Optionen gegen die Volatilität

Nach Großunternehmen entdecken Vermögensverwalter Währungsabsicherungen für sich

Optionen gegen die Volatilität

Die Absicherung von Währungsrisiken war bislang vor allem für global tätige Unternehmen wichtig. Angesichts der Niedrigzinsen stellt sich diese Aufgabe auch zunehmend für Vermögensverwalter. Allerdings ist Banken zufolge trotz erhöhter Volatilität am Devisenmarkt nur in einzelnen Währungen wie dem Pfund erhöhte Hedging-Aktivität zu erkennen.Von Stefan Schaaf, FrankfurtIm Sommer 2014 war der Devisenmarkt mehr oder weniger eingeschlafen, die Volatilität hatte Rekordtiefs erreicht. Der von der Deutschen Bank berechnete Devisenvolatilitätsindex CVIX pendelte um 5 Punkte und lag damit nur noch halb so hoch wie ein Jahr zuvor. Zwischenzeitlich hat sich das Bild geändert, im Februar lag der Index bei rund 12 Punkten, womit die Volatilität im Währungshandel so hoch wie zuletzt im Januar 2015 lag. Inzwischen hat sich der Markt wieder etwas beruhigt, der Index liegt jedoch weiterhin deutlich über 10 Punkten. Auch einzelne Ereignisse spiegeln eine deutliche höhere Unruhe der Marktteilnehmer wider: Als die Europäische Zentralbank (EZB) am 3. Dezember 2015 mit einer Lockerung ihrer Geldpolitik hinter den Markterwartungen zurückblieb, schlug der Euro-Dollar-Kurs untertags um 4,5 US-Cent aus, in dem wichtigsten und liquidesten Währungspaar bis dato kaum vorstellbar. Risikomanagement gefragtFür Marktakteure bedeutet dies, dass diese ein gutes Risikomanagement benötigen. “Der Devisenmarkt kann länger irrational sein, als der Anleger solvent ist. Auf gehebelter Basis kann das richtig wehtun”, sagt Tobias Frei, der sich beim Vermögensverwalter Bantleon als Portfoliomanager um Fremdwährungsrisiken kümmert.Allerdings hat sich die erhöhte Volatilität bislang nicht in steigenden Absicherungsaktivitäten ausgewirkt, haben Banken beobachtet. “Die kurzfristigen Schwankungen sind zwar hoch, aber in den für die deutschen Außenhändler wichtigen Währungen sind kaum längere Trends zu erkennen, gegen die man sich absichern muss”, berichtet Ulrich Leuchtmann, Leiter der Devisenanalyse der Commerzbank, die viele große und mittelständische Unternehmen in Deutschland zu ihren Kunden zählt.Der Euro-Dollar-Kurs bewegt sich zwar mitunter untertags mit großen Ausschlägen, hängt jedoch seit rund einem Jahr in einer Spanne von rund 1,05 bis 1,15 Dollar fest. Damit ergebe sich, so Leuchtmann, auch kaum ein Absicherungsbedarf. Ähnliches beobachtet Leuchtmanns Frankfurter Kollege Holger Achnitz von der Citigroup. “Insbesondere Großunternehmen haben feste Regeln für die Währungsabsicherung, von denen sie nicht abweichen, ihr Bedarf ist konstant hoch.” Viele Unternehmen nutzten allerdings auch Schwächephasen, um Investitionen in einem Land hochzufahren. Gefahren beim PfundAllerdings sind in einigen Währungspaaren die Ausschläge deutlich größer geworden. “Der Dauerbrenner ist China. Alle fragen sich, wie lange die Dollar-Bindung des Yuan noch hält – und was passiert, wenn sie zerbricht”, sagt Uwe Wystup, Gründer und Geschäftsführer von Mathfinance. Das 2003 gegründete Frankfurter Unternehmen berät mit zehn fest angestellten Mitarbeitern Finanzdienstleister bei der