Potenzial bei britischen Versicherern

Analysten der Deutschen Bank raten zu Aviva und Prudential - Hold für L & G, Phoenix, SJP und Standard Life Aberdeen

Potenzial bei britischen Versicherern

Wegen der Unsicherheiten um den Brexit schrecken viele Investoren derzeit vor Anlagen in Großbritannien zurück. Einer Studie der Deutschen Bank zufolge steht die britische Versicherungsbranche aber durchaus gut da.amb Frankfurt – Die Deutsche Bank sieht – trotz Brexit-Risiken – bei britischen Versicherungsunternehmen Chancen. Nach Ansicht der Analysten ist die Branche in guter Verfassung, mit positiven Aussichten für den heimischen Markt und verbesserten Solvabilitätsquoten. Für die in den nächsten Wochen zur Veröffentlichung anstehenden Zahlen für 2017 zeigen sich die Experten daher auch optimistisch. Zudem halten sie die Aktien der britischen Versicherer für attraktiv bewertet, diese hätten nun deutlich mehr Potenzial als Aktien von Versicherern außerhalb Großbritanniens. In einer Studie setzt die Bank Aviva und Prudential auf “Buy”, Favorit ist Aviva. Für Legal & General, Phoenix Group, St. James’s Place (SJP) und Standard Life Aberdeen lautet das Urteil hingegen “Hold”. Die Deutsche Bank räumt ein, dass die Unwägbarkeiten wegen des Brexit das Urteil erschweren. Für einige Versicherer hätte ein harter Brexit den Analysten zufolge drastischere Auswirkungen als für andere: Auf den Heimatmarkt konzentrierte Unternehmen würden es schwerer haben, Global Player seien geschützter, dafür müssten diese mit höheren Währungsrisiken umgehen. Prudential werde von allen britischen Versicherungsunternehmen am wenigsten unter einem harten Brexit leiden, heißt es in der Studie, Aviva bezeichnen die Experten als “Brexit-neutral”. Für die Branche als Ganzes erwartet die Bank positive Ausblicke auf das neue Jahr. Der Grund: eine gute Entwicklung auf dem Heimatmarkt und bei einigen Unternehmen auch florierende Auslandsmärkte. Die Bilanzen seien solider als in der Vergangenheit, die Solvabilitätsquoten seien 2017 und Anfang 2018 um 8 bzw. 5 Basispunkte gestiegen, für den weiteren Jahresverlauf wird von einem weiteren Anstieg ausgegangen. Positiv wirke sich die Auflösung von nicht mehr nötigen Rückstellungen für Langlebigkeit aus. Außerdem hätten die Unternehmen ihre Cash-Positionen aufgebaut, vor allem Aviva, Legal & General, Phoenix und SJP – ein guter Puffer gegen widrige Marktentwicklungen. Gewappnet gegen den BrexitFavorit ist Aviva, die fünftgrößte Versicherungsgesellschaft der Welt nach Axa, Allianz, ING Groep und Fortis. Für den unter anderem in der Lebens- und Sachversicherung tätigen Konzern wird ein Kursziel von 6 Pfund (aktuell 4,97 Pfund) genannt. Neben der “Brexit-Neutralität” sprechen nach Ansicht der Analysten auch der Abbau der Schulden, die nun besser abzusehende Gewinnentwicklung und eine steigende Ausschüttungsquote für Aviva. Außerdem halten sie es für wahrscheinlich, dass Aviva bei der Veröffentlichung der Zahlen für 2017 am 8. März einen Aktienrückkauf ankündigen wird, sie erwarten ein Volumen von 300 Mill. Pfund. Für 2017 prognostizieren sie einen operativen Gewinn von 3,07 Mrd. Pfund, ein Plus von 2 % gegenüber dem Vorjahr, und einen Gewinn je Aktie von 0,53 Pfund, für 2018 gehen sie von 0,56 Pfund aus. Sie rechnen damit, dass das kanadische Autoversicherungsgeschäft im vergangenen Jahr noch den Gewinn belastet hat, der Effekt werde dieses Jahr aber auslaufen. Der Aviva-Kurs war nach dem Brexit-Entscheid im Sommer 2016 bis zum März 2017 deutlich gestiegen, bewegt sich seitdem aber seitwärts bzw. nach unten und konnte sich auch dem jüngsten Kursrücksetzer am Markt nicht entziehen. Ebenfalls zum Kauf empfohlen wird Prudential, hier liegt das Kursziel bei 20,50 Pfund (aktuell 18,39 Pfund). Nach Ansicht der Analysten ist der britische Versicherer, der auch in vielen Ländern Asiens aktiv ist, am besten gegen die negativen Auswirkungen eines harten Brexit geschützt. Dafür seien die Währungsrisiken aber auch besonders hoch. Wegen der aktuellen Dollar-Schwäche und wegen höherer Restrukturierungskosten in Großbritannien haben die Analysten ihre Gewinnschätzungen gesenkt. Für die am 14. März anstehenden Zahlen für 2017 erwarten sie einen operativen Gewinn von 4,65 Mrd. Pfund. