Nur Lindt-Aktien sind zum Anbeißen

Morgan Stanley erwartet anhaltendes Wachstum der Schokoladenbranche - Barry Callebaut hoch bewertet

Nur Lindt-Aktien sind zum Anbeißen

Es kann ruhig ein bisschen teurer sein – das ist laut Morgan Stanley derzeit das Motto unter den Schokoladenkäufern. Gerade in Industrieländern griffen diese immer mehr zu hochwertigen Produkten. Impulskäufe nähmen unterdessen ab. In einer Studie stuft die US-Bank Lindt & Sprüngli auf “Overweight”, Barry Callebaut und Hershey hingegen auf “Underweight”.amb Frankfurt – Trotz Gesundheitswelle und Kariesangst: Die Lust auf Schokolade wird nach Ansicht von Morgan Stanley nicht vergehen. “Schokolade ist nicht tot”, heißt es in einer Studie der US-Bank. Sie geht davon aus, dass in Zukunft vor allem hochwertige Schokolade gefragt sein wird, für Premiumanbieter erwartet sie bis 2023 Wachstumsraten von 6 % bis 7 % im Jahr, für die Branche insgesamt immerhin noch 2 % bis 2,5 %. Als großen Gewinner sieht sie den Schweizer Edelschokoladenhersteller Lindt & Sprüngli. Nestlé und Hershey stünden hingegen vor Herausforderungen, während Barry Callebaut zwar gut positioniert, aber auch schon hoch bewertet sei.Der Trend hin zu gesünderen Snacks, die Verlagerung von Käufen in das Internet, immer weniger Geschäfte, in denen spontan zu Schokolade oder Riegeln gegriffen werden kann, sowie eine drohende Zuckersteuer könnten vermuten lassen, dass die Branche auf dem Abstieg ist. Die Analysten gehen aber davon aus, dass der weltweite Markt für Schokolade, anders als der von Softdrinks, weiter wachsen wird – wenn auch die Wachstumsraten von 4 % bis 5 % aus der Vergangenheit in Zukunft nicht mehr erreicht würden.Genuss werde einer der wesentlichen Beweggründe für Konsumenten bleiben, meinen die Analysten, und hier spiele die mit Emotionen verbundene Schokolade eine besondere Rolle als “erschwingliches Luxusgut”. Darüber hinaus sei bei den Menschen angekommen, dass Schokolade, in kleinen Mengen, nicht ungesund sein muss. Für die großen Schokoladenhersteller spreche, dass in der Branche Marken wichtig seien. Die bei anderen Produkten zu beobachtende Hinwendung hin zu kleineren, lokalen Anbietern fehle hier daher, vielmehr herrsche hohe Markentreue.Abgesehen davon machen die Analysten mehrere Trends aus: In Industrieländern, die immerhin für rund 72 % des Marktes stünden, werde die Nachfrage nach hochwertiger Schokolade schneller wachsen als die nach günstigen Produkten. “Weniger, aber dafür besser”, sei hier das Motto. In Schwellenländern werde die Nachfrage mit steigenden Einkommen anziehen – wegen der fehlenden “Schokoladentradition”, des vielerorts heißen Klimas und der im Vergleich zu anderen Süßigkeiten hohen Preise aber in langsamem Tempo. Erst längerfristig könnten auch Länder, in denen es traditionell keine Schokolade gebe, Beispiel China, zum Wachstum beitragen. Weniger SpontankäufeAußerdem rechnen die Analysten damit, dass in Zukunft mehr Schokolade geplant gekauft wird, als Geschenk oder Mitbringsel. Spontane Käufe, die in den großen Ländern noch rund 70 % der Umsätze ausmachten, würden hingegen zurückgehen. Unternehmen mit Produkten, die eher in die Geschenke-Kategorie fielen, würden sich daher besser schlagen als solche mit Massenschokoladen. Online sei der Impulskauf ohnehin schwierig, auch von diesem Trend profitierten eher die Premiumanbieter.Eine Zuckersteuer erwartet Morgan Stanley im Übrigen nicht. Zum einen sei die Industrie bereits dabei, Portionsgrößen zu verkleinern und die Kalorienzahl zu verringern. Zum anderen seien solche Steuern schwer durchzusetzen: Die 2011 eingeführte Fettsteuer in Dänemark wurde nach Protesten der Bevölkerung 2013 wieder abgeschafft. Ohnehin mache Schokolade nur einen kleinen Prozentsatz am Zucker- und Fettkonsum aus. Nicht zuletzt könne man mit den Gesundheitseffekten von Kakao werben. Premiumanbieter vornLindt & Sprüngli wird erstmals beurteilt und auf “Overweight” gestuft bei einem Kursziel von 8 000 sfr. Die Aktie hatte im Februar noch 5 435 sfr gekostet, Ende August war der Kurs über 7 000 sfr gestiegen, aktuell sind es 6 845 sfr. Für das Schweizer Unternehmen sprächen das nachhaltig überdurchschnittliche Wachstum, der steigende Marktanteil und die Position als einziger global tätiger Premiumanbieter. Außerdem rechnen die Experten mit einer Erholung des US-Geschäfts. Den hohen Bewertungsaufschlag halten sie für berechtigt. Der Umsatz von Lindt & Sprüngli stieg in der ersten Jahreshälfte 2018 um 7,7 %, organisch waren es 5,1 %. Damit wurde die Schwäche aus dem Vorjahr wieder ausgebügelt. 2017 hatten schrumpfende Erlöse der US-Tochter Russell Stover die Gruppe ausgebremst.Der Schweizer Kakao- und Schokoladenproduzent Barry Callebaut, der große Nahrungsmittelkonzerne und Schokoladenhersteller mit Schokolade und Kakao-Produkten beliefert, wird ebenfalls erstmals beurteilt, aber auf “Underweight” gesetzt. Hier wird ein Kursziel von 1 650 sfr genannt (aktuell 1 863 sfr). Barry Callebaut werde weiter überdurchschnittlich wachsen und vom Outsourcing profitieren, das durch die kapitalintensive Produktion in der Branche Sinn mache und große B2B-Anbieter bevorteile. Ein Pluspunkt sei auch die große Produktpalette bis hin zu herzhaften Snacks. Die Analysten halten 4 % bis 6 % Wachstum im Jahr für möglich, das Gewinnwachstum je Aktie werde sich aber verlangsamen. Vor allem aber sei die Aktie schon zu hoch bewertet. Barry Callebaut hat in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2017/18 (31. Mai 2018) das Verkaufsvolumen dank starker Nachfrage aus Schwellenländern um 6,9 % steigern können.Der US-Schokoladenkonzern Hershey profitiere zwar von seiner marktbeherrschenden Stellung bei günstigen Schokoladen in den USA, ihm fehlten aber die hochwertigen Produkte und eine Präsenz in Schwellenländern. Das Kursziel von 98 Dollar liegt unter dem aktuellen Kurs (105,57 Dollar), die Aktie wird daher auf “Underweight” gesetzt.Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé, bei Schokoladenprodukten unter anderem mit Kitkat und Smarties bekannt, hinkt den Analysten zufolge in seinem Süßwarengeschäft beim Wachstum hinter dem Markt her und verliere Anteile. Allerdings sei dies auch kein Kerngeschäft des Schweizer Konzerns, der sich in Zukunft ohnehin auf andere Segmente konzentrieren wolle. Hier nennen die Analysten ein Kursziel von 88 sfr (aktuell 81,28 sfr), die Aktie wird – unabhängig von der schwachen Entwicklung bei den Schokoladen – auf “Overweight” gestuft.