Republikanische Kampagne beschert ESG-Fonds Anlegerexodus
ESG-Fonds kämpfen mit Anlegerexodus
Politischer Streit um Nachhaltigkeit beschert US-Vehikeln Abflüsse – Blackrock trotz Lobbyversuchen unter Druck
Ein öffentlicher texanischer Fonds will Milliarden aus Blackrock-Fonds abziehen. Hintergrund ist der ideologisch aufgeladene Streit um Nachhaltigkeit in den Vereinigten Staaten, der in den vergangenen beiden Jahren zunehmend eskaliert ist. Auch für große Vermögensverwalter droht damit ein Machtverlust.
xaw New York
Im US-Streit um Nachhaltigkeitsinvestments versucht Blackrock die Wogen zu glätten – bislang erfolglos. Obwohl der weltgrößte Vermögensverwalter Lobbyisten mit guten Verbindungen zur republikanischen Partei beauftragt hat und in Texas Investmentgipfel mit dem ESG-kritischen Vizegouverneur Dan Patrick abhält, ringt er mit einem Anlegerexodus aus seinen grün gelabelten Fonds. Der nächste Schlag hat sich dabei bereits angekündigt: Ende April will der Texas Permanent School Fund 8,5 Mrd. Dollar aus Blackrock-Vehikeln abziehen.
Dies stellt den bisher härtesten Schritt eines republikanisch kontrollierten Investmentfonds dar, die Nettomittelabflüsse von Blackrock in „roten“ Bundesstaaten werden sich über die vergangenen zwei Jahre damit auf 13,3 Mrd. Dollar belaufen. Doch neben dem global führenden Assetmanager haben weitere Fondsanbieter mit hartem Gegenwind für ihre ESG-Strategien zu kämpfen. Laut dem Analysedienst Morningstar haben Investoren 2023 per saldo 13 Mrd. Dollar aus US-Nachhaltigkeitsfonds abgezogen – ein historischer Negativwert.
Schwankende Performance
Hinsichtlich des organischen Wachstums – gemessen am Quotienten aus Nettomittelflüssen und gesamten Assets – sind die Produkte damit deutlich hinter den Gesamtmarkt zurückgefallen. Analysten verweisen auch auf eine längerfristig schwächere Performance gegenüber Standard-Aktienvehikeln. Allerdings haben die Blackrock-Produkte im Portfolio des Texas Permanent School Fund gemäß einer Aufstellung für 2023 sogar ihre Benchmarks geschlagen.
Entsprechend scharf kritisiert der Vermögensverwalter die Entscheidung des Bildungsausschusses, der die Zusammenarbeit aufgekündigt hat. „Politische Überlegungen sollten nie über der Performance stehen“, heißt es in einer Blackrock-Stellungnahme. Der für Kundenbeziehungen zuständige Mark McCombe rief den Ausschuss auf, die Entscheidung zu überdenken. Eine „lange, erfolgreiche Partnerschaft auf solch leichtsinnige Weise aufzukündigen“, sei „verantwortungslos“.
Rückzug aus Initiativen
Trotz der markigen Worte: US-Vermögensverwalter knicken zunehmend vor der „eng koordinierten Kampagne“ ein, die republikanische Bundesstaaten, konservative Thinktanks und rechtsgerichtete Interessengruppen laut der Ratingagentur S&P Global seit über zwei Jahren gegen ESG-Vehikel verfolgen. Blackrock hat das Engagement in Initiativen wie „Climate Action 100+“ zurückgefahren, Konkurrenten wie State Street, Invesco oder die Allianz-Tochter Pimco haben sich sogar ganz zurückgezogen.
In den abgelaufenen beiden Quartalen haben Assetmanager in den USA laut Morningstar deutlich mehr nachhaltige Vehikel dichtgemacht als lanciert. Allein zwischen Oktober und Dezember 2023 seien 16 ESG-Fonds liquidiert worden, zugleich hätten Anbieter sieben solcher Produkte an den Markt gebracht.
Analysten sehen dies als eindeutige Reaktion auf den Schritt von Texas aus dem Jahr 2022. Damals legte der Bundesstaat eine Liste von nahezu 350 Fonds vor, die angeblich Energieunternehmen boykottieren. Der dortige Rechnungsprüfer forderte staatliche Pensionsfonds auf, ihre Beteiligungen an den Vehikeln abzubauen. Florida kündigte unterdessen mit Verweis auf die Nachhaltigkeitspraktiken von Blackrock an, 2 Mrd. Dollar aus Produkten des Assetmanagers abzuziehen.
Machtverlust droht
Zwar fallen die Abflüsse aus ESG-Produkten im Vergleich zu den Zuströmen im Gesamtmarkt noch gering aus. Blackrock vermeldete in Amerika 2023 Netto-Neumittel von 138 Mrd. Dollar. Allerdings dürfte das Ende der Fahnenstange im Nachhaltigkeitsstreit laut Analysten noch nicht erreicht sein. So verblieben mehrere republikanische Pensionsfonds, die Positionen jenseits der 20 Mrd. Dollar bei Blackrock geparkt hätten und mit Abzug drohen könnten. Staaten wie North Carolina handeln derweil geringere Verwaltungsgebühren aus und entscheiden sich, Stimmrechte bei ihren Blackrock-Investments selbst auszuüben – ein Machtverlust für den Assetmanager.