Lateinamerika könnte vom Brexit profitieren
Bloomberg Sao Paulo – Wenn die Schreckreaktion auf das Brexit-Votum mit der Risikoaversion nachlässt, könnten sich die lateinamerikanischen Volkswirtschaften als Nettogewinner herauskristallisieren. Lateinamerika sollte zugute kommen, dass es nur geringe Verbindungen zu Großbritannien hat.”Der Erstrundeneffekt dürften niedrigere Preise für Anlagewerte sein, aber im Zeitverlauf werden die ökonomischen Auswirkungen minimal sein”, sagt Mark Bower, Leiter Schwellenländer beim Investor Bienville in New York. “Mögliche Folgewirkungen, die für Brasilien und Argentinien günstig wären, sind schwächere Währungen gegenüber dem Dollar und eine Fed, die dieses Jahr nichts unternimmt.”Was den Handel betreffe, so sei die Abhängigkeit von Großbritannien und dem Euroraum sehr gering, so Juan Carlos Rodado, Direktor der Analyse Devisen, Festverzinsliche und Volkswirtschaft für Lateinamerika bei Natixis. Bei den Banken sei die Abhängigkeit etwas größer, aber die Liquidität werde dazu beitragen, dies auszugleichen. “Das ist eindeutig eine Kaufgelegenheit für Lateinamerika, weil die Region weniger stark von Großbritannien und dem Euroraum abhängig ist als Mitteleuropa”, so Rodado.Mexiko, Kolumbien, Peru und Chile, die am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Lateinamerika, dürften sich überdurchschnittlich entwickeln, so Rafael Elias-Lineros, Leiter Festverzinsliche Schwellenländer bei Cantor Fitzgerald in New York. “Der Weg führt dahin, wo es noch Wirtschaftswachstum gibt”, schrieb er am 24. Juni an seine Kunden. Sollten Großbritannien und Europa in eine Rezession abgleiten, würden diese lateinamerikanischen Länder “sogar noch stärker outperformen”, sagte er. Mexiko, dessen Währung am 27. Juni ein Allzeittief gegenüber dem Dollar markierte, habe eine sehr geringe Abhängigkeit von Europa und exportiere mehr als 90 % seiner Güter in den Nafta-Raum, so Elias-Lineros.Die hohe weltweite Liquidität unterstütze kurzfristig die Preise und habe zur Erholung der Notierungen beigetragen, sagt Siobhan Morden, Leiterin Analyse Festverzinsliche bei Nomura. Ihre Favoriten sind Argentinien und Brasilien. Das größte Risiko für die Region seien die möglichen Auswirkungen des langsameren globalen Wachstums auf die Rohstoffnotierungen, so Morden. Rohstofflastige Länder wie Peru, Chile oder Kolumbien würden sich weniger stark entwickeln als Mexiko, sagt Elias-Linero.