Kanadas Börse peilt Rekord an

Trumps Pläne treiben den Aktienmarkt - Impulse durch Pipeline-Ausbau und Deregulierung erhofft

Kanadas Börse peilt Rekord an

Die US-Präsidentenwahl treibt den kanadischen Aktienmarkt. Der Hauptindex der Börse Toronto stieg gestern im frühen Handel bis in die Nähe seines Rekords. Stark gefragt sind derzeit u.a. die Bankaktien, die von den Deregulierungsplänen des neuen US-Präsidenten profitieren.Von Markus Gärtner, VancouverKanadas Leitindex S & P/TSX hat zum Wochenauftakt im frühen Handel leicht auf 15 488 Punkte zugelegt. Damit lag der Index nur noch rund 1 % unter seinem Allzeithoch vom 15 657 Zählern, das er am 3. September 2014 markiert hatte. Seit der US-Präsidentenwahl wird das kanadische Marktbarometer von Hoffnungen auf eine bessere Weltkonjunktur angetrieben, dazu von der Absicht von Donald Trump, die unter Obama abgelehnte Keystone-XL-Pipeline von Alberta bis an die US-Golfküste doch voranzutreiben. Der Ausbau der Pipeline würde zusätzliche Ölexporte aus Kanada in die USA bedeuten “und mehr Investitionen in den Ölsandgebieten auslösen”, sagt der Analyst Matthew Barasch bei der Royal Bank of Canada. Aufwind kommt auch von den erholten Rohstoffpreisen, die zu einem guten Teil auf die Infrastrukturpläne von Donald Trump zurückgehen.Neun der zehn führenden Teilindizes in Toronto legten zum Ende der vergangenen Woche unter Führung des Bankensektors zu, weil die Beschäftigung in den USA, dem wichtigsten Absatzmarkt Kanadas, im Januar stärker als erwartet zugenommen hat. Weil gleichzeitig die Löhne langsamer als erwartet steigen, wird mit Blick auf die eingeleitete Zinswende auch weniger Handlungsdruck für die Fed gesehen.Die kanadischen Banken, die überwiegend stark in den USA engagiert sind, haben zuletzt vor allem von der Meldung profitiert, dass Donald Trump am Freitag eine Verfügung unterschrieb, um Teile des Dodd-Frank-Reformpakets und das Verbraucherschutzgesetz vom Beginn des Jahrzehnts rückgängig zu machen. Kollektiv haben Kanadas Banken in den vergangenen drei Monaten ein Kursplus von 12 % erzielt.Der TSX Index hat 2016 mit einem Plus von 18 % besser als die anderen Leitindizes der westlichen Welt abgeschnitten. Im laufenden Jahr hat er bisher rund 1 % hinzugewonnen. Seit dem Wahltag in den USA am 8. November konnte er sich um 7 % verbessern. “Das scheint der Trump-Effekt zu sein”, erklärt der Aktienstratege Ian Nakamoto vom Vermögensberater Raymond James in Toronto. “Kanada schneidet gut ab, wenn das Wachstum in den USA bessere Aussichten hat.” Vor allem die Aussicht darauf, dass sich die Ölpreise auf erholtem Niveau stabilisieren, hat Kanada zuletzt geholfen. Im Dezember wurden über 53 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, mehr als erwartet. Außerdem erzielte das Ahornland den ersten Handelsüberschuss in zwei Jahren.Rohstoff- und Energiewerte sind in den vergangenen zwölf Monaten im TSX die Spitzenreiter gewesen. Ihre Teilindizes haben 66 % bzw. 42 % zugelegt. Der Shootingstar Ivanhoe Mines konnte seinen Börsenkurs allein seit dem Oktober 2016 auf 4 kan. Dollar verdoppeln. Kanadas führender integrierter Energiekonzern Suncor verzeichnet seit dem Februar 2016 ein Plus von einem Drittel auf 40,73 kan. Dollar und bleibt mit einer Dividendenrendite von aktuell 2,76 % interessant, falls die Vorzeichen in Washington für die Pipeline-Politik positiv bleiben. Die Aktie des Betreibers der Keystone-Pipeline, Transcanada, legte seit Jahresbeginn um 6 % zu.Die Rally der kanadischen Aktien hat die Bewertungen allerdings auf ein Niveau getrieben, auf dem deutliche zusätzliche Kursgewinne kurzfristig nicht mehr wahrscheinlich erscheinen. Die Aktien im TSX weisen nun ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 24 aus. Das hat man in Kanada seit 2001 nicht mehr gesehen. Zum Vergleich: Die Werte im S & P 500 liegen jetzt beim 21-Fachen des Gewinns.Viel hängt nun davon ab, wie sich die Absicht der neuen US-Regierung, das Freihandelsabkommen Nafta neu auszuhandeln, auf Kanada auswirkt. Kanadische Zeitungen berichten von einer Kabinettssitzung der Regierung Trudeau Ende Januar in Calgary, an der Stephen Schwarzman, der CEO der Blackstone-Gruppe – einer der Topberater von Trump – teilnahm. Dabei wurde nicht nur von amerikanischer Seite versichert, man schätze in Washington gute Beziehungen zu Kanada. Es wurde offenbar auch zu verstehen gegeben, das eigentliche Ziel der Neuverhandlungen sei Mexiko. Wenn die Ölpreise stabil bleiben und Kanadas Außenhandel nicht leidet, bleibt in Toronto noch etwas Luft nach oben, sagen Insider. Zum Beispiel Brian Belski, leitender Stratege bei der Investmentbank BMO Capital Markets. Er hatte mit einem Jahr Vorlauf den Endstand des TSX für 2016 mit 15 300 Punkten korrekt prognostiziert. Für 2017 sagt er “moderate Zuwächse” voraus. Dafür spricht auch, was die führende Aktienstrategin bei Manulife Asset Management, Peggy Bowie, erklärt: “Es kommen derzeit eine Menge Quartalsbilanzen heraus, die die aktuelle Entwicklung bestätigen.” Risiko Nafta-VerhandlungenSollte Donald Trump jedoch auch Kanadas Exporte mit deutlich höheren Einfuhrsteuern belasten, könnten sich die Aussichten schnell verdüstern. Für den Energiesektor etwa, der 20 % des kanadischen Aktienmarktes ausmacht. “Die langfristigen Fundamentaldaten sind weiterhin gut”, beteuert Risteard Hogan, der Manager des Fidelity Canada Fund, “aber der Ausgang der Neuverhandlungen für Nafta ist ungewiss”, warnt er. Auch der Aktienmarktausblick der Toronto-Dominion Bank ist eher vorsichtig. Dort betont man, vieles sei für die Anleger beim Blick nach vorn schlicht unbekannt. “Man muss die Risiken im Auge behalten”, warnt auch Risteard Hogan. Tatsächlich scheint der Kurs des TSX in den vergangenen Wochen von mehr Vorsicht geprägt zu sein. Seit Mitte Januar bewegt sich der Index in einer Zone um die 15 400 Punkte herum. “Er nimmt eine Verschnaufpause”, sagt Sid Mokhtari, Direktor beim Investmentberater CIBC World Markets.