eine solide Basis für ausgewählte Engagements”, so die Einschätzung. Der Masterplan China 2025 dürfte dazu führen, dass sich die Wirtschaft differenzierter entwickeln und die persönlichen Einkommen steigen werden. “Durch Initiativen wie ,One Belt, One Road` sollten auch Handels- und Investitionspartnerschaften mit einigen Ländern in der Region gedeihen, die ihrerseits davon profitieren. Langfristig sehen wir nach wie vor die größten Chancen in den Schwellenländern, insbesondere in Asien”, heißt es weiter.Trotz Aufwind durch das starke Wachstum und die weltweit lockeren geldpolitischen Rahmenbedingungen dürfte wegen der geopolitischen Turbulenzen die Reise an den Märkten weniger angenehm werden als im vergangenen Jahr. Dies spreche für einen etwas vorsichtigeren Risikoansatz. Früher oder später würden höhere Lohnkosten und Zinssätze die Rentabilität der Unternehmen in den USA untergraben. “Und in den Portfolios werden Anleihen eine immer größere Rolle spielen, wenn die Renditen steigen und der Bedarf steigt, sich gegen einen Konjunkturabschwung zu schützen. Darüber sollte jedoch erst nächstes Jahr ernsthafter diskutiert werden. Für den weiteren Verlauf dieses Jahres rechnen wir nach wie vor mit moderat positiven Erträge bei Aktien und leicht nachgebenden Anleihekursen”, so der Assetmanager.