Pandemieangst belastet Metallpreise
Die Sorge der Marktakteure vor den Folgen der Coronavirus-Epidemie hat am Montag auch die Preise der Industriemetalle teilweise deutlich gedrückt. Analysten sind allerdings der Meinung, dass sich die Preise bislang noch erstaunlich gut halten. Verschärft sich die Krise, drohen aber deutlich fallende Notierungen.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie Preise der Industriemetalle sind am Montag wegen der Verschärfung der weltweiten Coronavirus-Epidemie deutlich unter Druck geraten. Besonders stark hat es Zink erwischt. An der London Metal Exchange (LME) ermäßigte sich der Dreimonatskontrakt um 2,6 % auf 2 061 Dollar je Tonne. Zeitweilig fiel die Notierung bis auf 2 049 Dollar zurück. Dies ist der niedrigste Stand seit Juni 2016. Kupfer, das auch als Frühindikator für die weltweite Konjunkturentwicklung gilt, gab an der LME um 1,5 % auf ein Zweiwochentief von 5 676,50 Dollar je Tonne nach. Bei den anderen Industriemetallen fielen die Reaktionen auf die jüngste Verschärfung der Krise moderater aus. Aluminium zur Lieferung in drei Monaten verbilligte sich in London um 0,8 % auf 1 700,50 Dollar je Tonne, nachdem es zunächst auf 1 696 Dollar gefallen war. Somit erreichte der Kontrakt den niedrigsten Stand seit dem 5. Februar. Bei Nickel betrug der Rückgang 0,5 % auf 12 470 Dollar je Tonne, bei Blei 0,7 % auf 1 817,50 Dollar, während Zinn gegen den Trend minimal um 0,1 % auf 16 645 Dollar je Tonne zulegte.Die Preise der Metalle haben bereits in den vergangenen Wochen auf die Eintrübung der globalen Konjunkturaussichten reagiert. Im Vergleich zu den Niveaus von vor einem Jahr haben die Notierungen im Sektor auf breiter Front nachgegeben (vgl. Grafik). So notiert Aluminium 11 % tiefer als Ende Februar 2019. Bei Kupfer und Blei beträgt der Rückgang jeweils 12 %, bei Zinn 22 % und bei Zink sogar 24 %. Lediglich Nickel hat sich mit einer Einbuße von 3 % gegenüber dem Stand von vor einem Jahr gut gehalten.Was die Konjunkturlage betrifft, so sieht es nach einer weiteren Reduzierung der Erwartungen aus. So hat jetzt Kristalina Georgiewa, Managing Director des Internationalen Währungsfonds (IWF), mitgeteilt, die Prognose ihres Hauses für die Entwicklung der Weltwirtschaft im laufenden Turnus werde um weitere 0,1 Prozentpunkte auf nur noch 2,8 % gesenkt. Dies ist das niedrigste Wachstum seit der Finanzkrise der Jahre 2007/08. Für China als das derzeit am stärksten von der Epidemie heimgesuchte Land nimmt der IWF seine Prognose für 2020 von 6 % auf 5,6 % zurück. Die Ökonomen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gehen für die Volksrepublik sogar nur von einem Wirtschaftswachstum von 5,2 % im laufenden Turnus aus. Für die Eurozone erwarten sie gerade einmal 0,8 %, für Deutschland sogar nur 0,4 %. Schwäche angezeigtAuffällig ist, dass die Frühindikatoren für praktisch alle Weltregionen Schwäche anzeigen. In den USA ist der kombinierte Einkaufsmanagerindex für Industrie und Dienstleistungsgewerbe erstmals seit seiner Einführung im Jahr 2014 unter die Schwelle von 50 Punkten gerutscht, was eine Kontraktion der gesamten Volkswirtschaft anzeigt. Somit ist das Risiko einer globalen Rezession als Folge der durch die Coronavirus-Epidemie verstärkten strukturellen Schwäche, die von der verarbeitenden Industrie ausgeht, signifikant gewachsen.Selbst wenn sich die Regierungen der Industrieländer nun zu Konjunkturpaketen durchringen, dürfte dies das Wachstum nur wenig beschleunigen. Das liegt daran, dass die Staatsausgaben abgesehen von Transferleistungen in den meisten Ländern nur rund 10 % des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, die staatlichen Investitionen sogar oft nur 3 %.Dass die Aktienmärkte bislang weltweit nur relativ verhalten auf die Coronavirus-Krise reagieren, sollte nicht als ein Hinweis darauf gesehen werden, dass die Lage noch vergleichsweise entspannt ist. So bescheinigen die Analysten der DZ Bank den Aktienmärkten ein Rückschlagpotenzial von 30 % und mehr für den Fall, dass die Weltwirtschaft in die Rezession rutscht.Die Konjunkturschwäche sorgt für einen Aufbau der Bestände in den Lagerhäusern der Rohstoffbörsen. So merkt Daniel Briesemann, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank, an, dass in der vergangenen Woche erneut viele tausend Tonnen Metalle in die Lagerhäuser der Shanghai Futures Exchange eingeliefert worden seien. “Die Bestände von Zink, Kupfer und Aluminium wurden um 18 %, 14 % und 21 % aufgebaut”, betont er. Bei Zink und Kupfer lägen sie jetzt fast auf Zweijahreshochs. Vor diesem Hintergrund würden sich die Preise noch erstaunlich gut halten, merkt er an.Durch die Konjunkturschwäche befindet sich aber der weltweite Markt für Kupfer als dem wichtigsten Industriemetall erstmals seit Februar wieder im Überschuss. Dies meldet die International Copper Study Group (ICSG). Der Markt werde im laufenden Jahr nach dem Defizit der Monate Januar bis November 2019 von saisonbereinigt 326 000 Tonnen drehen, zumal ausgefallene Produktionskapazitäten an den Markt zurückkämen. Auch für den Aluminiummarkt gehen Analysten aufgrund der – zumindest vor der Coronavirus-Krise – kräftig gestiegenen chinesischen Produktion bei einer stark geschwächten Nachfrage von einem Überschuss aus. Ferner steuern wohl auch die Märkte für Zink und Blei auf eine deutliche Überversorgung zu.Für die Märkte für Industriemetalle bedeutet dies, dass bestenfalls mit Seitwärtsbewegungen zu rechnen ist. Eine Verschärfung der Coronavirus-Krise könnte die Notierungen noch deutlich weiter nach unten treiben.