DEVISENWOCHE

Neues Jahr - gleiche Themen

Von Holger Achnitz *) Börsen-Zeitung, 12.1.2016 Nach dem volatilen und insbesondere für die Aktienmärkte enttäuschenden Start in das neue Jahr zeigt auch der Beginn der zweiten Handelswoche, dass zwei Sorgen des vergangenen Jahres auch die...

Neues Jahr - gleiche Themen

Von Holger Achnitz *)Nach dem volatilen und insbesondere für die Aktienmärkte enttäuschenden Start in das neue Jahr zeigt auch der Beginn der zweiten Handelswoche, dass zwei Sorgen des vergangenen Jahres auch die kommenden Monate bestimmen werden. Erstens sind das die weitere konjunkturelle Entwicklung Chinas und die damit verbundenen Konsequenzen für lokale und globale Aktienmärkte sowie den Renminbi – und zweitens ist es der sich fortsetzende Rückgang des Ölpreises.Eine Kombination aus mäßig enttäuschenden Konjunkturindikatoren und Stop-Loss-Regeln für den Aktienmarkt reichte zu Jahresbeginn für drastische Kursstürze in den chinesischen Indizes und eine weitere Abwertung des Renminbi aus. Letzteres wurde auch durch die Abwertung der Währungen von Chinas Handelspartnern bedingt, die teilweise wiederum durch den fallenden Ölpreis unter Druck stehen – eine klassische Spirale. Investoren wurden unweigerlich an den August 2015 erinnert, als eine ähnliche Gemengelage weltweit fallende Aktienmärkte und niedrigere Renditen zur Folge hatte. Gleichzeitig stiegen damals wie heute die Währungen mit Zahlungsbilanzüberschüssen, während diejenigen mit Defiziten stark unter Druck gerieten. Die heftige Reaktion lässt sich auch dadurch erklären, dass die weitere Entwicklung nur schwer vorherzusagen ist: Die chinesische Führung hat mit immer wieder neuen Regeln und Änderungen Aktieninvestoren verunsichert, und der Preis des “schwarzen Goldes” lässt sich angesichts des Unvermögens der Opec bezüglich Fördergrenzen und der Absicht Saudi-Arabiens, seinen Produktionskostenvorteil zulasten anderer Anbieter auf geraume Zeit zu nutzen, praktisch nicht prognostizieren. Schwelende KonflikteFür interessierte Beobachter lassen sich noch jede Menge andere Ereignisse finden, um das neue Jahr mit gerunzelter Stirn zu begrüßen: neue Eskalationen im Nahen und Fernen Osten (Saudi-Arabien/Iran sowie Nord-/Südkorea), die ungehindert weitergehende Tragödie in Syrien und ein immer noch schwelender Konflikt in der Ukraine (beide mit schwer abzuschätzenden Folgen für das Verhältnis zwischen westlicher Welt und Russland), die Folgen der ungelösten Flüchtlingskrise und damit assoziierte Meinungsverschiedenheiten innerhalb der EU sowie die in den kommenden Monaten vermutlich an Momentum gewinnende Diskussion um den EU-Verbleib Großbritanniens. In diesem Zusammenhang mag es helfen, sich auf vergleichbar verlässlich vorherzusagende Entwicklungen zu stützen:1.Der US-Arbeitsmarktbericht für Dezember war eine Bestätigung für die moderate Zinserhöhung durch die Fed. In der Folge erwarten die Volkswirte der Citigroup nun die nächste Anhebung der Leitzinsen bereits im März (bisher: Mitte des Jahres), gefolgt von zwei weiteren vor Ende 2016. Verfall der Rohstoffpreise2.Gekoppelt mit niedrigen bzw. weiter fallenden Rohstoffpreisen wären schneller als bisher erwartet steigenden Zinsen in Amerika eine weitere Belastung für die Währungen der Länder, die 2015 erhebliche Einbußen verzeichnen mussten (z. B. Brasilien und Russland). Für dortige Investitionen unter der Annahme, dass Gleichgewichtskurse mittlerweile erreicht sind, scheint es noch zu früh.3.Die zur Stützung des Renminbi in den ersten zehn Monaten 2015 getätigten Verkäufe Chinas von US-Treasuries im Umfang von 187 Mrd. Dollar laut US-Finanzministerium sind ohne nennenswerten Effekt auf die Kapitalmarktzinsen vom Rentenmarkt absorbiert worden – sicher aufgrund der infolge der QE-Maßnahmen erreichten Größe des US-Rentenmarktes wenig überraschend, aber dennoch beruhigend zu wissen, da weitere Verkäufe abhängig vom künftigen Verlauf der chinesischen Konjunktur sicher nicht ausgeschlossen werden können.4.Die Fortsetzung des ausgeweiteten Programms zum Ankauf von Staatsanleihen in der Eurozone lässt die ungelöste Regierungsbildung in Spanien nach der Wahl vor Weihnachten in den Hintergrund treten, so dass bislang keine nachhaltig negativen Auswirkungen auf Peripherie-Renditen und Spreads zu Bunds festzustellen sind. Gleichzeitig sollte es in den kommenden Wochen die generell im Markt vorhandene Euro-Liquidität weiter erhöhen, so dass der in der letzten Woche zwischen 1,0710 und 1,0970 volatile Euro-Dollar-Kurs eher wieder fallen sollte. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass der Zyklus der Dollar-Aufwertung gegenüber dem Euro und anderen europäischen Währungen noch nicht beendet ist und im Jahresverlauf noch einen neuen Höchststand erreichen wird.Die Finanz- und Devisenmärkte haben den Jahreswechsel weitgehend ignoriert – 2016 werden die Themen dominant bleiben, die das vergangene Jahr bestimmten.—-*) Holger Achnitz ist Leiter des Devisenhandels bei Citi Deutschland.