Kronen hängen am Aktienmarkt

Zinsdifferenzen spielen bei den Währungen Schwedens und Norwegens derzeit untergeordnete Rolle

Kronen hängen am Aktienmarkt

Die Treiber der norwegischen und der schwedischen Krone haben sich seit Beginn der Coronakrise verändert. Während früher Zinsdifferenzen wichtige Faktoren waren, geht es seit Monaten überwiegend um die Stimmung am Aktienmarkt. Hinzu kommen Faktoren wie der Ölpreis im Fall von Norwegen.wbr Frankfurt – In der Woche vor Weihnachten wird in Oslo die norwegische Zentralbank zu ihrer letzten Zinssitzung des Jahres zusammentreffen. Marktbeobachter rechnen nicht damit, dass die Währungshüter an den Zinsen drehen werden. Ohnehin gilt, dass makroökonomische Faktoren anders als in der Vergangenheit weniger Einfluss auf die nordischen Wechselkurse haben.Was zählt, ist die Risikoneigung am Markt. Die Treiber der Währungen haben sich seit der Coronakrise komplett verändert. “Während früher Wachstumsraten und Zinsdifferenzen die bestimmenden Faktoren waren, geht es seit Monaten nur noch um das Sentiment. Die norwegische Krone ist dabei am höchsten korreliert zu den Aktienmärkten, über 70 bis 80 % gemessen am S&P 500”, sagt Stefanie Holtze-Jen, leitende Währungsstrategin bei der Fondsgesellschaft DWS (siehe Chart). Schockstarre überwundenNachdem die Schockstarre zum Höhepunkt der Krise im März und April überwunden war, gab es bei beiden skandinavischen Währungen zunächst ein großes Erholungspotenzial. Die norwegische Krone legte seit dem extremen Tief am 20. März um rund 25 % gegenüber dem Dollar zu, die schwedische Krone verbesserte sich um rund 18 %.Ab Anfang November wurde diese Kursentwicklung zusätzlich durch positive Nachrichten über Impfstoffentwicklungen befeuert. “Die norwegische Krone ist einer der größten G10-Profiteure der vielversprechenden Ergebnisse aus den Corona-Impfstoff-Studien”, so die Währungsanalystin Esther Reichelt von der Commerzbank.Auffällig ist, dass die Aktienkurse und damit die Entwicklungen der beiden nordischen Kronen in keinem Verhältnis zu den Infektionszahlen weltweit stehen – auch in Norwegen und insbesondere in Schweden sind die Zahlen hoch. Die Märkte schauen nach vorn – und stellen sich auf das Leben nach Covid-19 ein. Das kommt auch den beiden nordischen Währungen zugute. Einfluss des ÖlpreisesUngeachtet der hohen Abhängigkeit zwischen den Wechselkursen und den Aktienkursen gibt es bei den beiden nordischen Kronen durchaus Unterschiede. Wichtigster Punkt ist das Thema Öl in Norwegen.Anders als in Schweden hängt die Entwicklung der norwegischen Krone auch am Ölpreis. Daher sind für den wichtigen Produzenten auch Entscheidungen des Kartells Opec zu Förderkürzungen relevant. Dass es beim Treffen der Ölminister am Montag und am Dienstag in dieser Woche nicht zu einer Einigung kam und es nun ein weiteres Treffen am Donnerstag geben wird, wurde vom Markt eher als positives Signal für die norwegische Krone gewertet. Der Kurs stieg gegenüber dem Dollar um rund 0,3 % an.Langfristig spielt für die Währungen die jeweilige Geldpolitik der beiden Länder weiter eine Rolle – ungeachtet der starken aktuellen Abhängigkeit vom Sentiment. Die Norges Bank hat sich als einzige Zentralbank in den Industrienationen formal bereits eine Normalisierung der Zinspolitik festgelegt. “In Norwegen hat man sich auch schon dahingehend geäußert, dass man bei einer noch lockereren Geldpolitik Angst vor einer Immobilienblase habe”, analysiert die DWS-Expertin Holtze-Jen.Der Fahrplan der norwegischen Geldpolitik sieht vor, dass die Norges Bank ihren Leitzins bereits langsam wieder anheben könnte. “Das stützt die Krone – solange der Devisenmarkt ein derartiges Szenario nicht für vollkommen abwegig hält”, meint Commerzbank-Analystin Reichelt. Hinzu komme, dass die Norges Bank in der Vergangenheit empfindlich auf Wechselkursänderungen reagiert habe und eine anhaltende Aufwertung dazu führen könnte, “dass Zinserhöhungen aus den Prognosen der Zentralbanken verschwinden”, so Holtze-Jen. Riksbank bleibt lockerIn Schweden hat die Notenbank auf ihrer Sitzung in der vergangenen Woche keine Überraschungen verkündet. Mit einer Rückkehr des Leitzinses zurück in den negativen Bereich hatte auch kaum ein Marktbeobachter gerechnet. Schweden hatte sich nach fünf Jahren im Dezember 2019 von Negativzinsen verabschiedet und den Leitzins auf 0 % erhöht.Die Notenbank sei sich zuletzt aber darüber im Klaren gewesen, “dass eine Zinssenkung in den negativen Bereich kaum mehr als eine Signalwirkung hätte”, so das Urteil der Währungsanalysten der Commerzbank. Untätig war sie nicht. “In der vergangenen Woche hat die Riksbank aber sehr wohl das Quantitative Easing weiter ausgeweitet. Das zeigt, dass die Zentralbanken noch nicht durch die Krise hindurchschauen. Sie warten ab, unterstützen weiter mit der Geldpolitik und sind noch nicht ganz so euphorisch wie die Märkte”, meint Holtze-Jen bezüglich des Vergleichs zu den optimistischeren Akteuren am Devisenmarkt. Neue TrendsDa fundamentale Faktoren bei den beiden Währungen weniger stark gewichtet sind, wird in dieser Marktphase die charttechnische Seite stärker beachtet. “Es würde mich nicht wundern, wenn es mal eine technische Korrektur gibt und dann auch die norwegische Krone in Mitleidenschaft gezogen wird”, sagt Holtze-Jen. Von der Technik her sehr spannend sei auch die schwedische Krone. “Da sind wir zum Euro bei ganz wichtigen Unterstützungslinien. Nachdem es sieben Jahre sukzessive nach oben gegangen ist, wurden jetzt sehr langfristige Trendlinien bei 10,15 Euro durchbrochen”, so die Analystin der DWS. Die Frage sei, ob damit ein ganz neuer Trend beginnen könnte.