Korrekturen inmitten des Zyklus

Vermögensverwalter erwarten im zweiten Halbjahr hohe Preisschwankungen - Das Gros setzt auf Aktien

Korrekturen inmitten des Zyklus

In dieser Woche starten Investoren in das zweite Halbjahr an den Finanzmärkten. Jetzt entscheiden vor allem die drei großen Notenbanken darüber, welche Anlageklassen gute Renditen bringen.Von Grit Beecken, FrankfurtNachdem sich das erste Halbjahr mit starken Preisschwankungen und teilweise starken Kursrückgängen von den Finanzmärkten verabschiedet hat, positionieren sich die Investoren für die kommenden sechs Monate. Dabei dürften vor allem das weitere Vorgehen der drei großen Notenbanken sowie die wirtschaftliche Entwicklung Chinas darüber entscheiden, welche Anlageklassen einträgliche Renditen abwerfen können.Die meisten Analysten setzen derzeit auf Aktien. Im operativen Geschäft ist die Meinung nicht so eindeutig. Von der Börsen-Zeitung befragte Vermögensverwalter fahren ganz unterschiedliche Strategien. In der Sicht der treibenden Faktoren sind die Theoretiker und die Praktiker indes einig: Besonders wichtig wird die Politik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sein. Sie will ihre Anleihekäufe im kommenden Jahr beenden, sofern es die wirtschaftliche Lage erlaubt.”Das mögliche Auslaufen der Liquidität durch die Zentralbanken wird uns weiter begleiten, da jede amerikanische Statistik zur Konjunkturentwicklung kritisch auf die Aussagen der Fed untersucht wird”, sagt Robert Bauer, Partner bei Packenius Mademann. Damit dürften die Märkte volatil bleiben. “Wir haben gesehen, dass Maßnahmen der Fed oder auch nur deren Andeutungen immense Auswirkungen auf sämtliche Anlageklassen haben”, sagt Stefan Eberhardt von der Vermögensverwaltung Unikat. Er setzt daher im zweiten Halbjahr auf die vergleichsweise stabilen Immobilienmärkte – und zwar in Form von Aktien, bei denen er nach den Preiskorrekturen der vergangenen Wochen ein Kurspotenzial von 25 % sieht.Mit den Korrekturen an den Märkten beschäftigen sich auch die Analysten von Morgan Stanley. Sie sehen über viele Anlageklassen eine Korrektur in der Mitte des Zyklus, die noch nicht abgeschlossen sein dürfte. Zwar seien die Berichtigungen nach dem früher als erwartet angekündigten Ende der lockeren US-Geldpolitik schon recht fortgeschritten, aber eben noch nicht am Ende.Die Strategen raten daher, mit dem Eingehen größerer Risiken noch abzuwarten. Grundsätzlich ziehen sie Aktienengagements Anleihekäufen vor. Denn da es besonders für US-Staatsanleihen weniger Käufer als Verkäufer gebe, dürfte der Markt volatil bleiben und die Renditen weiter steigen. Die Analysten schlagen vor, stattdessen strategische Risikopositionen einzugehen – beispielsweise am japanischen Aktienmarkt. Geldpolitik zeigt WirkungDenn in Nippon scheint die ultralockere Geldpolitik der Bank of Japan Wirkung zu zeigen. Die Konjunkturerholung nimmt Fahrt auf, die Verbraucherpreise fallen nicht mehr. Zudem ist die Großindustrie des Landes erstmals seit zwei Jahren in optimistischer Stimmung. Der Nikkei 225 ist seit dem Hoch am 23. Mai um 12,5 % gefallen, aber seit Jahresanfang liegt der Nikkei noch um 32 % vorn. “Die Erfahrungen aus diesem ,geldpolitischen Experiment’ könnte für die anderen Regierungen in den kommenden Quartalen noch sehr wertvoll sein”, sagt Christian Gärtner, Vorstand der ICM Investment Bank. Nun liegt es am weiteren Vorgehen der Währungshüter, ob die Erfolgsmeldungen anhalten oder ob die Volatilitäten am Aktien- und vor allem am Rentenmarkt nach widersprüchlichen Aussagen oder ungeschickt platzierten Anleihekäufen wieder steigen.Die japanischen Investoren selbst scheinen zumindest an den Erfolg der Geldpolitik zu glauben und holen seit Wochen ihr Kapital aus dem Ausland zurück und investieren es in der Heimat. “Zumindest relativ gesehen, könnte der japanische Markt im zweiten Halbjahr einer der besten Aktienmärkte werden”, sagt Markus Steinbeis von Huber, Reuss & Kollegen. “Wir halten ein Überschreiten des Nikkei von 16 000 Yen für realistisch.”Für Europa erwarten Analysten wie Vasileios Gkionakis von Unicredit, dass die geldpolitische Haltung der Europäischen Zentralbank so lange wie nötig akkommodierend bleibt. Das schwächt den Euro, stützt aber die Anleihen der Peripherieländer.Auch die deutschen Aktienmärkte dürften zulegen, sagt Klaudius Sobczyk von PEH Wertpapier. “Alles spricht für Aktien – aber hier ist weiter mit erhöhter Volatilität zu rechnen.” Es sei durchaus möglich, dass die Aktienmärkte noch um 10 % über die Hochs aus dem ersten Halbjahr steigen. Thomas Bartels von der Vermögensverwaltung Consulting erwartet ebenfalls Kurssteigerungen um 10 bis 12 % – und das auch in China.Analysten sind skeptischer. “Die Aufmerksamkeit der Märkte ist weiterhin auf den Bankensektor in China gerichtet; die Angst vor einer potenziellen Kreditklemme ist noch nicht vollständig verschwunden”, heißt es bei Unicredit. Im zweiten Halbjahr hänge vieles von der Geldpolitik des Landes ab. Gkionakis rechnet aber unverändert mit einem Wirtschaftswachstum von 7,8 %.Ingo Schweizer von der AnCeKa Vermögensbetreuung bereitet sich hingegen auf schlechte Nachrichten vor: “Am erfolgreichsten könnte es sein, auf fallende Preise zu setzen.” Welche Anlageklassen abgestraft werden sei aber schwer vorhersehbar. “Ich könnte mir vorstellen, dass die Party in Schwellenländerwährungen und Aktienbörsen als Erstes ihr Ende finden kann. Abschläge von 30 % schließe ich hierbei nicht aus.”