Bewertung von Derivaten und Risikokennzahlen. Allerdings hat sich das Hedging-Verhalten beim Yuan verändert. Wegen der einst engen Dollar-Bindung haben europäische Marktteilnehmer ihr Yuan-Exposure meist über den Euro-Dollar-Kurs abgesichert, auch als Proxi-Hedging benannt. “Durch die Etablierung des Offshore-Yuan in Hongkong ist das Proxi-Hedging nicht mehr so attraktiv”, sagt Leuchtmann.Ein ansteigendes Risiko ist nach Einschätzung von Marktteilnehmern beim britischen Pfund wegen des möglichen EU-Austritts Großbritanniens (Brexit) zu beobachten. “Auch wenn ich glaube, dass die Briten sich letztlich für einen Verbleib in der EU entscheiden, so ist ein möglicher Brexit ein großes Event-Risiko”, sagt Leuchtmann. Allerdings müsse man bedenken, dass in der Vergangenheit immer wieder einmal die britische Leistungsbilanz sich sehr schnell korrigiert habe. Zuletzt betrug das Defizit der Leistungsbilanz 4,7 % der Wirtschaftsleistung. “Bei diesen schnellen Korrekturen wertete das Pfund bis zu 30 % ab, das würde manche Firma überfordern.”Leuchtmann zufolge sichern sich die meisten Unternehmen über Termingeschäfte ab. Im Fall des Brexit-Risikos böten sich allerdings auch Optionen an, die nur im Fall einer deutlichen Pfund-Abwertung wirksam würden. Die BayernLB erwartet vor diesem Hintergrund eine Abschwächung der britischen Währung: “Da das Brexit-Referendum nun kaum mehr als drei Monate entfernt ist, könnte es in den kommenden Tagen und Wochen zu vermehrten Absicherungsgeschäften gegen eine starke Pfund-Abwertung und einem insofern erhöhten Abwertungsdruck auf das Pfund kommen.” Unruhe in SchwellenländernIn den ersten Monaten des Jahres hatte zudem eine erhöhte Volatilität bei den Schwellenländer-Währungen für Unruhe gesorgt. Berechnungen von HSBC zufolge lag jüngst die Volatilität der 20 wichtigsten Schwellenländer-Währungen rund ein Drittel höher als im vergangenen Sommer. “In manchen Währungen machen sich die Aussichten eines niedrigeren Weltwirtschaftswachstums bemerkbar”, beobachtet Achnitz. Kaum akute Risiken sieht der Experte bei festen Währungsbindungen, sogenannten Pegs. “Es wird viel darüber gesprochen, aber wir stellen seitens der Unternehmen keinen stärkeren Handlungsbedarf fest. So überwiegen beispielsweise in Saudi-Arabien die Nachteile der Peg-Aufgabe die Vorteile.” Währungen als Alpha-QuelleEin neues Geschäftsfeld im Bereich der Währungsabsicherung eröffnet sich für die Banken allerdings durch die Niedrigzinsphase, da Vermögensverwalter stärker in Fremdwährungen ausweichen. Ein gutes Beispiel ist Bantleon, wo man in der Vergangenheit stark in Euro-Staatsanleihen investierte – und heute dafür kaum noch Rendite erhält.Neben dem Durationsmanagement spielen deshalb Fremdwährungen eine wachsende Rolle für einen Mehrertag (Alpha). “Es hat sich etwas verschoben, man geht verstärkt ins Ausland”, sagt Frei. “Währungsengagements stellen eine zusätzliche Alpha-Quelle dar.” Er macht folgende Rechnung auf: Dollar-Unternehmensanleihen erbringen auf abgesicherter Basis rund 120 Basispunkte mehr Rendite als Euro-Anleihen, nach Abzug der Sicherungskosten blieben davon 40 bis 50 Basispunkte übrig. “Die Währungssicherung reduziert die Volatilität des Portfolios”, sagt Frei.