Längst nicht mehr auf Hochtouren

CS sieht kaum noch Potenzial für Autozuliefereraktien - Autoliv, Leoni und Schaeffler als Favoriten

Längst nicht mehr auf Hochtouren

Die goldenen Zeiten für Europas Autozulieferer sind nach Einschätzung der Großbank Credit Suisse (CS) erst einmal passé. In Zukunft würden nur die Unternehmen punkten, die hohe Cashflows erwirtschaften und beim Personal flexibel agieren könnten, so eine Studie.amb Frankfurt – Das Umfeld für europäische Autozulieferer wird nach Ansicht der Credit Suisse härter, die Phase hoher Wachstumsraten sei vorbei. Die Bewertung der Branche könne daher sinken, heißt es in einer Studie der Schweizer Bank. Die Analysten empfehlen nur drei der untersuchten zehn Unternehmen zum Kauf, Favorit ist Autoliv, gefolgt von Leoni und Schaeffler. Von ElringKlinger und Plastic Omnium wird ganz abgeraten, dem Rest wird nur eine neutrale Entwicklung zugetraut.Airbags und andere Sicherheitssysteme, automatische Einparkhilfen oder Müdigkeitssensoren – Autozulieferer haben lange von der wachsenden Zahl an Komponenten in modernen Autos profitiert. Zuletzt hat die Wachstumsabschwächung Chinas, wichtigster Abnehmermarkt für die meisten Autobauer, auf den Gewinnen und Kursen gelastet. Dazu kam der VW-Skandal um manipulierte Abgastests. Zudem wurde deutlich, dass längst nicht alle Zulieferer für den technologischen Wandel und den Trend hin zum Hybrid- oder Elektroauto sowie zur zunehmenden Vernetzung gerüstet sind. Der Stoxx Europe 600 Automobile & Parts, der Autobauer und -zulieferer abbildet, hat seit April 2015 etwa 30 % an Wert verloren, der marktbreite Stoxx Europe 600 rund 18 %. Vor BewertungskorrekturDer CS zufolge lag das organische Wachstum der europäischen Autozulieferer 2015 zwar immer noch bei 6 %, 2014 habe der Anstieg aber noch bei 7,8 % und im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2014 sogar bei 11,6 % gelegen. Auch der Vorsprung gegenüber anderen Branchen sei geschrumpft. Dabei seien die Investitionen konstant geblieben oder gestiegen, Wachstum müsse also immer teurer erkauft werden. Die Analysten sehen dies als strukturelles Problem, nicht als zyklisches – eine niedrigere Bewertung der Branche werde daher immer wahrscheinlicher.Allerdings schlügen sich die Zulieferer sehr unterschiedlich. Für den künftigen Erfolg halten die Analysten die Fähigkeit der Unternehmen, freien Cash-flow und Gewinne zu erwirtschaften, für extrem wichtig. Das gelinge Schaeffler, Continental und Autoliv am besten, ElringKlinger am schlechtesten. Daneben hänge auch viel von der Flexibilität beim Personaleinsatz ab: Die durchschnittlichen Mitarbeiterkosten seien seit 2008 zwar gesunken, Folge vieler Produktionsverlagerungen ins Ausland, doch auch hier gebe es große Unterschiede: Den höchsten Personalanteil in Niedriglohnländern hätten Leoni, Autoliv und Valeo, während Schaeffler und ElringKlinger noch hauptsächlich in Deutschland produzierten, eine schnelle Reaktion auf einen Abschwung sei damit schwieriger.Favorit der Analysten ist der schwedisch-amerikanische Hersteller automobiler Sicherheitssysteme Autoliv. Die “Outperform”-Empfehlung wird bekräftigt bei einem Kursziel von unverändert 130 Dollar (aktuell 114,02 Dollar). Autoliv überzeuge mit seinem Wachstum, dem Cash-flow, einer attraktiven Cash-Conversion-Rate – dem Verhältnis von Cash-flow zu Nettogewinn – und einer guten Kostenstruktur. Profitieren werde Autoliv auch weiter vom Airbag-Debakel des japanischen Konkurrenten Takata. Für den Gewinn je Aktie 2016 bis 2018 werden 6,86 Dollar, 7,76 Dollar und 8,76 Dollar prognostiziert.Nummer 2 unter den empfohlenen Werten ist der Herzogenauracher Auto- und Industriezulieferer Schaeffler, der erstmals beurteilt wird. Das Kursziel liegt hier bei 15,30 Euro (aktuell 13,37 Euro). Für Schaeffler sprächen die hohen Cash-flows und das organische Wachstum, die das Unternehmen zu einem der besten in der Branche machten. Vorteil sei zudem die defensive Ausrichtung mit einem starken Standbein im sogenannten Aftermarket-Geschäft, also dem Geschäft mit Kfz-Teilen für Werkstätten. Zudem sei die Aktie vergleichsweise günstig bewertet. Negativpunkt sei die Kostenseite mit dem hohen Beschäftigtenanteil in Europa. