Ausblick

Opec kommt Biden kaum entgegen

Die Opec hat nur eine geringfügige Anhebung ihrer Ölförderung beschlossen. Da das EU-Ölembargo gegen Russland die weltweiten Lieferbeziehungen durcheinanderwirbelt, könnte der Ölpreis weiter steigen.

Opec kommt Biden kaum entgegen

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Der Biden-Administration ist dieser Tage ein kleiner Erfolg gelungen: Auf ihr Drängen hin hat das Kartell Opec plus beschlossen, die Ölfördermengen der Mitgliedsländer in den kommenden beiden Monaten stärker als bisher avisiert zu erhöhen. Statt monatlich 432000 Barrel pro Tag (bpd) sollen es nun 650000 bpd sein. Biden dringt seit längerem auf eine kräftige Anhebung der Förderung durch die großen Ölproduzenten, um so den enormen Anstieg der Energiepreise und der allgemeinen Inflation wenigstens halbwegs unter Kontrolle zu bekommen.

Zu dem erhofften deutlichen Rückgang des Ölpreises ist es aber nicht gekommen, ganz im Gegenteil: Der Brent-Ölpreis kletterte in der ersten Reaktion um rund 4 Dollar auf 118 Dollar je Barrel. Dies liegt daran, dass das Entgegenkommen der Opec plus gegenüber den USA bestenfalls als halbherzig zu bezeichnen ist. Denn wie Rohstoffanalyst Carsten Fritsch von der Commerzbank anmerkt, habe die Opec plus damit lediglich die für die kommenden drei Monate vorgesehenen Produktionserhöhungen auf die nächsten zwei Monate vorgezogen. „Mehr Öl steht dem Markt, wenn überhaupt, nur kurzfristig zur Verfügung“, resümiert er. Eine nennenswerte Erhöhung der Ölproduktion sei damit wegen der fallenden russischen Förderung unmöglich, solange andere Länder ihre Produktion nicht stärker ausweiten dürften. Fritsch weist darauf hin, dass es gegenwärtig Abweichungen von den vereinbarten Förderquoten fast nur nach unten gibt – während in der langen Geschichte der Opec eher Abweichungen nach oben die Regel waren.

Zwar wird den Mitgliedern eine Frist bis zum Jahresende zur Erfüllung der Quoten eingeräumt. Für Fritsch ist es jedoch unklar, wie die Länder, die ihre Produktion aufgrund von Kapazitätsbegrenzungen bislang nicht erhöhen konnten, dazu bis zum Jahresende in der Lage sein sollten. Ein über die Quoten hinausgehender Ausgleich durch die Länder, die dazu in der Lage wären, ist in den Beschlüssen jedoch nicht vorgesehen. „Letzten Endes macht die beschlossene stärkere Produktionserhöhung im Juli und August für den Ölmarkt somit keinen großen Unterschied“, ist er überzeugt. Zu der erhofften Entlastung werde es nicht kommen.

Da das nun beschlossene weitgehende Ölembargo der Europäischen Union gegen Russland zu erheblichen Turbulenzen am Ölmarkt und einer Neuausrichtung der Lieferbeziehungen führen wird – die EU verzichtet auf 3 Mill. bpd an russischem Öl –, ist ein weiterer Anstieg des Ölpreises nicht auszuschließen. Die Folgen der Verteuerung von Energie, Nahrungsmitteln und anderen Gütern könnten gravierend sein. So hat Jamie Dimon, Chef der US-Großbank J.P. Morgan Chase, jetzt gewarnt, auf die USA komme ein wirtschaftlicher „Hurrikan“ zu. Dieser drohe zu einem „Supersturm“ zu werden, so dass Dimon sämtlichen Anlegern rät, sich gut darauf vorzubereiten. Betroffen sein dürften nicht nur die Rohstoff- und Gütermärkte, auch auf die Aktienmärkte könnte erhebliches Unheil zukommen.

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