Kaum Wachstum in Zementbranche
Die meisten Aktien der europäischen Zementhersteller sind einer Studie der Berenberg Bank zufolge fair bewertet. Im Vorteil seien Konzerne mit viel Geschäft in den Vereinigten Staaten; ein starkes Standbein in den Schwellenländern sei hingegen problematisch. Positiver als zuvor wird die Aktie der Heidelberg Cement beurteilt.amb Frankfurt – Bei europäischen Zementherstellern ist aus Anlegersicht derzeit nicht viel zu holen – zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Berenberg Bank, die in einer Studie die Aussichten für den Sektor untersucht hat. Die Branche sei derzeit mehr oder weniger fair bewertet. Die globale Nachfrage nach Zement außerhalb Chinas werde in den kommenden zwei Jahren kaum steigen, heißt es. Zum Kauf empfohlen werden lediglich Heidelberg Cement und CRH, wobei der deutsche Zementproduzent von “Hold” auf “Buy” hochgestuft wird. Unverändert mit “Hold” votiert wird für Buzzi Unicem, Titan Cement und Vicat. Bei LafargeHolcim wird sogar der Verkauf empfohlen.Den Analysten zufolge korreliert die globale Nachfrage nach Zement langfristig sehr eng mit dem realen BIP-Wachstum. Da die Weltwirtschaft außerhalb Chinas in den kommenden Jahren voraussichtlich aber nur um 2 % bis 3 % p. a. wachsen werde, sei bezüglich der Nachfrage nach Zement nicht viel zu erwarten. Kapazitäten steigenZudem sei mit einer weiteren Aufstockung der Produktionskapazitäten zu rechnen – speziell in einigen Emerging Markets wie Indien und Ländern aus Subsahara-Afrika und Südostasien. Die Analysten haben genau untersucht, wo auf der Welt außerhalb Chinas welche Produktionsstätten in den kommenden drei bis vier Jahren aufgebaut werden sollen oder schon aufgebaut werden. Der geplante Produktionsausbau mache 11 % der aktuell produzierten 2,4 Mrd. Tonnen (ex China) aus, der sich bereits im Bau befindliche 5 % – ein deutlicher Anstieg also, mit dem die steigende Nachfrage leicht bedient werden könne. Das werde die Preise drücken. Dazu komme, anders als noch 2016, Gegenwind durch höhere Energiepreise. Darüber hinaus werde der starke US-Dollar die Kosten in den Schwellenländern, die oft die US-Währung lauteten, in die Höhe treiben, die Nachfrage könne sinken.Favoriten sind CRH und Heidelberg Cement, beide werden mit “Buy” eingestuft. Für CRH wird das Kursziel von 32 auf 34,60 (derzeit 32,20) Euro angehoben. Der irische Baustoffproduzent punkte mit einer starken Bilanz, der Ausrichtung auf Industrieländer sowie Schwellenländer mit weniger Risiken. Zusätzliche Chancen könnten sich durch Zukäufe ergeben, die in den Berechnungen noch nicht berücksichtigt sind, dadurch könnten die Gewinne bis 2018 um 5 % bis 10 % steigen. Außerdem werde CRH von steigenden Infrastrukturausgaben in den USA profitieren, allerdings glauben die Analysten nicht an ein wirklich großes Ausgabenprogramm. Die Gewinnschätzungen werden nur leicht um 1,7 % und 2,8 % angehoben auf jetzt 1,94 Euro für 2017 und 2,25 für 2018.Heidelberg Cement wird von “Hold” auf “Buy” hochgestuft, der Aktie wird jetzt ein Kurs von 103,60 statt 86 (aktuell 85,44 Euro zugetraut. Nach Ansicht der Analysten sind die Risiken in Indonesien geringer geworden. Zwar wird dort mit weiter sinkenden Margen gerechnet, Indocement könne wegen niedriger Kosten aber zu einem der wichtigsten Player bei der Konsolidierung auf dem indonesischen Markt werden. Für die USA werden weiter steigende Margen erwartet. Europa enttäusche hingegen, hier fehle die Preissetzungsmacht. Heidelberg Cement hat, wie diese Woche bekannt wurde, 2016 wegen des schlechten Wetters und Wechselkurseffekten einen Umsatzrückgang hinnehmen müssen, der Vorsteuergewinn konnte aber etwas erhöht werden. Am Markt waren allerdings bessere Zahlen erwartet worden. Die Prognosen für den Gewinn je Aktie werden für 2017 um 6 % auf 6,12 Euro gesenkt, für 2018 aber um 3,2 % auf 7,95 Euro erhöht.Kein Potenzial mehr gesehen wird für Buzzi