Nach der US-Wahl beginnt der Honeymoon
Nach den Wahlen beginnt der Honeymoon und Zuversicht für Aktien ist angesagt, so das Ergebnis der Podiumsdiskussion von führenden Finanzprofis auf dem Investmentfondstag. Auch langfristig spricht vieles für Aktien, zumindest sobald ein Impfstoff da ist und es gelingt, die Pandemie zu besiegen.wrü Frankfurt – Die Kernaussage der Podiumsdiskussion von sechs renommierten Experten auf dem 9. Investmentfondstag der Börsen-Zeitung ist eindeutig: Für Aktien besteht sehr viel Zuversicht und für denjenigen, der erfolgreich Geld investieren will, sind Beteiligungspapiere mittelfristig erste Wahl. Zunächst gibt es aber noch einige Unsicherheitsfaktoren. So sei die US-Wahl natürlich ein wichtiges Ereignis für die Finanzmärkte, stellte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, heraus. Komme es zu einem Wechsel zu Biden, ist das “für die Märkte eigentlich ein ganz positives Signal”. Denn es stünden dann in den USA massive Infrastruktur- und Zukunftsinvestitionen an. Mittel- und langfristig führt für Zeuner angesichts extrem niedriger Zinsen und einer wieder anziehenden Weltkonjunktur ohnehin kein Weg an Beteiligungspapieren vorbei: “Es bleibt ein Umfeld, das positiv für Aktien ist.”Auch Bernhard Langer, CIO für Quantitative Strategies bei Invesco, geht von einem Sieg Bidens bei der US-Wahl aus. Seiner Ansicht nach ist “überschäumender Optimismus” an den Märkten in den nächsten Monaten nicht angebracht. Die Hoffnung sei die Erholung Chinas und dass es einen Impfstoff geben wird. Ohne Zweifel werde es deutliche wirtschaftliche Auswirkungen durch die Pandemie geben, bis hin zu Auswirkungen bei den Unternehmensgewinnen. Auch dürfte es bei Einzelaktien, deren Kurse zuletzt ungewöhnlich stark gestiegen seien, wie zum Beispiel Tesla, durchaus zu einer Nivellierung kommen.Manfred Hübner, Geschäftsführer von Sentix, hat das saisonale Muster für Aktien in einem US-Wahljahr genau untersucht. “Vor der Wahl ist Ruhe, danach beginnt der Honeymoon”, erklärte Hübner. Alles, was kein Patt ist, sei positiv. Denn nach der Wahl, wenn die Unsicherheit weg sei, dürften die Aktienkurse in den USA anziehen. Darüber hinaus sei auch das strategische Grundvertrauen der Anleger in Aktien positiv, so ein Ergebnis der aktuellen Sentix-Investorenumfrage. Denn die Anleger realisierten, dass es Besserung gebe. Dax über 13 000 möglichHübner geht zwar davon aus, dass Aktien im Honeymoon nach der US-Wahl zulegen sollten, doch sieht er ein Restrisiko im kommenden Jahr. Eine große Enttäuschung drohe, wenn kein wirksamer Impfstoff gegen Corona, wie allgemein erwartet, zur Verfügung stehen sollte.Auch Christoph Ohme, Senior Portfoliomanager für deutsche Aktien bei der DWS und dabei für mehrere große Flaggschiff-Fonds mitverantwortlich, sieht vor der US-Wahl noch “erhöhte Volatilität”. Nach der Wahl seien dann die Chancen für eine Erholung hoch. “Nach der Wahl ist ein Anstieg des Dax über 13 000 Punkte möglich”, erklärte Ohme. In den von ihm betreuten Deutschland-Aktienfonds setzt er auf eine Art “Barbell-Strategie”. Zum einen investiert er in Unternehmen, die strukturelle Gewinner sind, wie zum Beispiel E-Commerce-Unternehmen. Zum anderen legt er aktuell auch in zyklische Profiteure wie nicht zuletzt Automobiltitel und Chemiewerte an. Denn diese deutschen Aktien hätten insofern eine Sonderstellung, als sie überdurchschnittlich stark von der aktuellen Erholung der chinesischen Volkswirtschaft profitierten.Obwohl Value-Aktien sich in den vergangenen Jahren unterdurchschnittlich entwickelt haben, bleibt Frank Fischer, CIO von Shareholder Value, diesem Investmentansatz treu. Fischer sieht zum einen im aktuellen Umfeld viele Gelegenheiten zum Einstieg bei günstigen Substanzwerten. Zum anderen seien gerade bei ausgewählten Value-Aktien hohe Gewinne zu erzielen, wenn es gelinge, die Pandemie zu besiegen, und wieder Normalität einkehre. Als Beispiel nannte Fischer den Brauereikonzern AB Inbev.In dem von ihm betreuten Fonds ist Fischer derzeit nicht voll investiert, im Vorfeld der Wahl hofft er auf Rückschläge bei einigen Titeln, um zuzukaufen. Angesichts niedriger Zinsen und einer moderaten Inflation könne es sogar im nächsten Jahr zu einer regelrechten “Party” bei Aktien kommen, gelinge es, die Pandemie zu besiegen. Gesellschaftlich sei die Politik der hohen Verschuldung aber problematisch. “Diejenigen, die keine Aktien haben, werden die Zeche zahlen.”Obwohl die Renditen für Bundesanleihen inzwischen tiefrot sind, gibt es bei Festverzinslichen immer noch Gelegenheiten. “Wir finden immer noch attraktive Anleihen”, erklärte Ulrich Kaffarnik, Vorstand bei DJE Capital und dort Manager mehrerer Mischfonds. Das seien dann aber Papiere von internationalen Unternehmen. “Es ist kein Aktienjahr, was wir erlebt haben”, sagte Kaffarnik. Denn sowohl große Indizes wie der Dax als auch der Euro Stoxx 50 seien noch im Minus. Weltzins steht bei nullMit einer stabilen Konjunkturentwicklung und verbesserten Unternehmensgewinnen sei ein Anstieg der Aktienkurse durchaus plausibel. An der Geldpolitik der Notenbanken werde sich gar nichts ändern. “Der Weltzins steht bei null”, hat DJE Capital ausgerechnet. “Unter längerfristigen Gesichtspunkten kann in den nächsten Jahren nur am Aktienmarkt etwas verdient werden”, meinte Kaffarnik und folgerte: “Zu Aktien gibt es auf mittlere Sicht keine Alternative.”