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen bei 1,44 Euro, 1,52 Euro und 1,62 Euro für 2016 bis 2018.Ebenfalls auf “Outperform” gesetzt wird der Nürnberger Kabelspezialist Leoni, das Kursziel bleibt bei 36 Euro (aktuell 29,59 Euro). Das Unternehmen habe vergleichsweise viele Beschäftigte in Billiglohnländern. Für Leoni spreche die günstige Bewertung, zudem könne das Unternehmen zum Übernahmekandidaten werden. Die Analysten rechnen bis 2018 mit Gewinnen je Aktie von 1,85 Euro, 3,85 Euro und 4,96 Euro. Hohe Kosten für WachstumAbgeraten wird vom Dichtungs- und Leichtbauspezialisten ElringKlinger und vom französischen Zulieferer Plastic Omnium (20 Euro, aktuell 29,56 Euro), beide werden auf “Underperform” gestuft. Bei ElringKlinger werden strukturelle Herausforderungen für das Geschäftsmodell gesehen. Dazu kämen hohe Kosten, um das Wachstum aufrechtzuerhalten, und ein schwacher Free Cash-flow. Das Kursziel wird von 21,30 auf 19,30 Euro (aktuell 22,61 Euro) reduziert.”Neutral” lautet das Votum für Continental, Valeo, Faurecia, Rheinmetall und Hella. Der Reifenspezialist und Zulieferer Continental (Kursziel 189 Euro, aktuell 191,50 Euro) erziele zwar hohe Cash-flows, die Zulieferersparte entwickle sich aber nicht so wie die der Konkurrenz. Den Zulieferer Valeo (Kursziel 127 Euro, aktuell 128,45 Euro) bezeichnet CS als eine der Erfolgsgeschichten der vergangenen Jahre. Doch lasse die Dynamik nach, und die sehr gute Entwicklung schlage sich im Kurs nieder. Bezüglich Faurecia (Kursziel 29 Euro, aktuell 33,620 Euro) wird der schwache Free Cash-flow kritisiert. Bei Rheinmetall (Kursziel 62 Euro, aktuell 67,65 Euro) könne die Autosparte im Peergroup-Vergleich nicht mithalten, die Aktie werde aber vom erfolgversprechenden Bereich Wehrtechnik gestützt. Der westfälische Licht- und Elektrozulieferer Hella wird von “Outperform” zurückgestuft und das Kursziel von 42 auf 37 Euro (aktuell 33,04 Euro) reduziert. Diese Einschätzung wurde nach Veröffentlichung der Hella-Zahlen am Mittwoch dieser Woche bestätigt.Schaeffler kommt auch bei anderen Analysten gut weg, außer Credit Suisse rieten auch HSBC und Deutsche Bank zum Einstieg, Citigroup stuft die Aktie hingegen auf “Neutral”. HSBC hat das Kursziel für Schaeffler nach Veröffentlichung der Zahlen zum vierten Quartal von 16 auf 18 Euro angehoben. Der Autozulieferer habe mit seinem operativen Ergebnis die Schätzungen übertroffen, hieß es, als weitere Kurstreiber sehen die Analysten die wahrscheinliche Erhöhung des Streubesitzanteils sowie den Kapitalmarkttag im Sommer. Die Deutsche Bank hat das Kursziel für Schaeffler von 19 auf 18 Euro gesenkt. Das vierte Quartal sei insgesamt zufriedenstellend verlaufen, der Ausblick entsprach den Erwartungen der Analysten. Zum Einstieg geratenMit der Kaufempfehlung für Leoni steht Credit Suisse hingegen ziemlich allein, nur die Nord/LB rät ebenfalls zum Einstieg. Den Verkauf empfehlen etwa Baader Bank, Independent Research und J. P. Morgan. Die meisten Analysten stufen die Aktie auf “Neutral” oder “Halten”, etwa Equinet, das Bankhaus Lampe, Warburg Research, die Commerzbank, die DZ Bank, die Deutsche Bank und Hauck & Aufhäuser. Equinet (Kursziel 25 Euro) geht davon aus, dass das Management eine positive Trendwende schaffen wird, dass die Erholung aber Zeit braucht.