GASTBEITRAG

Risikoprämien als Werttreiber für die Kapitalanlage

Börsen-Zeitung, 25.2.2015 Die anhaltende Niedrigzinsphase stellt Investoren vor große Herausforderungen. Ein Risikoprämienansatz kann dabei helfen, zusätzliche Renditequellen zu erschließen. Dabei eröffnet eine differenzierte Betrachtung der...

Risikoprämien als Werttreiber für die Kapitalanlage

Die anhaltende Niedrigzinsphase stellt Investoren vor große Herausforderungen. Ein Risikoprämienansatz kann dabei helfen, zusätzliche Renditequellen zu erschließen. Dabei eröffnet eine differenzierte Betrachtung der markttreibenden Risikofaktoren und der verbundenen Risikoprämien neue Perspektiven für traditionelle Anlageklassen. Zunahme der KorrelationIm vergangenen Jahr hat sich die Ausgangslage für Anleger weiter verschärft. Vor allem das andauernde Niedrigzinsumfeld erfordert erhebliche Anstrengungen, um positive und gleichzeitig stabile Anlageergebnisse zu erreichen. Typischerweise diversifizieren Investoren zu diesem Zweck entlang verschiedener Anlageklassen wie Aktien, Renten, Rohstoffe oder Währungen. Allerdings zeichnete sich in der jüngeren Vergangenheit eine Zunahme der Korrelation einiger traditioneller Anlageklassen ab. Insbesondere in Krisenphasen zeigte sich oftmals ein hoher Gleichlauf von risikotragenden Assets. Der damit verbundene nachlassende Diversifikationseffekt gepaart mit dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld führt zu einer verstärkten Suche nach alternativen, unkorrelierten Renditequellen.Traditionell wurde dem Risiko, das mit einer bestimmten Anlageklasse verbunden ist, eine entsprechende Prämie gegenübergestellt. Bei einer Investition in Dax-Werte besteht das Risiko zum Beispiel in den negativen Marktbewegungen. Dafür soll eine solche Anlage längerfristig eine positive Marktrisikoprämie erwirtschaften. Doch das Aktienrisiko besteht nicht nur aus einem einzigen Risikofaktor, sondern kann in verschiedene Teile (Teilrisikofaktoren) zerlegt werden. Ein Blick in die Literatur zeigt: Es gibt eine Vielzahl relevanter Risikofaktoren, die in Summe den Großteil des Aktienmarktrisikos erklären können. Zahlreiche Studien dokumentieren Aktienrisikoprämien in Verbindung mit der Unternehmensgröße (Size), Preis-Buchwert-Verhältnissen (Value), Preismomentum, Bilanzqualität oder Volatilität, so beispielsweise die Arbeiten von Eugene Fama und Kenneth French zum Size- und Value-Effekt oder Narasimhan Jegadeesh und Sheridan Titman zum Momentum-Effekt. Sinnvolle Risikofaktoren sollten aber nicht nur vergangene Aktienrenditen erklären, sondern darüber hinaus einen ökonomischen Wirkungszusammenhang beschreiben, der auch in Zukunft eine dauerhafte positive Risikoprämie erwarten lassen kann. Naturgemäß ist ein relativ großes Risiko in Verbindung mit einer vergleichsweise kleinen Prämie für den Anleger weniger interessant. Er wird stattdessen eine Anlage mit einem günstigen Rendite-Risiko-Verhältnis bevorzugen.Die Natur von Risikoprämien kann durch verschiedene Erklärungsansätze rationalisiert werden: Zu nennen sind hier risikobasierte Ansätze, verhaltensbasierte Ansätze oder strukturelle Ansätze. Risikobasierte Erklärungsansätze gehen davon aus, dass die Risikoprämie für die Übernahme eines systematischen Risikos kompensiert. Die verhaltensbasierten Erklärungsansätze dagegen beruhen darauf, dass ein beobachteter Effekt in persistentem, nicht zwingend rationalem Verhalten von Marktteilnehmern begründet sein kann. Strukturelle Erklärungsansätze zeigen auf, wie die Funktionsweise eines Marktes dauerhaft Marktineffizienzen begünstigen kann.Ein optimales Aktienportfolio diversifiziert sich entlang der identifizierten Aktienrisikofaktoren, um die korrespondierenden Prämien bestmöglich zu vereinnahmen. Risikoprämien lassen sich aber auch in anderen Assetklassen wie Renten, Währungen und Rohstoffen identifizieren. Ein entsprechender Investmentprozess führt von der Zusammenstellung des Risikoprämienuniversums über die Analyse und Selektion bis hin zur Portfoliokonstruktion und dem anschließenden Risikomanagement. Um die Fundierung von Risikoprämien zu beurteilen, müssen verschiedene Aspekte beachtet werden: Die Risikoprämie sollte rational und ihre Existenz bereits langfristig belegt sein. Außerdem sollte sie eine geringe Komplexität aufweisen, investierbar sein und Diversifikationsvorteile bieten. Attraktive ErgänzungMit einem Risikoprämienansatz können institutionelle Investoren in traditionelle Anlageklassen investieren, allerdings mit einer anderen Perspektive. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld können Risikoprämien damit eine attraktive Ergänzung zu konventionellen Anlageklassen sein. Dabei kommt es bei der Umsetzung auf die Auswahl und Zusammenstellung der Risikoprämien an. So kann innerhalb eines Fondsprodukts sowohl auf einzelne Risikoprämien fokussiert werden, wie den Low-Risk-Effekt bei Aktien, als auch auf eine Kombination verschiedener Risikoprämien aus unterschiedlichen Assetklassen. In diesem Zusammenhang sollte berücksichtigt werden, dass die Hinzunahme neuer Risikofaktoren auch zu erhöhten Anforderungen an das Risikomanagement führen kann. Durch die gezielte Investition in ausgewählte Risikoprämien können neue Renditequellen mit bekannten Instrumenten erschlossen werden. So können Korrelationseigenschaften der Risikoprämien untereinander und mit anderen Anlageklassen genutzt werden, damit insgesamt ein attraktives Rendite-Risiko-Verhältnis entsteht.—-Ulrich Neugebauer, Geschäftsführer der Deka Investment und Leiter Quantitatives Fondsmanagement&ETFs