Risiken für den Ölpreis
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt
Der Brent-Ölpreis hat sich in der gerade beendeten Handelswoche ausgesprochen positiv entwickelt. Zu Buche steht ein Anstieg um rund 8%, womit es sich um die am stärksten positive Woche seit August handelt. Nach wie vor aber ist mit einem Brent-Ölpreis von 75,13 Dollar je Barrel viel Raum nach oben, Ende Oktober war kurzzeitig ein Niveau von 86 Dollar erreicht worden. Nach Einschätzung der Rohstoffanalysten der Commerzbank wird nun aber die Luft für weitere Anstiege dünner. Sie mahnen, die Risiken hinsichtlich der Verbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus dürften nicht vollständig ausgepreist werden. Angesichts steigender neuer Infektionszahlen und der schnelleren Übertragbarkeit der neuen Virusvariante beschlössen mehr und mehr Länder neue Beschränkungen, die nicht vollkommen spurlos an der Ölnachfrage vorübergingen, auch wenn flächendeckende Lockdowns wie im Frühjahr 2020 nicht mehr zu erwarten seien. „Der Ölmarkt hat daher zu Recht das Worst-Case-Szenario wieder ausgepreist, tut aber gut daran, ein gewisses Restrisiko für die Ölnachfrage beizubehalten“, erläutert Carsten Fritsch von der Commerzbank.
Er weist darauf hin, dass sich auch ohne Omikron-Einfluss für das erste Quartal 2022 ein beträchtliches Überangebot abzeichne, da sich die Nachfrage saisonal abschwäche und gleichzeitig das Ölangebot dank der Ausweitung der Ölproduktion durch die Opec plus und der Freigabe von strategischen Ölreserven in den USA und anderen großen Verbraucherländern spürbar steige.
Hohe Volatilität
Die Analysten der DZBank sehen eher Abwärtspotenzial beim Ölpreis. Sie sind der Auffassung, dass der Brent-Ölpreis in zwölf Monaten auf 68 Dollar je Barrel gedrückt werden könnte. Sie weisen darauf hin, dass die Volatilität am Rohölmarkt derzeit sehr hoch sei. Allerdings sollten Anleger nicht in Panik verfallen, raten sie. Obwohl eine Nachfragedelle zu erwarten sei, werde diese keinesfalls vergleichbar sein mit derjenigen vom Frühjahr 2020. Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass der Effekt der Nachfrageschwäche am Rohölmarkt durch ein Aussetzen der geplanten Produktionserhöhungen oder eine Drosselung der Förderung abgemildert werden könne. Die Opec plus habe jedenfalls jederzeit die Möglichkeiten dazu. Im weiteren Jahresverlauf 2022 werde sich die Nachfrage wieder stabilisieren, allerdings stünden dem die weiterhin hohen Opec-Reservekapazitäten als Puffer gegenüber.
Rückkehr des Iran
Im zweiten Halbjahr 2022 werde dann langsam wieder klarer, dass das Angebotswachstum für das Gesamtjahr auch dank der US-Frackingindustrie, einer steigenden Produktion der Opec plus und einer möglichen Rückkehr des iranischen Öls an den Weltmarkt höher ausfällt als die Nachfragesteigerung.