LEITARTIKEL

Privates Kapital für Europa

Es gibt in der deutschen Investmentbranche Produkte, von denen manche einen guten, manche einen weniger guten Namen haben. Zweifellos ist der deutsche Spezialfonds eine Erfolgsgeschichte, die es institutionellen Investoren ermöglicht, passgenau und...

Privates Kapital für Europa

Es gibt in der deutschen Investmentbranche Produkte, von denen manche einen guten, manche einen weniger guten Namen haben. Zweifellos ist der deutsche Spezialfonds eine Erfolgsgeschichte, die es institutionellen Investoren ermöglicht, passgenau und vergleichsweise günstig ihre Investments zu organisieren. Etwas gemischter fällt die Bilanz beim geschlossenen Fonds aus. Der hat eine zweifelhafte Historie, in deren Verlauf er lange Zeit nicht reguliert war und Privatanlegern oft mehr versprochen hat, als die Initiatoren halten konnten. Beide sind keine europäischen Fonds, sondern als alternative Investmentfonds, kurz AIF, deutsche Vehikel. Beide sind recht flexibel und können in Sachwerte investieren. Auch auf europäischer Ebene gibt es dafür ein Vehikel, das aber selten zur Sprache kommt.Seit 2015 gibt es den European Long-Term Investment Fund, kurz Eltif. Eigentlich eine lange Zeit, doch bislang findet der Eltif kaum Anklang. Nur vereinzelt legen Anbieter Produkte auf, zu kompliziert sei die Regulierung, zu streng die Auflagen, die Vertrieb und Anbieter erfüllen müssten. Dabei ist die Idee durchaus gut.Es geht darum, mehr Kapital für Europa zu mobilisieren. Privates Kapital, das dringend benötigt wird, um beispielsweise Investitionen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu finanzieren. Es geht um Anlagen in Sachwerte, in Infrastruktur und in erneuerbare Energien. Die Finanzierung ist nur die eine, die Anlagechancen sind die andere Seite. Denn ohne Frage sind Sachwerte angesichts der nun dauerhaft festgeschriebenen Nullzinsen die Assetklasse der Stunde. Nun fragen sich die Marktteilnehmer, wie es mit dem Eltif weitergeht.Mitte 2020 hat das Beratergremium High Level Forum (HLF) zur Kapitalmarktunion eine Reihe an Empfehlungen abgegeben. Dazu zählen auch Reformvorschläge für den Eltif als Teil des Aktionsplans der EU. Daher erörtert der Gesetzgeber aktuell im Rahmen einer öffentlichen Konsultation bis zum 19. Januar 2021, was er besser machen kann. Denn in der Tat führt der Eltif zurzeit noch ein Nischendasein. Seit 2015 wurden europaweit weniger als 30 dieser Fonds mit einem verwalteten Vermögen von unter 2 Mrd. Euro aufgelegt. Das ist gelinde gesagt nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn das Instrument dazu dienen soll, große Investitionen in Europa zu finanzieren. An der Zielsetzung des Eltif kann es nicht liegen, und auch die Grundstruktur scheint vernünftig. Die Absicht ist es, ein Fondsprodukt zu etablieren, das unter Einsatz von Fremdkapital Investitionen ermöglicht. So wie das offene Immobilienfonds heute tun, doch diese sind (wie Spezialfonds und geschlossene Fonds) deutsche Besonderheiten und als AIF geregelt. Darüber hinaus sollen beim Eltif private und institutionelle Investoren mitmachen, vom Pensionsfonds über Versicherungen bis hin zu Kleinanlegern.Wer sich den Eltif genauer anschaut, wird feststellen, dass manches in der Tat nicht ganz glücklich gelöst ist. Beispielsweise die Regelung, dass ein Anleger maximal 10 % seines Vermögens investieren kann. Das ist kompliziert und umständlich zu überwachen. So etwas ist sonst nur bei den nicht wirklich regulierten Crowdinvestments üblich. Etliches also, was im Rahmen der Überarbeitung besser gemacht und nachjustiert werden muss. Wobei die Idee, das lahme Produkt mit Steueranreizen quer durch Europa auszustatten, nicht überzeugend ist. Der Fondsverband BVI hat mit seinem Anwurf Recht, dass es nicht zielführend sei, allein mit steuerlichen Anreizen Unzulänglichkeiten eines Produktes ausgleichen zu wollen.Wer jedoch den gemeinsamen EU-Finanzmarkt will und es mit der Kapitalmarktunion ernst meint, der sollte sich europäischen Produkten nicht verschließen, nur weil es auf nationaler Ebene auch ganz ordentliche Fondsvehikel gibt. Anlaufschwierigkeiten sind kein Grund, einen Plan komplett ad acta zu legen. Auch der europäische Publikumsfondsmantel Ogaw oder Ucits hat sich erst nach und nach zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Der ungeliebte European Long-Term Investment Fund hat eine zweite Chance als europäischer Sachwertefonds verdient.——Von Wolf BrandesDer ungeliebte European Long-Term Investment Fund, kurz Eltif, hat eine zweite Chance als europäischer Sachwertefonds verdient. ——