Kapitalmarktprognose

LBBW sieht noch etwas Potenzial beim Dax

Die Analysten der LBBW sehen für die Aktienmärkte durchaus noch Potenzial. Allerdings wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel.

LBBW sieht noch etwas Potenzial beim Dax

spe Stuttgart

An den Aktienbörsen dürften auch im kommenden Jahr die Pluszeichen den Kurszettel dominieren, erwarten die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Zwar sinkt derzeit die Gewinndynamik der Unternehmen, aber ihre Auftragsbücher bleiben prall gefüllt. Ende 2022 sieht die LBBW den Dax bei 16500 Punkten, den Dow-Jones-Index erwarten sie bei 37500 Punkten und den Euro Stoxx 50 bei 4400 Zählern. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen wird auf 0,0% taxiert. Zugleich sollte der Euro unter Druck bleiben.

Die LBBW-Analysten erwarten sowohl für die Bundesrepublik, den Euroraum als auch für China im kommenden Jahr ein Wirtschaftswachstum in der Größenordnung von 5%. Dabei schlagen sich in dem starken Plus für das deutsche BIP rein rechnerische Nachholeffekte aus dem noch laufenden Jahr nieder, wie Chefvolkswirt Moritz Kraemer bei der Vorstellung des Kapitalmarktausblicks der Bank in Stuttgart sagte. So hinkt aktuell die Industrieproduktion in der Größenordnung von mehr als 20% den Neuaufträgen, die sich auf Rekordniveau bewegen, deutlich hinterher. Für 2022 erwarten die Analysten, dass sich dieser Nachfragestau noch stärker fortsetzen und allein eindreiviertel Prozentpunkte der Wirtschaftsleistung ausmachen wird. Als große Unbekannte in allen Prognosen kennzeichnete Kraemer die Inflation, die bisher insbesondere von den Energiepreisen getrieben war.

Unter der Voraussetzung, dass es zu keinen weiteren pandemiebedingten Einbrüchen kommt, sehen die Analysten gute Chancen, die vorhandenen Angebotsengpässe insbesondere bei den Lieferketten überwinden zu können. „Ein Großteil der aufgelaufenen Aufträge sollte 2022 abgearbeitet werden können, nur in der Chipbranche dürfte der Mangel noch das ganze Jahr zu spüren sein“, sagte Thomas Meißner, Leiter Strategy Research der LBBW. Dabei geht er nicht davon aus, dass Produzenten die Fabrikation von Vorprodukten nach Europa zurückholen werden. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass die Unternehmen diese Thematik über höhere Lagerbestände lösen würden. Ein neues Gleichgewicht müsse sich da erst noch finden, so Meißner. Auf lange Sicht erwarten die Analysten sogar eine andauernde Erholung, die zu einem Welthandelsniveau führen könnte, das über dem der Zeit vor Corona liegen würde.

Dieser an sich „langfristige Optimismus“ der LBBW könnte nicht nur durch steigende Inzidenzzahlen gefährdet werden, sondern auch durch die „exorbitant ausgeweitete Staatsverschuldung“ auf weltweit mehr als 300% des globalen BIP, wie Kraemer sagte. Zwar läutet im zu Ende gehenden Jahr manche Notenbank wie die Fed in den USA die vorsichtige Wende in Richtung höhere Leitzinsen ein. Insbesondere der Europäischen Zentralbank (EZB) aber sind laut Kraemer aufgrund der hohen Verschuldung der Euro-Länder die Hände gebunden. Dies drücke sich auch in dem Umstand aus, dass die Zinslast der Euro-Länder durch die expansive Geldpolitik der EZB von 5,6% des BIP auf 3,6% gefallen ist. Vor diesem Hintergrund stellt die LBBW für die Länder auch keinerlei Einbußen bei deren Bonität fest – weder bei Ratingagenturen noch am Kapitalmarkt. „Die Schuldentragfähigkeit der Länder wird wegen der niedrigen Zinsen als höher angesehen“, sagte Kraemer und nannte beispielhaft zehnjährige Bundesanleihen, deren Realverzinsung aktuell bei rund minus vier Prozent liegt. Die EZB dürfte sich daher auch 2022 noch nicht aufgefordert fühlen, an der Leitzinsschraube zu drehen – allen Inflationsgefahren zum Trotz.

Nachdem im kommenden Jahr die Bedeutung von Corona-Sonderprogrammen zur Wirtschaftsbelebung abnimmt, sollte laut LBBW Research stattdessen eine weltweit starke Nachfrage die Erholung der Weltwirtschaft tragen. Dieser Trend wird nach Einschätzung der Analysten insbesondere durch den regen Investitionsbedarf für die Digitalisierung und den Klimaschutz „noch viele Jahre lang“ befeuert werden.