Kerneuropäische Indizes vor Hausse-Fortsetzung
Von Petra von Kerssenbrock*)
Sowohl der S&P 500 als auch der Stoxx 600 befinden sich in technischen Bilderbuch-Haussen mit technischen Neubewertungen und All-Time Highs. In Europa gibt es einige Länder-Blue-Chip-Indizes, die diese Entwicklung nicht nur mittragen, sondern mit ihrer mittelfristigen relativen Stärke auch noch eine deutlich bessere technische Gesamtverfassung aufweisen und gegenüber dem Stoxx 600 eine Outperformance liefern. Dazu gehören die skandinavischen Indizes, wie der OMX Copenhagen, der OMX Helsinki und der OMX Stockholm. Diese weisen jedoch aus technischer Sicht eine leicht überkaufte mittelfristige technische Lage auf. Besser steht eine Reihe von Blue-Chip-Indizes aus Kerneuropa da, wie beispielsweise der niederländische AEX, der französische CAC 40 und der Schweizer SMI. Hier deutet sich für die zweite Hälfte des Jahres 2021 eine Fortsetzung der Hausse an. Kleinere europäische Aktienmärkte wie Belgien und Österreich befinden sich mit ihren Blue-Chip-Indizes – dem BEL 20 und dem ATX – zwar ebenfalls in intakten Hausse-Trends, jedoch zunächst erst einmal nur auf dem weiten Weg zu den Resistance-Zonen ihrer alten All-Time Highs. Mit Blick auf Südeuropa und die zweite Hälfte von 2021 sollte besonders die defensive technische Haltung gegenüber dem spanischen Ibex 35 mit seiner stabilen mittelfristigen relativen Schwäche (im europäischen Indexvergleich) nicht gelockert werden.
Der SMI (Swiss Market Index; ein Kursindex) hat mit Blick auf die Zeitspanne während der Corona-Pandemie drei verschiedene Relative-Stärke- oder -Schwäche-Phasen gegenüber anderen wichtigen europäischen Aktienindizes herausgebildet. Zum Start der Corona-Pandemie im ersten Quartal 2020 hatte der SMI – aufgrund Zusammensetzung und auch aufgrund historischer Entwicklungen – den Charakter des „sicheren Hafens“ mit einer ausgeprägten relativen Stärke, die bis zum September/Oktober 2020 andauerte. Danach folgte in der zweiten Phase eine relative Schwäche, wobei besonders Aktienindizes, die „Re-Opening-Gewinner“ waren, einen Aufholprozess starteten und eine relative Stärke aufbauen konnten. Aktuell ist der SMI in einer dritten technischen Phase, bei der die technischen Verbesserungen bei einigen Indexschwergewichten den Index wieder in einen Outperformer-Status geführt haben. Aus langfristiger technischer Sicht befindet sich der SMI seit März 2009 ausgehend von 4235 Punkten in einem intakten technischen Hausse-Zyklus. Hierbei war der Index im Frühjahr 2015 bis zur gestaffelten Resistance-Zone (9540 bis 9600 Punkte) gestiegen. Unterhalb dieser Zone formte der Index ein technisches Aufwärtsdreieck heraus. Im Jahr 2019 war der SMI mit einem Investment-Kaufsignal angesprungen und bis zum Februar 2020 auf 11270 Punkte (Resistance-Zone; altes Allzeithoch und Vor-Corona-Niveau) gestiegen. Aus mittelfristiger technischer Sicht befindet sich der Index seit dem Corona-Baisse-Low (7650 Punkte im März 2020) in einer neuen Hausse-Bewegung. Mit dem Rückenwind der verbesserten Marktbreite – besonders der technischen Lage bei den Indexschwergewichten aus dem Healthcare-Bereich – ist der Index zuletzt mit einem weiteren (Investment-)Kaufsignal auf neue Allzeithochs gestiegen, so dass sich jetzt für das zweite Halbjahr 2021 ein technisches Etappenziel von 13000 andeutet.
CAC 40 auf Rekordkurs
Der CAC 40, ein Kursindex, erreichte im Rahmen der TMT-Hausse im September 2000 seine damaligen All-Time Highs um 6945 Punkte. Anschließend bildete der Index ein Abwärtsdreieck (Support-Zone um 2400 Punkte; Abwärtstrend über die Tops vom Juni 2007 (6170 Punkte) und vom Mai 2015 (5284 Punkte)) heraus. Der moderate Hausse-Zyklus, der im März 2009 um 2465 Punkte startete, führte den CAC 40 im Mai 2017 aus dem sehr langfristigen Baisse-Trend und bis auf Hausse-Tops um 5567 Punkte (Januar 2018). In diesem Bereich ergab sich eine mittelfristige Resistance-Zone, welche der Index im Oktober 2019 überwand. Nachdem der CAC 40 im Vorfeld der Corona-Baisse seine damaligen Hausse-Tops bei 6111 Punkten (Februar 2020) erreicht hatte, führte die Baisse den Index bis auf 3632 Punkte (Sell-off). Hier schlug der CAC 40 nach oben um und etablierte eine neue mittelfristige Hausse-Bewegung. Ende 2020 konnte der Index zunächst an die Resistance-Zone um 5600 Punkte aus den Jahren 2017 bis 2019 heranlaufen. Das Kaufsignal aus dem Februar 2021 führte den Index dann in eine neue Aufwärtsbewegung, wobei die Resistance-Zone 6100–6200 Punkte direkt überwunden wurde. Unterstützt durch den hohen Anteil an Luxusgüterproduzenten und Industriewerten hat der CAC 40 in den letzten Wochen und Monaten eine relative Stärke im europäischen Indexvergleich aufgebaut, die sich auch in den kommenden Monaten fortsetzen dürfte. Die hohe Aufwärtsdynamik der letzten Wochen hat den CAC 40 bereits an das technische Etappenziel (Test der Resistance-Zone im Umfeld der alten All-Time Highs um 6900 bis 6945 Punkte) geführt. Angesichts der guten technischen Gesamtlage (z. B. Stabilität und Gesamtqualität des Hausse-Trends) sollte es nicht überraschen, wenn der CAC 40 die Resistance-Zone im Umfeld der alten All-Time Highs deutlich überbietet und es im zweiten Halbjahr 2021 zu einer Kursetablierung deutlich oberhalb von 7000 Punkten kommt.
*) Petra von Kerssenbrock ist bei der Commerzbank im Bereich Technische Analyse & Index Research tätig.