GASTBEITRAG

Liquide Volatilitätsstrategien werden fester Bestandteil der Portfoliosteuerung

Börsen-Zeitung, 22.8.2015 Mit der zunehmenden Volatilität im Fixed-Income-Bereich, verbunden mit ihrer positiven Korrelation zur Liquidität, ist davon auszugehen, dass Volatilitätsstrategien fester Bestandteil der Marktaktivitäten werden. In einem...

Liquide Volatilitätsstrategien werden fester Bestandteil der Portfoliosteuerung

Mit der zunehmenden Volatilität im Fixed-Income-Bereich, verbunden mit ihrer positiven Korrelation zur Liquidität, ist davon auszugehen, dass Volatilitätsstrategien fester Bestandteil der Marktaktivitäten werden. In einem Umfeld, in dem sich einige Zentralbanken langsam von der Nullzinspolitik wegbewegen, sind vor allem optionale Absicherungen sowie Strategien zur Prämieneinnahme hervorzuheben. Der Druck auf Asset Manager, bei steigenden Zinsen weiter gute Renditen für ihre Kunden zu erwirtschaften, ist hoch. Durch das aktive Eingehen von Volatilitätsstrategien ist ein positiver Beitrag zur Steigerung der Rendite im Portfolio möglich. OTC-Markt schrumpftSeit der Finanzkrise 2008 hat der Over-The-Counter(OTC)-Zinsoptionsmarkt Volumina abgebaut. Gründe sind sowohl die erhöhte Regulatorik als auch die reduzierte Nachfrage nach Produkten, wie zum Beispiel Swaptions, Caps und Floors. Gleiches gilt auch für komplexe Volatilitätsprodukte. Dies hat dazu geführt, dass viele Banken und Market Maker ihre Handelsbereiche geschlossen haben. Die Zunahme des elektronischen Handels für viele Produkte hat dazu beigetragen, dass standardisierte liquide Instrumente kostengünstiger auf Handelsplattformen angeboten werden. Auch börsennotierte Optionsprodukte haben an Bedeutung gewonnen und werden nun vorrangig für Volatilitätsstrategien eingesetzt. Allein die auf Eurex gehandelten Fixed-Income-Optionsvolumina erreichten in den letzten Monaten historische Höchststände, was mit der erhöhten Marktvolatilität zusammenhängt. FlexibilitätVolatilitätsstrategien erlauben ein flexibles Artikulieren der Marktmeinung mit zusätzlichen Vorteilen gegenüber Cash/Futures-Instrumenten. Sie ermöglichen zum Beispiel eine Reduzierung des eingesetzten Kapitals. Zusätzlich können synthetisch sowohl Long- als auch Short-Positionen repliziert werden.Ein wesentlicher Einflussfaktor für die Preisfindung von Optionen ist die implizite Volatilität. Diese ergibt sich durch die Rückrechnung aus den am Markt gehandelten Optionspreisen. Implizite Volatilitäten beispielsweise auf den Bund-Future, gemessen an den Bund-Optionen, sind ein guter Indikator für allgemeine Marktunsicherheiten. Zinsoptionen werden insbesondere von Makro-Hedgefonds eingesetzt. Diese versuchen anhand von Interpretationen der Notenbanken aus ihrer Sicht entstehende Opportunitäten auszunutzen.Beispielsweise ist beim Kauf von Optionen (Long-Positionen) das Verlustrisiko auf die einbezahlte Prämie beschränkt. Dadurch können größere Nominalpositionen gegenüber herkömmlichen Cash-Positionen aufgebaut werden. Long-Positionen werden genutzt, um von einer starken Marktmeinung und von positivem Gamma zu profitieren. Das Gamma beschreibt die Veränderung des Deltas einer Option. Dadurch wächst das Optionsdelta einer Long-Position bei steigenden Kursen (Long Calls) oder bei fallenden Kursen (Long Puts), was zu zunehmenden Erträgen führen kann. Zur Reduzierung des eingesetzten Kapitals werden oft kombinierte Optionsstrategien eingesetzt. Im Asset Management eröffnet