Alternative zu Aktien

Rohstoffe gewinnen an Beliebtheit

Nach rund zehn Jahren Underperformance gegenüber Aktien steigen Rohstoffe in der Gunst der Anleger. Sie könnten in der kommenden Zeit weiter gefragt sein.

Rohstoffe gewinnen an Beliebtheit

Von Christian Henke*)

Aktien sind seit rund zehn Jahren die Lieblinge der Anleger. Doch seit einiger Zeit empfehlen sich Rohstoffe zunehmend als Alternative. Angesichts der recht langen Liste an Belastungsfaktoren für die Aktienmärkte ist dies keine allzu große Überraschung. Wir wollen an dieser Stelle einen sehr kurzen Ausflug in die Welt der technischen Inter­market-Analyse machen. Als Be­gründer dieser Analyseform gilt John J. Murphy, der zu diesem Thema zahlreiche Bücher geschrieben hat. Hierbei wird untersucht, inwieweit beispielsweise steigende Renditen US-amerikanischer Staatsanleihen die Aktienmärkte beeinflussen oder eine Dollar-Stärke die Rohstoffe. Die Intermarket-Analyse erstreckt sich auf die vier Assets Aktien, Rohstoffe, Devisen und Anleihen.

Im Augenblick schürt die doch dauerhaft hohe Inflation Zinsängste. Die Marktteilnehmer erwarten auf absehbare Zeit ein Eingreifen der US-Notenbank Fed, sprich also Zinserhöhungen. Staatsanleihen könnten dann gegenüber Aktien an Attraktivität gewinnen. Zudem sind seit einiger Zeit anziehende Renditen am Anleihemarkt zu beobachten, die unter anderem als Folge einen steigenden US-Dollar haben.

Bürde für den S&P 500

Der Greenback bremst momentan die Edelmetalle aus. Die steigenden Energiepreise, vorneweg der Ölpreis, heizen zusätzlich die Teuerungsrate an. Die derzeitige Dollar-Stärke bekommt dem S&P 500 gar nicht. Dies hat Auswirkungen auf die weltweiten Börsen, da diese gerne in die gleiche Richtung marschieren. Nicht nur der US-Dollar hat einen starken Einfluss auf das Geschehen an der Wall Street, auch die Industriemetalle Kupfer und Silber erschweren einen Vormarsch. Anziehende Industriemetalle signalisieren eine stabile Wirtschaft und somit höhere Aktienkurse. Allerdings bewegen sich die genannten Industriemetalle seit geraumer Zeit gen Süden.

Ein wichtiges Instrument

Der Einfluss beispielsweise des US-Dollar auf den Goldpreis lässt sich anhand des sogenannten Korrelationskoeffizienten messen. Es handelt sich hierbei um eine statistische Kennzahl, bei der die Kursreihen zweier Basiswerte in Verbindung gesetzt werden. Als Ergebnis kommt ein Wert von +1 bis –1 heraus. Liegt der Korrelationskoeffizient bei annähernd 1, so spricht man von einem starken positiven linearen Zusammenhang. Oder anders formuliert: Ein steigender Kurs des Assets A führt auch zu steigenden Notierungen des Assets B. Bei einem Resultat von annähernd –1 liegt eine inverse Korrelation vor. In diesem Fall sorgt ein steigender Kurs des Basiswertes A für fallende Notierungen beim Basiswert B. Die Ergebnisse aus den Berechnungen werden anschließend in eine Matrix übertragen. So erhält der Anleger einen Überblick, in welchem Zusammenhang die unterschiedlichen Assets stehen. Genug zum Thema Theorie.

Praktisch sieht die derzeitige Korrelationsmatrix auf Basis der letzten 30 Tage wie folgt aus. Die amerikanische Währung weist einen sehr hohen Einfluss auf den Goldpreis auf. Im Augenblick führt ein steigender Greenback aber auch zu fallenden Notierungen an der Wall Street. Der Ölpreis der amerikanischen Sorte WTI bewegt sich momentan gemeinsam mit dem Rohstoff-Index CRB aufwärts. Die zurzeit steigenden Renditen am US-Anleihemarkt­ führen zu einem anziehenden US-Dollar. Ebenfalls interessant ist das Zusammenspiel zwischen dem S&P und dem Silber/Gold-Verhältnis. Steigt der Silberpreis schneller als die Notierungen des Goldes, ist dies in der Regel gut für die Aktienmärkte. Das Silber/Gold-Ratio hat jedoch vor einiger Zeit den Weg nach unten eingeschlagen und zieht die Wall Street mit nach unten.

Relation hat sich gedreht

Im Chart ist die Aktien/Rohstoffe-Relation im Big Picture auf Monatsbasis zu sehen. Hierbei wurde die Kursreihe des US-amerikanischen Index S&P 500 durch die des Rohstoff-Index CRB der vergangenen 20 Jahre dividiert. Diese Art der grafischen Aufbereitung zweier in Verbindung stehender Datenreihen ist ebenfalls ein wichtiges Instrument der Intermarket-Anhänger und verrät uns, welches Asset im Augenblick besser abschneidet und als Investment bevorzugt werden sollte. In diesem Fall ist gut zu erkennen, dass Aktien von September 2002 bis Ende 2011 gegenüber den Rohstoffen das Nachsehen hatten. Grund dafür waren unter anderem die Finanzmarktkrise im Jahr 2008 und die Euro-Krise im Jahr 2011.

Abwärtstrend 2012 verlassen

Der eingezeichnete Abwärtstrend wurde erst im Jahr 2012 nach oben verlassen und signalisierte eine Trendwende hin zu Dividendenpapieren. Gut zehn Jahre konnte der S&P 500 gen Norden marschieren und die Marktteilnehmer mit Kursgewinnen erfreuen. Doch erst kürzlich sind über der Wall Street dunkle Wolken aufgezogen. Der mittlerweile steile Aufwärtstrend wurde nach unten durchbrochen. Dies spricht zurzeit für die Annahme, dass Rohstoffe weiter gefragt sein und S&P, Dax & Co. outperformen könnten. Zwar hat erst kürzlich Anfang Oktober statistisch betrachtet die stärkste Börsenphase eines Jahres begonnen, die eingangs erwähnten Risiken könnten der Saisonalität jedoch einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen.

*) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG.