MARKTCHANCEN 2018

Kurswechsel mit Folgen

Emerging Markets werden neues geldpolitisches Umfeld zu spüren bekommen

Kurswechsel mit Folgen

Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtDie Aktienmärkte der Schwellenländer sind die große Überraschung des gerade abgelaufenen Jahres. Nach einer langen Phase der Underperformance relativ zu den Industrieländern sind sie auf die Überholspur gewechselt und haben – gemessen am Sammelindex MSCI Emerging Markets – um 31,4 % zugelegt. Damit haben sie die Aktienmärkte der Industrieländer, die um 19,7 % gestiegen sind (MSCI World), um 11,7 Prozentpunkte geschlagen.Auf den ersten Blick ist das angesichts des Umfelds, des von den Zentralbanken der entwickelten Volkswirtschaften eingeleiteten Ausstiegs aus der ultralockeren Geldpolitik, erstaunlich. Zur Erinnerung: Als der Chairman der Fed Ben Bernanke im Frühjahr 2013 lediglich ankündigte, dass die amerikanische Zentralbank in absehbarer Zeit das Volumen der Anleihekäufe senken wird, folgten an den Emerging Markets heftige Turbulenzen. Mittlerweile hat die Fed nicht nur begonnen, die Leitzinsen zu erhöhen, sondern auch angekündigt, ihre Bilanz zu reduzieren, ohne dass dies den Aktienmärkten der Schwellenländer etwas ausmacht. Allerdings muss dies auch nach Assetklassen differenziert betrachtet werden. Die Währungen der Emerging Markets standen zuletzt durchaus unter – wenn auch moderatem – Druck. Wachstum zieht anDie relative “Unempfindlichkeit” der Schwellenländer hat mehrere Gründe, die auch dafür sprechen, dass im neuen Jahr zumindest zunächst mit weiteren Kursavancen gerechnet werden kann. So hat sich in den Jahren ihrer Underperformance ein erheblicher Bewertungsabschlag gegenüber den Aktienmärkten der Industrieländer aufgebaut, der die Emerging Markets nicht zuletzt aufgrund ihrer langfristig deutlich besseren Wachstumsperspektiven attraktiv machte. Das lockte ebenso wie teilweise deutlich höhere Zinsen am Anleihemarkt nach Rendite dürstende Investoren an. Die Zuflüsse in die Emerging Markets schwollen deutlich an. Bessere RahmenbedingungenVor allem aber haben sich die fundamentalen Rahmenbedingungen im Vergleich zum Jahr 2013 deutlich verbessert. Das Wachstum der Schwellenländer, das 2015 und 2016 Tiefen von 4,3 % erreichte, belief sich dem World Economic Outlook zufolge 2017 auf 4,6 % und soll 2018 auf 4,9 % steigen. Große Länder wie Russland und insbesondere Brasilien haben schwere Rezessionen überwunden. Weltweit befindet sich die Wirtschaft in einer Phase der Beschleunigung, die gerade den Emerging Markets zugute kommt. 2017 kam für die Rohwaren exportierenden Länder hinzu, dass sich die Rohstoffpreise nach der vorangegangenen Malaise deutlich erholt haben. Insgesamt sind die Leistungsbilanzdefizite der Schwellenländer in den zurückliegenden Jahren deutlich zurückgegangen. Angelockt wurden die internationalen Investoren auch von in einigen Ländern deutlich verbesserten politischen Rahmenbedingungen. So wurden in Indien, einer der Top-Performer des Jahres, und Indonesien reformfreudigere Regierungen gewählt.Auch wenn die Voraussetzungen für die Emerging Markets derzeit gut aussehen, spricht einiges dafür, dass die Kursavancen im neuen Jahr insgesamt weniger üppig ausfallen werden als im alten. Die UBS etwa glaubt, dass der MSCI Emerging Markets 2018 noch in einer Größenordnung von 8 bis 10 % zulegen wird.Eine Bremse könnte gerade einer der Faktoren werden, die die Schwellenländeraktienmärkte 2017 stark getrieben haben: die kräftigen Kursgewinne der Technologieaktien. Die Branche hat in den zurückliegenden zwölf Monaten mehr als 50 % zum Gewinn des MSCI Emerging Markets beigetragen. Dem Kursaufschwung mangelt es an Breite, und es ist fraglich, ob der Technologiesektor ein zweites Jahr in Folge so enorm zulegen wird. Dollar wird attraktiverNoch schwerer wiegt der globale geldpolitische Umschwung. Zwar sind die Schwellenländer wesentlich robuster bzw. weniger anfällig als im Jahr 2013. Die Leitzinserhöhungen und die Bilanzverkürzung der Notenbank der USA erhöhen jedoch die Attraktivität von Dollaranlagen und stärken damit tendenziell dem Greenback den Rücken. Damit wird sich das veränderte geldpolitische Umfeld auf die Kapitalströme auswirken. Die Emerging Markets sind 2017 von hohen und phasenweise enormen Zuflüssen getrieben worden. Diese drohen bei einem Erstarken des Dollar im neuen Jahr weniger üppig auszufallen, was den Kursaufschwung ebenfalls abbremsen könnte.