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen für 2017 und 2018 bei 1,41 und 1,44 Pfund. Nur “Hold” lautet das Votum für Legal & General, hier wird ein Kursziel von 3,05 Pfund (aktuell 2,57 Pfund) genannt. Allerdings gehen die Analysten davon aus, dass der vor allem im Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft tätige Londoner Konzern mit seinen aktuellen Zahlen am 7. März positiv überraschen könnte, als Gründe nennen sie die Auflösung von Rückstellungen für Langlebigkeit und positive Effekte aus Zukäufen. Sie rechnen für 2017 mit einem operativen Gewinn von 2,03 Mrd. Pfund und halten es für nicht ausgeschlossen, dass das vom Management angepeilte Gewinnwachstum je Aktie von 10 % p.a. von 2015 bis 2020 erreicht wird, rechnen aber vorerst mit moderateren 8 %. Die Schätzungen für den Gewinn je Aktie liegen für 2017 bei 0,27 und für 2018 bei 0,25 Pfund. Hohe ZuflüsseAuch St. James’s Place wird nur auf “Hold” gestuft bei einem Kursziel von 13,10 Pfund (aktuell 11,25 Pfund), auch hier halten die Analysten eine positive Überraschung bei der Veröffentlichung der Zahlen am 28. März für möglich. Sie weisen darauf hin, dass SPL bereits einen Anstieg der Funds under Management um 21 % und der Nettozuflüsse um 40 % bekannt gegeben hat, sprechen aber von einer Verzerrung durch Einmaleffekte. Dennoch halten sie eine Sonderdividende für möglich. Die Gewinnschätzungen je Aktie belaufen sich auf 0,40 und 0,54 Pfund für 2017 und 2018. Ebenfalls auf “Hold” gesetzt wird Standard Life Aberdeen bei einem Kursziel von 4,70 Pfund (aktuell 3,64 Pfund). Hier haben die Analysten keine hohen Erwartungen an den Ausblick, die Margen könnten enttäuschen. Sie sehen noch keine Anzeichen einer Wende. Für den Gewinn je Aktie prognostizieren sie 0,28 und 0,29 Pfund für 2017 und 2018. Die Zahlen werden für den 23. Februar erwartet. Auch Phoenix wird auf “Hold” gesetzt, das Kursziel für den britischen Lebensversicherer liegt bei 8 Pfund (aktuell 7,48 Pfund). Die Analysten gehen davon aus, dass die am 15. März zur Veröffentlichung anstehenden Zahlen am oberen Ende der Guidance liegen werden. Allerdings hänge die Kursentwicklung von Phoenix mehr an Entwicklungen im Bereich M & A. Hier sieht die Deutsche Bank den Versicherer grundsätzlich weiter gut aufgestellt für Übernahmen, der Wettbewerb sei aber schärfer geworden. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen bei 0,01 und 0,28 Pfund für 2017 und 2018. Doch auch einige europäische Versicherungen außerhalb Großbritanniens kommen bei der Deutschen Bank gut an: So votierte die Bank noch vor Veröffentlichung der Allianz-Jahreszahlen am Freitag mit “Buy” für den Münchener Konzern, das Kursziel von 220 Euro (aktuell x) wurde bestätigt. Auch den französischen Versicherungskonzern Axa stuft die Bank auf “Buy”, hier nennt sie ein Kursziel von 28,50 Euro (aktuell x). Die Ausgangslage für Versicherungskonzerne sei 2018 vergleichsweise gut, hieß es, die starken Bilanzen und verbesserten Zinsaussichten stützten. Kaufempfehlung gegeben Die deutschen Rückversicherer sind nach Ansicht der Deutschen Bank hingegen schon angemessen bewertet: Für Munich Re wurde nach den vorläufigen Zahlen zum vierten Quartal die “Hold”-Einstufung bekräftigt bei einem Kursziel von 188 Euro (aktuell 182,10 Euro). Hannover Rück wird ebenfalls auf “Hold” gesetzt bei einem Kursziel von 110 Euro (zuvor 112).