die asymmetrische Risikostruktur von Optionen die Möglichkeit der Investition in Anlagestrategien, die über die normale Asset-Allokation von Wertpapieren hinausgeht. Mögliche Strategien werden im Wesentlichen zur Prämieneinnahme, zum Kapitalschutz oder als reine Volatilitätspositionierung angewendet.Zur Erzielung von Zusatzerträgen im Seitwärts- oder Abrissphasen bietet sich das sogenannte Covered Call Writing oder – nur im Seitwärtsmarkt – der Straddle/Strangle-Verkauf an. Bei der Covered-Call-Strategie werden die im Portfolio befindlichen Wertpapiere optional veräußert, indem Call-Optionen auf die zugrundeliegenden Wertpapiere verkauft werden. Dabei werden Strike und Laufzeit so gewählt, dass bei passiver Ausübung und somit zwangsweiser Veräußerung der Wertpapiere die gewünschte Zielrendite erreicht wird. Verfallen die Optionen jedoch wertlos, hat man die Optionsprämie voll vereinnahmt. Dies ist eine relativ risikoarme Strategie und dient der Erzielung von Zusatzerträgen bei Bestandportfolien.Bei einem Straddle/Strangle-Verkauf besteht die Möglichkeit, auch ohne die zugrundeliegenden Wertpapiere im Portfolio zu haben, Optionen zu verkaufen, in der Regel simultan Call- und Put-Optionen auf Zinsinstrumente. Dabei können Strike, Laufzeit und Anzahl bei Abschluss so gewählt werden, dass anfänglich eine ausgewogene Risikostruktur besteht. Da sich die Risikostruktur dynamisch mit dem Zinsumfeld verändert, können bei starken Marktbewegungen die Risiken aus diesen Optionen exponentiell ansteigen. Absicherung gegen SchocksGeht es um Kapitalschutz, bieten sich Long-out-of-the-Money-Optionen zur Absicherung gegen starke Marktbewegungen bzw. Marktschocks an. Bei dieser Strategie werden Optionen gekauft, und zwar relativ kostengünstig durch die Wahl von Strikes, welche deutlich unter dem aktuellen Preisniveau liegen. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit einer Ausübung gering, die Optionen verfallen oft wertlos und nur die investierte Prämie ist verloren. Das Delta einer Option ist annäherungsweise die Wahrscheinlichkeit, dass die Option nicht wertlos verfällt. Kommt es jedoch zu einer starken Marktbewegung, so entfalten die Optionen ihre volle Wirkung und können sich im Wert vervielfachen, um so Verluste im Gesamtportfolio auszugleichen. Daher kommt diese Strategie einer Versicherung gegenüber Extremereignissen (“Tail Risks”) durch die Zahlung einer Versicherungsprämie sehr nahe.Die implizite Volatilität kann als eigenständige Asset-Klasse gehandelt werden. Hier wird auf der einen Seite bei historisch günstigen Niveaus Volatilität gekauft (Long-Optionen). Demgegenüber kann eine hohe implizite Volatilität zum Verkauf von Optionen genutzt werden. Bei diesen Strategien wird die Rückkehr der Volatilität zu ihrem Mittelwert über den Zeitablauf unterstellt.Strategien auf implizite Volatilität werden mit und ohne Delta-Hedging aufgesetzt. Bei Strategien mit Delta-Hedging handelt es sich um dynamische Volatilitätsstrategien, bei denen versucht wird, die Differenz zwischen impliziter und realisierter Volatilität auszunutzen. Generell handelt die implizite Volatilität über der realisierten Volatilität – daher sind Short-Strategien auf Optionen opportun. Zur umgekehrten Situation kommt es bei unerwarteten Ereignissen, welche die Schwankungsintensität des Marktes erhöhen und dadurch ein verstärktes Absicherungsbedürfnis von Investoren hervorrufen.—-Frank Hagenstein, Chefanlagestratege der Deka-Gruppe