Rohstoffmärkte

Metallpreise auf Rekordfahrt

Gleich mehrere Industriemetalle befinden sich auf Rekordniveau. Kupfer, Eisenerz, Stahl und das in der Autoindustrie verwendete Edelmetall Palladium sind so teuer wie nie zuvor. Allerdings gibt es auch umfangreiche Engagements spekulativer Finanzinvestoren.

Metallpreise auf Rekordfahrt

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Die Rally der Industriemetalle setzt sich unvermindert fort. Am Montag hat der Preis von Kupfer als dem wichtigsten Metall der Rohstoffgruppe mit 10747,50 Dollar je Tonne ein weiteres Allzeithoch erreicht. Später wurde das Metall an der London Metal Exchange (LME) dann zu 10703 Dollar gehandelt, was immer noch einem starken Anstieg gegenüber Freitagabend von 2,8% entspricht. Am Freitag war bereits erstmals seit 2011 wieder ein Rekordstand markiert worden. Auch an der Shanghai Futures Exchange erreichte der Kupferpreis seinen bisher höchsten Stand. Der Juni-Kontrakt legte am Montag um 4,8% auf 77720 Yuan (12084,62 Dollar) zu.

Kurz vor Rekordniveau steht auch der Index der Industriemetalle der LME. Er dürfte in Kürze das Allzeithoch von etwas mehr als 4550 Punkten aus dem Jahr 2007 einstellen. Gegenüber dem Tief vom März vergangenen Jahres hat sich der Indexstand damit mehr als verdoppelt. Nach Einschätzung von Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoffresearchs der Commerzbank, mehren sich bei vielen Metallen die Signale einer weiteren kurzfristigen Angebotseinengung. Erstaunlich sei aber, so Weinberg, dass auch die Preise von Metallen massiv zulegten, deren Märkte eigentlich einen Überschuss aufwiesen. So habe sich beispielsweise der Aluminiumpreis allein in den vergangenen drei Monaten um 30% erhöht, obwohl dieser Markt laut den meisten Beobachtern in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge einen Ange­botsüberschuss verzeichnen werde. Aluminium verteuerte sich am Montag um 1,7% auf 2582 Dollar je Tonne.

Ähnliches gilt für andere Industriemetalle. So hat sich Zink gegenüber dem Tiefpunkt der Preisentwicklung im März 2020 um 58% erholt, obwohl es nach Einschätzung der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) im laufenden Jahr ein Überangebot gibt, wie auch schon 2020. Eine fundamental nachvollziehbare Preisentwicklung gibt es hingegen bei Blei. Gegenüber dem Tief vom März 2020 hat sich der Preis nur um rund 30% erholt, was angesichts des von der ILZSG festgestellten Überangebots auf dem Weltmarkt auch angemessener erscheint.

Die relative Zurückhaltung der Marktteilnehmer bei diesen Metallen könnte gegen die These von einem neuen Superzyklus sprechen, der von einigen US-Investmentbanken schon wieder propagiert wird. Im Rahmen eines Superzyklus müsste es eine mehr oder weniger einheitliche Aufwärtsbewegung sämtlicher Industriemetalle geben. Insofern spricht einiges dafür, dass es sich zumindest bei einigen Metallen um kurzfristige spekulative Übertreibungen als Nachwirkung der Coronakrise handeln könnte.

Händler verweisen daher auch auf das verstärkte Interesse spekulativer Finanzinvestoren insbesondere bei Kupfer. Dieses wird unter anderem von sehr optimistischen Studien verstärkt. So ließen die Analysten der Bank of America jetzt verlauten, sie erwarteten den Kupferpreis binnen vier Jahren bei 20000 Dollar je Tonne. Die Lagerbestände befänden sich derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren, sie deckten gerade die Nachfrage von drei Wochen ab. Für das laufende und für das nächste Jahr geht Michael Widmer, Rohstoffstratege der Bank of America, von Defiziten auf dem Kupfermarkt aus. Der Anstieg der Volatilität auf dem Kupfermarkt als Folge der geringer werdenden Lagerbestände sei bei dem Metall ohne Beispiel, betont er. Er verweist auf das Beispiel der Entwicklung der Nickelpreise, die 2006/07 aufgrund von Knappheit um 300% gestiegen seien. Widmer rechnet mit einem Anstieg des Kupferpreises bis auf 13000 Dollar im kommenden Jahr. Bei Kupfer ist es vor allem die Elektromobilität, die große Hoffnungen bei Finanzinvestoren weckt. Elektroautos benötigen deutlich mehr Kupfer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Für eine grüne Revolution

Die Rally heizt ebenfalls Ivan Glasenberg an, Chief Executive Officer des Minenkonzerns und Rohstoffhändlers Glencore. Er vertritt die Meinung, dass der Kupferpreis noch um 50% steigen und damit 15000 Dollar erreichen müsse, damit es die notwendigen Investitionen in neue Kupferminen zur Sicherstellung der „grünen Revolution“ geben. Neue Abbaumöglichkeiten würden sich vor allem in riskanteren Projekten in Russland oder Teilen Afrikas bieten. Die These, dass höhere Rohstoffpreise für die grüne Revolution förderlich seien, wird allerdings beispielsweise von der Internationalen Energieagentur IEA bestritten, die kürzlich warnte, die hohen Preise könnten den Übergang zu sauberen Energien verlangsamen oder gefährden.

Aus den Fugen geraten ist aktuell auch der chinesische Markt für Eisenerz. An der Dalian Commodity Exchange ist der führende Eisenerzkontrakt zur Lieferung im September am Montag um den höchstzulässigen Tagesgewinn von 10% auf ein Rekordhoch von 1326 Yuan (206,30 Dollar) je Tonne gestiegen. Der Preis wird angetrieben durch sinkende Lagerbestände in den chinesischen Häfen und eine kräftige Nachfrage. So ist die Auslastung von 247 Stahlwerken in China in der vergangenen Woche auf 90,6% geklettert. Dies ist der höchste Wert seit März. In­zwischen sieht sich die Börse von Dalian gezwungen, Maßnahmen gegen die starken Kursausschläge zu treffen. So sollen die zulässigen Ordergrößen beschränkt und die Hinterlegungspflichten verschärft werden.

Enorme Ausschläge gibt es auch an der Shanghai Futures Exchange. So zog der Preis für Baustahl (Rebar) zur Lieferung im Oktober am Montag um 6% auf den Rekordstand von 6012 Yuan an. Der Monatskontrakt für Walzstahl erreichte mit 6335 Yuan je Tonne ebenfalls Rekordniveau. Die Shanghai Futures Exchange will der exzessiven Kursbewegungen mit der Einführung zusätzlicher Handelsgebühren Herr werden.

Von der Hausse der Metalle betroffen ist auch das Edelmetall Palladium, das in Autokatalysatoren eingesetzt wird. Palladium hat ein Allzeithoch von 3017 Dollar je Feinunze erreicht. Den Preis treiben vor allem Produktionsausfälle in zwei Minen des russischen Produzenten Nornickel an. Nach Einschätzung der Analysten der UBS fehlen auf dem Weltmarkt im laufenden Jahr rund 1 Mill. Feinunzen.