Unicem, Titan Cement und Vicat (“Hold”). Auch für Buzzi Unicem aus Italien wird jetzt ein höheres Kursziel genannt, nämlich 23,40 nach bislang 16,70 (aktuell 23,40). Hier sind die Analysten optimistisch bezüglich des US-Geschäfts, das zusätzlich beflügelt werde durch die erwarteten höheren US-Infrastrukturausgaben. Sie halten darüber hinaus eine Erholung in Russland für möglich – dank steigendem Ölpreis und Rubel-Wechselkurs. Skeptisch bleiben sie aber wegen der anhaltenden Überkapazitäten in Italien, wo die Nachfrage seit 2006 um rund 50 % gefallen sei. Besserung sei nicht in Sicht. Die Gewinnprognosen für 2017 und 2018 werden dennoch um 15,1 % und 10,9 % erhöht auf jetzt 1,38 und 1,61 Euro je Aktie.Für den griechischen Zementhersteller Titan Cement wird das Kursziel von 21,50 auf 22,40 (aktuell 22,58 Euro) erhöht. Vorteil von Titan sei das starke US-Geschäft, das rund die Hälfte zum Ebitda beitrage, und vor allem das Standbein im florierenden Florida. Problematisch seien hingegen die Ägypten-Aktivitäten, die nach der Freigabe des ägyptischen Pfunds unter dem starken US-Dollar litten. Dazu kämen fehlende Impulse vom Heimatmarkt Griechenland und aus Südosteuropa, so dass insgesamt kein Aufwärtspotenzial gesehen wird. Die Ergebnisprognosen werden um 4,5 % und 3 % auf 1,35 und 1,72 Euro je Aktie gesenkt. Problemfeld Emerging MarketsDas Kursziel für den französischen Zementhersteller Vicat liegt jetzt bei 60,10 statt 58 (aktuell 56,24 Euro). Der französische Markt habe sich 2016 gut entwickelt, die Analysten erwarten für 2017 eine Fortsetzung des Trends. Zudem komme Vicat das US-Geschäft zugute. Allerdings blieben die Überkapazitäten und der heftige Wettbewerb in Schwellenländern ein Problem, vor allem in Indien. Nachteilig seien auch die Aktivitäten in Ägypten. Auch hier sinken die Ergebnisschätzungen, und zwar um 7,8 % für 2017 und um 8,4 % für 2018 auf jetzt 3,26 und 3,76 Euro.Abgeraten wird unverändert von LafargeHolcim, das Kursziel wird zwar von 44 auf 47,70 (derzeit 55,85 sfr) erhöht. Der Grund ist die hohe Abhängigkeit von Schwellenländern, wo der Wettbewerb heftig sei. Dazu kämen die zum Teil hohen Preissteigerungsraten und Wechselkursrisiken. Die Analysten halten die Ebitda-Unternehmensziele für 2018 für nicht erreichbar. Die Konsensschätzungen seien zu hoch. Die Gewinnschätzungen werden kaum verändert und belaufen sich für 2017 und 2018 jetzt auf 2,49 und 2,97 Euro.Im Unterschied zur Berenberg Bank wird Heidelberg Cement von anderen Analysten derzeit eher neutral bzw. skeptisch beurteilt. Zum Halten raten etwa die DZ Bank, J.P. Morgan, die Deutsche Bank, Independent Research und Morgan Stanley. Barclays empfiehlt sogar den Verkauf, ebenso Kepler Cheuvreux und die Commerzbank. Eine Kaufempfehlung gibt es nur noch von der BNP Paribas.So hat die DZ Bank Heidelberg Cement nach Bekanntgabe der vorläufigen Zahlen zum vierten Quartal von “Kaufen” auf “Halten” herabgestuft und den fairen Wert von 98 auf 89 Euro gesenkt. Die Kennziffern hätten die Markterwartungen verfehlt, heißt es. Neben einem weiterhin schwachen Indonesien-Geschäft sei vor allem West- und Südeuropa hinter den Schätzungen zurückgeblieben. J.P. Morgan bestätigte die “Neutral”-Einstufung und das Kursziel von 87 Euro nach Veröffentlichung der Zahlen, die Prognosen für das operative Ergebnis wurden aber leicht reduziert. Barclays votiert unterdessen weiter mit “Underweight” bei einem Kursziel von 78 Euro. Zwar erschwerten diverse Sondereffekte die Deutung der Geschäftsentwicklung im vierten Quartal, doch sei das Gewinnwachstum ohne diese hinter den Erwartungen geblieben. BNP Paribas hat das Kursziel für Heidelberg Cement hingegen von 105,50 auf 108 Euro angehoben und die Einstufung “Outperform” bekräftigt. Die Bewertung sei sehr attraktiv, heißt es, der Markt unterschätze den positiven Einfluss des Italcementi-Deals auf den mittelfristigen Barmittelzufluss des Baustoffkonzerns.